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Exklusiv: Streit um Familiennachzug: CSU droht mit Ende der Groko

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Streit um Familiennachzug: CSU droht mit Ende der Groko

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    Syrische Flüchtlinge im Grenzdurchgangslager Friedland im Landkreis Göttingen. Die Bundesregierung macht keine Angaben über den Familiennachzug.
    Syrische Flüchtlinge im Grenzdurchgangslager Friedland im Landkreis Göttingen. Die Bundesregierung macht keine Angaben über den Familiennachzug. Foto: Swen Pförtner, dpa

    Kein Punkt war auf dem Weg zur Großen Koalition so umstritten wie der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus. Jetzt sorgt das Thema für mächtiges Knirschen im Regierungsbündnis aus Union und SPD. Stein des Anstoßes ist ein Gesetzentwurf aus dem von Horst Seehofer geführten Innenministerium, der harte Kriterien für den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zuzug von höchstens 1000 Familienangehörigen im Monat vorsieht.

    In der SPD stoßen die Pläne auf scharfe Kritik, Parteivize Ralf Stegner warnte CSU-Chef Seehofer vor „nicht abgestimmten Verschärfungen“. Das Innenministerium keilt zurück. Staatssekretär Stephan Mayer sagt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Mit dem Gesetzentwurf zum Familiennachzug erfüllen wir einen wichtigen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag. Die Begrenzung des Familiennachzugs ist von überragender Bedeutung, denn wir dürfen die Integrationsfähigkeit unseres Landes nicht überstrapazieren.“ Es sei daher richtig, auch Integrationsleistungen in Deutschland besonders zu berücksichtigen, wenn es um die Entscheidung gehe, welchen Flüchtlingen bevorzugt der Nachzug der Kernfamilien gewährt wird, sagt der CSU-Politiker.

    In Seehofers Gesetzentwurf werden Maßstäbe für die Auswahl der Familienmitglieder genannt, die künftig jeden Monat Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus nach Deutschland folgen können. Diesen sogenannten „subsidiären“ Schutzstatus haben Personen, die zwar nicht von direkter Verfolgung betroffen sind, denen aber bei einer Rückkehr in ihre Heimatländer ernste Gefahren drohen würden.

    Das ist subsidiärer Schutz

    Subsidiären Schutz erhalten Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten.

    Betroffen sind die Menschen, die durch das Raster des Asylrechts oder der Genfer Konvention fallen, aber aus anderen Gründen nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden können.

    Zum Beispiel, weil ihnen dort Folter oder die Todesstrafe drohen.

    Der Status wird zunächst auf ein Jahr befristet, kann aber verlängert werden.

    Das Recht auf Familiennachzug für diese Gruppe ist bis März 2018 ausgesetzt.

    Beim Nachzug sollen Kinder unter 14 Jahren bevorzugt werden. In die Bewertung einfließen soll auch, wie lange die Trennung bereits andauert und die Frage, ob diese absichtlich herbeigeführt wurde. Zudem sollen Flüchtlinge, die in Deutschland bereits gut integriert sind, bessere Chancen bekommen, Familienmitglieder nachzuholen. Terror-Sympathisanten, Hasspredigern oder Kriegsverbrechern dagegen müsse der Familiennachzug verweigert werden.

    Union und SPD streiten offen über Linie beim Familiennachzug

    Außenminister Heiko Maas (SPD) pochte bei seinem Jordanien-Besuch darauf, das beschlossene Kontingent von 1000 Familienmitgliedern pro Monat auch auszuschöpfen: „Wir werden ganz sicherlich keinen Entwürfen zustimmen, von denen wir der Auffassung sind, dass sie in erster Linie gedacht sind, das Kontingent eher zu verringern.“

    Die Union lässt den Vorwurf, sie weiche von den Vereinbarungen ab, nicht auf sich sitzen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Georg Nüßlein (CSU) sagte unserer Redaktion: „Was Innenminister Horst Seehofer plant, entspricht genau dem, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.“ Für Nachverhandlungen gebe es keinerlei Raum: „Wenn die SPD da nicht mitmachen würde, wäre die Große Koalition am Ende. Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Hier geht es schließlich nicht um irgendeinen beliebigen Punkt, sondern um einen Kernbestandteil des Koalitionspapiers.“

    Auch Grüne und Linkspartei reagierten verärgert auf die Pläne des Innenministers. „Seehofer konterkariert mit diesem Gesetzentwurf die wertvolle Integrationsarbeit, die hunderttausende Ehrenamtliche seit Jahren leisten. Es ist unsere Verantwortung, den Schutzsuchenden nicht nur Schutz zu geben, sondern ihnen auch ein würdiges Leben mit ihren Familien zu ermöglichen“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg.

    Innenstaatssekretär Mayer kontert, ihm fehle jedes Verständnis dafür, „wenn der Familiennachzug zu Gefährdern und Dschihadisten gefordert wird – derartige Sozialromantik schadet der inneren Sicherheit in Deutschland“.

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