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Kommentar: Horst Seehofer kämpft um einen Abschied in Würde

Kommentar

Horst Seehofer kämpft um einen Abschied in Würde

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    Wie lange kann sich Seehofer noch halten?
    Wie lange kann sich Seehofer noch halten? Foto: Peter Kneffel, dpa (Archiv)

    Das politische Schicksal Horst Seehofers ist besiegelt. Selbst wenn es dem CSU-Vorsitzenden bei den Jamaika-Verhandlungen gelingen sollte, für seine Partei ein gutes Ergebnis herauszuholen und die Begrenzung der Zuwanderung sicherzustellen, so sind doch seine Tage als bayerischer Ministerpräsident gezählt.

    Die CSU verlangt nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl nach einem neuen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018. Diese Wechselstimmung ist befeuert von der Angst, die Alleinherrschaft in Bayern ein für alle Mal zu verlieren. Und sie ist unumkehrbar, zumal ja auch die überwiegende Mehrheit der Bayern inzwischen die Ablösung des Regierungschefs will.

    Die CSU traut Seehofer den Machterhalt nicht mehr zu

    Für Seehofer, der über viele Jahre zu den einflussreichsten Politikern der Republik zählte, heißt das: Es ist vorbei, das Spiel ist aus. Sein Autoritätsverlust ist zu weit gediehen, als dass er das Steuer noch mal herumreißen und eine offene Revolte der Landtagsfraktion abwehren könnte. Die CSU entledigt sich eines Mannes, dem sie den Machterhalt nicht mehr zutraut: So geht das in der Politik, deren ungeschriebene Gesetze einem gewieften Machtpolitiker wie Seehofer bestens vertraut sind.

    Die Partei gewährt dem verdienten Mann, der 2013 die Mehrheit zurückerobert hat, das Recht, einen Nachfolge-Vorschlag zu unterbreiten. Seehofer rüde vom Hof zu jagen, das bekäme der CSU – wie der Sturz Stoibers gezeigt hat – nicht gut und würde noch tiefere Gräben aufreißen in der ein „katastrophales Bild“ (Ilse Aigner) bietenden Partei. Und noch ist Seehofer ja stark genug, um die Entscheidung um den Parteivorsitz in einer offenen Feldschlacht zu suchen. Niemand weiß, was er im Schilde führt. Wirft er beide Ämter hin? Will er Parteichef bleiben? Präsentiert er eine Paketlösung mit oder ohne den Finanzminister Söder, den zu verhindern sein erklärter Wille war und ist?

    Ist Markus Söder der Mann der Stunde?

    Die Zustimmung für Horst Seehofer in der Bevölkerung schwindet derzeit rasant. Weggefährten aus dem Landkreis glauben dennoch, dass seine Ära noch nicht beendet ist.
    Die Zustimmung für Horst Seehofer in der Bevölkerung schwindet derzeit rasant. Weggefährten aus dem Landkreis glauben dennoch, dass seine Ära noch nicht beendet ist. Foto: Ulrich Wagner (Archiv)

    In ein paar Tagen wissen wir mehr. Markus Söder ist zweifellos der Mann der Stunde, dem das Amt des Ministerpräsidenten kaum noch zu nehmen ist. Darüber befinden ja die Abgeordneten, deren große Mehrheit auf Söder setzt. Die ganze Macht jedoch wird Söder auf Anhieb nicht erringen. Dafür sind die Vorbehalte, die es gegen den polarisierenden, bevorzugt in Rechtsauslage kämpfenden Franken gibt, zu groß. Es gibt viele wichtige Leute in der CSU, die in Söder nicht die Rettung, sondern ein Verhängnis sehen und sich durch seine jüngsten, aus dem Hinterhalt geführten Attacken bestätigt fühlen. Es sieht also nach Ämtertrennung aus – und einem Wahlkampf, in dem ein CSU-Chef die Berliner Koalition verteidigt und ein Ministerpräsident Söder aus allen Rohren gegen „Jamaika“ feuert. Ein altbekanntes Doppelspiel, das leidlich funktionieren, aber auch zu einer permanenten, die Wähler irritierenden Zerreißprobe führen kann.

    Horst Seehofer kämpft um einen Abschied in Würde. Der aus freien Stücken vollzogene Rückzug aus dem Amt ist ihm trotz aller guten Vorsätze misslungen. Er hat sich, wie einst Helmut Kohl, am Ende doch für unentbehrlich gehalten und den rechtzeitigen Ausstieg verpasst. Als 2015 die Flüchtlingskrise ausbrach, war es dafür zu spät. Der Absturz der CSU wäre ohne Seehofers Fehler und Volten (mal knallhart gegen Merkel, dann euphorisch für sie) glimpflicher ausgefallen. Aber die Hauptverantwortliche für den Niedergang der Union und den Aufstieg der AfD war Angela Merkel. Dass sie im Amt bleibt und er gehen muss, mag Seehofer in einer stillen Stunde als tragisch empfinden. Aber es ist eben so, dass die CDU mit 30 Prozent plus X (das reicht ja fürs Kanzleramt) zufrieden ist und niemand von der Statur eines Söder da ist, der die Wahlverliererin gefährden könnte.

    Aufhören - oder doch nicht? Seehofer-Zitate der vergangenen Jahre

    Hört er 2018 auf - oder doch nicht? Soll der nächste CSU-Chef in Berlin sitzen - oder doch nicht? Horst Seehofer hat sich zu derlei Fragen in den vergangenen Jahren immer wieder geäußert - und sich dabei manchmal selbst korrigiert.

    Am 19. September 2012 erklärt Seehofer seine Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2013. "Ich bin bereit, mit Euch gemeinsam in diesen Kampf zu gehen", sagt er auf einer Fraktionsklausur. Einen Tag später kündigt er an, dass er zwar die komplette Legislaturperiode bis 2018 ausfüllen, dann aber sicher aufhören will: "Dann ist auch Schluss."

    Am 26. Oktober 2014 schließt Seehofer eine weitere Amtszeit als bayerischer Ministerpräsident nicht mehr aus. "Ich habe das große Ziel, dass wir in der CSU einen geordneten Generationenübergang hinbekommen. Aber ich wüsste auch, was ich zu tun hätte, wenn kein ordentlicher Übergang gewährleistet wäre", sagt er dem Spiegel.

    Am 7. Januar 2015 sagt Seehofer dann wieder der Zeitung Die Welt: "Ich werde bei der nächsten Landtagswahl nicht mehr kandidieren."

    Am 8. April 2016 sagt Seehofer auf die Frage nach einer möglichen weiteren Amtszeit nach 2018: "Das würde ich auch gern wissen."

    Am 16. Oktober 2016 deutet Seehofer den Verzicht auf eines seiner Ämter an. "Ich kann für die CSU nicht ewig den Libero machen. Einmal soll ich die absolute Mehrheit in München holen und dann die bayerischen Interessen in Berlin durchsetzen", sagt er der Bild am Sonntag. "Wenn wir in Zukunft erfolgreich sein wollen, müssen wir uns personell verbreitern." Bei einem Bundestag mit sieben Parteien brauche man "den CSU-Chef und weitere starke Kräfte in Berlin".

    Am 18. Dezember 2016 korrigiert sich Seehofer und betont, solange er selbst das Amt des Parteivorsitzenden inne habe, sei die Berliner Lösung nicht zwingend: "Aufgrund der Besonderheit meiner politischen Biografie kann ich Wirkungsmacht auch aus München entfalten."

    Am 17. Februar 2017 kündigt Seehofer an, möglicherweise über 2018 hinaus Ministerpräsident und Parteichef bleiben zu wollen. "Darüber führe ich gerade Gespräche in meiner Partei, auch mit meinen Amtsvorgängern", sagt er dem Spiegel. Bis 6. Mai gebe es Klarheit.

    Am 3. April 2017 kündigt er die Entscheidung für 24. April an - und legt die Messlatte hoch: "Sie müssen wollen, Sie müssen können, und Sie müssen gewinnen - das ist die Maxime, die ich mir selber anlege und die ich auch an andere anlege. Das Wollen alleine reicht nicht."

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