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Reformen: Jean-Claude Juncker: Seine Ideen für die EU haben es in sich

Reformen

Jean-Claude Juncker: Seine Ideen für die EU haben es in sich

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    Glücksbringer? Vor seiner Rede küsst Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Glatze seines Stellvertreters Frans Timmermans.
    Glücksbringer? Vor seiner Rede küsst Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Glatze seines Stellvertreters Frans Timmermans. Foto: Patrick Hertzog, afp

    Es ist Zeit zum Aufbruch. Das jedenfalls will Jean-Claude Juncker vermitteln, als er an diesem Mittwochmorgen ans Pult des Straßburger Europaparlamentes tritt. Der EU-Kommissionspräsident hat sich viel vorgenommen. „Europa hat wieder Wind in den Segeln“, heißt seine Botschaft, nachdem er noch vor genau einem Jahr an gleicher Stelle von „einem schlechten Zustand“ gesprochen hatte, in dem sich die Gemeinschaft befinde. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Die Populisten sind bei den Wahlen 2017 gescheitert. In Frankreich sitzt ein junger Staatspräsident, der die EU umbauen will, in Berlin kann er auf eine Kanzlerin setzen, die ebenfalls mehr Zusammenarbeit in Europa fordert. Juncker macht mit. Und wie.

    Der Euro soll bis 2025 in allen Mitgliedstaaten der Union eingeführt, die EU-Spitze ausgedünnt werden: An die Stelle von zwei Präsidenten von Kommission und Europäischem Rat (EU-Gipfel) müsse einer treten. „Ich werde mich nicht bewerben“, fügt er sofort hinzu. Für die Eurozone fordert er einen Wirtschafts- und Finanzminister, der zugleich für Währungsfragen in der Kommission zuständig sein soll.

    Immer wieder von Beifall unterbrochen

    Immer wieder wird der Kommissionschef, der von sich selbst sagt, er habe „sein ganzes Leben für Europa gearbeitet und manchmal an Europa gelitten“, von Beifall unterbrochen. So auch, als er der Türkei offen sagt, sie solle „endlich aufhören, unsere Staats- und Regierungschefs mit Nazi-Vergleichen zu beschimpfen“. Und dann noch hinterherschiebt, dass „es auf absehbare Zeit für Ankara keine Mitgliedschaft in der EU“ geben werde. Es ist ein starker, selbstbewusster Präsident, der sich an die Spitze einer Gemeinschaft stellt, die „viel Grund zur Zufriedenheit hat“.

    Die Arbeitslosigkeit befinde sich auf einem Neun-Jahres-Tief, acht Millionen neue Jobs seien seit 2014 entstanden, 235 Millionen der 511 Millionen EU-Bürger haben Arbeit. Die Industrie werde man stärken, kündigt Juncker an. „Bei Innovation, Digitalisierung und Dekarbonisierung wollen wir zur Weltspitze werden.“ Zugleich fordert er mehr Abwehrbereitschaft und Einsatz für die europäischen Werte. „Im Mittelmeer rettet Italien Europas Ehre“, lobt er den Einsatz der Regierung in Rom, die über 100000 Flüchtlinge aufgenommen habe. Nun werde die Kommission eine konsequentere Rückführung vorschlagen. Die Grenzen seien inzwischen dicht. Doch zu den Werten gehöre auch die Rechtsstaatlichkeit. Ohne Polen oder Ungarn zu nennen, die sich weigern, Flüchtlinge aufzunehmen und ein entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofes umzusetzen, bezeichnet er die mangelnde Solidarität als „traurig“.

    "Eine mutige Rede"

    „Danke für den Aufbruch“, antwortete der Chef der christdemokratischen Mehrheitsfraktion, Manfred Weber (CSU), als der Kommissionspräsident fertig ist. „Eine mutige Rede“, lobte Reinhard Bütikofer, Chef der europäischen Grünen. Tatsächlich hat Juncker die Diskussion um eine Zukunft der EU aufgegriffen und befeuert. Irgendwo zwischen den französischen Forderungen von Präsident Emmanuel Macron, der sehr weitgehende Reformen fordert, und der zurückhaltenden Position der deutschen Kanzlerin, die Vertragsänderungen vermeiden will, bemühte er sich um Neuerungen, die „möglich“ seien.

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