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Handel: Aldi will Glyphosat aus Lebensmitteln verbannen

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Aldi will Glyphosat aus Lebensmitteln verbannen

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    Der Discounter Aldi fordert seine Lieferanten auf, ihre Produkte auf Glyphosat hin zu untersuchen.
    Der Discounter Aldi fordert seine Lieferanten auf, ihre Produkte auf Glyphosat hin zu untersuchen. Foto: Sina Schuldt, dpa

    Dass eine Naturschutzorganisation wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland – kurz BUND – den Discounter Aldi lobt, dürfte eine Seltenheit sein. Doch nun ist es so weit. Denn Aldi Nord und Aldi Süd haben eine Allianz gegen Glyphosat geschmiedet. Die Unternehmen haben Lieferanten von Fleisch-, Eier-, und Milchprodukten für die Aldi-Eigenmarke in einem Schreiben aufgefordert, ihnen bis Ende Januar mitzuteilen, wie sie Glyphosat verwenden. Das heißt, in welchem Futtermitteln das Herbizid zum Einsatz kommt, wie viel dieser Futtermittel sie verfüttern und wie sie darauf verzichten könnten. Das bestätigte das Unternehmen Aldi unserer Redaktion.

    Glyphosat-Ausstieg: Umweltschützer sind begeistert

    Diese Entscheidung freut die Umweltschützer und ärgert viele Bauern. Hinter der Freude und dem Ärger steht die gleiche Überlegung: Wenn Aldi die Anforderungen an seine Lieferanten anpasst, dann werden andere Lebensmittelhändler wohl nachziehen. Denn Aldi gilt nicht nur bei den Preisen von Lebensmitteln wie Butter und Milch als Vorreiter.

    Deshalb ist Heike Moldenhauer, die sich beim BUND um das Thema Glyphosat kümmert, ganz begeistert. „Aldi hat eine enorme Marktmacht, und wenn der Discounter die nutzt, um etwas Gutes zu tun, dann kann das auch viel Gutes bewirken“, sagt sie. Sie geht davon aus, dass Aldi mit dem Vorstoß die Verwendung von Glyphosat langfristig senken will. Das ist für sie etwas Gutes. Moldenhauer ist auch fest davon überzeugt, dass der Discount-Riese mit seiner Entscheidung nicht alleine bleibt, sondern andere Handelsketten folgen werden. „Aldi macht mit der Entscheidung Politik. Und das ist legitim“, findet die BUND-Expertin.

    Vor knapp einem Monat haben die EU-Mitgliedsstaaten entschieden, die Zulassung für das Totalherbizid um weitere fünf Jahre zu verlängern. Das war bis zuletzt umstritten, auch weil das Mittel als potenziell krebsauslösend gilt. Die Verlängerung kam unter anderem deshalb zustande, weil Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) auf europäischer Ebene gegen den Willen von SPD-Umweltminister Barbara Hendricks zustimmte. Das löste viel Unmut aus – auch bei Verbrauchern. Denn die hatten sich in Umfragen immer wieder gegen die Verlängerung ausgesprochen.

    Ziehen andere Handelsketten nach?

    „Ich habe schon damals prognostiziert, dass irgendein Lebensmittelhändler diesen Schritt wagen und Glyphosat aus seiner Lieferkette verbannen wird. Ich wusste nur nicht, wer den Anfang macht“, sagt BUND-Expertin Moldenhauer. Deshalb ist sie momentan ein Aldi-Fan.

    Die Verpackung eines Unkrautvernichtungsmittels, das den Wirkstoff Glyphosat enthält.
    Die Verpackung eines Unkrautvernichtungsmittels, das den Wirkstoff Glyphosat enthält. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Völlig unbegeistert von dem Vorstoß ist dagegen der bayerische Bauernverband. Zwar sagt auch Bauernverbands-Sprecher Markus Peters: „Im Prinzip war das vorhersehbar.“ Trotzdem ärgert ihn das Aldi-Schreiben. Aus der Sicht des Bauernverbandes ist es nicht in Ordnung, wenn ein Lebensmittelhändler Politik macht.

    Bauernverband übt Kritik: Landwirte erhalten keine angemessenen Preise

    „Die Bauern müssen die Standards erfüllen, aber Aldi bezahlt dafür keine höheren Preise“, sagt er. Und er spricht noch etwas anderes an: „Wir haben in Bayern Molkereien wie zum Beispiel Berchtesgadener Land, die gehen diesen Weg gemeinsam mit den Bauern. Die verzichten auf Glyphosat und bezahlen aber auch angemessene Preise“, sagt er. Wenn dann aber auch die billige Milch bei Aldi verspreche, frei von Glyphosat zu sein, sähen viele Verbraucher keinen Mehrwert darin, das teurere Produkt zu kaufen, befürchtet er. „Aber Nachhaltigkeit hat für mich nicht nur etwas mit einem Umweltschutzgedanken zu tun, sondern auch mit Ökonomie.“ Deshalb sieht er hinter dem Schreiben vor allem eine gute Marketing-Aktion. „Der Discounter kann am Ende sagen: ,Wir haben bei dem Thema eine weiße Weste.‘ Aber es geht zulasten der Bauern“, urteilt Peters.

    Aldi selbst äußert sich auf Anfrage nicht zu seinen genauen Zielen. Allerdings hat der Konzern schon im Frühjahr einen ähnlichen Brief an die Lieferanten verschickt. Damals ging es um Getreideprodukte. Auch darin forderte Aldi die Zulieferer auf, die Glyphosat-Grenzwerte, die die EU für Endprodukte vorschreibt, zu unterschreiten. Das damalige Schreiben ist recht vage gehalten. Eine Verpflichtung lässt sich daraus nicht entnehmen.

    Für Beobachter liegt deshalb die Vermutung nahe, dass der Discounter die momentane Debatte und die Stimmung in der Bevölkerung geschickt nutzt, um sich ein positives Image aufzubauen. Wie ernst es Aldi wirklich ist, wird sich zeigen, wenn dem Schreiben in den kommenden Monaten Taten folgen.

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