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Interview: Ex-General: Trumps Abzugsplan „schadet uns nur selbst“

Interview

Ex-General: Trumps Abzugsplan „schadet uns nur selbst“

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    Kehren über 9000 US-Soldaten Deutschland bald den Rücken? Unser Bild zeigt eine militärische Zeremonie im bayerischen Illesheim. 
    Kehren über 9000 US-Soldaten Deutschland bald den Rücken? Unser Bild zeigt eine militärische Zeremonie im bayerischen Illesheim.  Foto: Nicolas Armer, dpa

    Herr Hodges, Präsident Donald Trump hat das Pentagon angewiesen, mehr als ein Viertel der US-Truppen aus Deutschland abzuziehen. Packen die Soldaten in Ramstein, Kaiserslautern oder Grafenwöhr ihre Koffer?

    Ben Hodges: Dieser Entschluss ist offensichtlich nicht das Ergebnis einer normalen strategischen Analyse oder einer Abstimmung innerhalb der Regierung. Nicht nur die Nato und die Bundesregierung wurden nicht einbezogen. Es war auch eine totale Überraschung für die US-Soldaten in Deutschland. Es gab keine offizielle Ankündigung, nur einen Artikel im Wall Street Journal und den Kommentar des damaligen Botschafters Richard Grenell, der sagte: Das ist der Plan, darüber haben wir seit Monaten gesprochen. Tatsächlich hat nur er darüber seit Monaten gesprochen. Das Militär hat bis heute keine Anweisung und keine Richtlinie. Deshalb packt derzeit auch niemand seine Koffer.

    Hinter dem Abzug verbirgt sich also keine militärische Strategie?

    Hodges: Nein, null. Keine strategische Analyse wird zu dem Ergebnis kommen, dass die USA besser dastehen, wenn sie ihre Präsenz in Deutschland reduzieren. Wir sind personell bereits extrem ausgedünnt. Wir sind noch 34000 Leute. Ich bin Fan von Eintracht Frankfurt. In deren Stadion passen 51000 Menschen. Das bekämen wir nicht voll. Es gibt nur jeweils ein Bataillon für jede spezielle Aufgabe. Wenn wir davon 30 Prozent wegnehmen, sind einige Aufgabenfelder praktisch zu 100 Prozent lahmgelegt. Die US-Truppen in Deutschland dienen vor allem zur schnellen Unterstützung von Kräften, die aus den USA kommen, mit Logistik, Verwaltung oder Kommunikation. Die einzigen echten Kampftruppen, die wir haben, sind im bayerischen Vilseck stationiert. Das ist es. Alles andere ist nötig, um amerikanische Einheiten etwa auf dem Weg nach Afrika oder in den Mittleren Osten zu unterstützen.

    Der amerikanische Präsident hat Deutschland schon länger im Visier. Was war aus Ihrer Sicht der konkrete Anlass für die jetzige Entscheidung?

    Hodges: Das ist eine gute Frage. Es ist bemerkenswert, dass viele Beobachter die Ankündigung als unmittelbare Reaktion auf die Entscheidung von Kanzlerin Merkel gewertet haben, nicht zum G-7-Gipfel nach Washington zu reisen. Das zeigt, wie angespannt die Beziehungen zwischen den beiden Regierungen sind. Angesichts der Rhetorik des Botschafters und der Debatte über das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben glauben viele Leute, dass das eine persönliche Revanche war.

    Ben Hodges, 62, war von 2014 bis zum Jahr 2017 Kommandeur aller US-Landstreitkräfte in Europa. Heute ist er Zivilist.
    Ben Hodges, 62, war von 2014 bis zum Jahr 2017 Kommandeur aller US-Landstreitkräfte in Europa. Heute ist er Zivilist. Foto: Sergey Dolzhenko, dpa

    Was denken Sie?

    Hodges: Ich glaube das nicht. Die G-7-Absage war vielleicht der letzte Auslöser. Aber ich bin überzeugt, dass der Abzug zu hundert Prozent eine politische Entscheidung ist. Botschafter Grenell hat schon immer davon gesprochen, dass man Druck auf Deutschland ausüben müsse. Ich erinnere mich an ein Gespräch, als ich noch Kommandeur der US-Armee in Europa und er noch nicht im Amt war. Es dauerte keine 30 Sekunden, bis er sagte: Die Deutschen müssen mehr tun. Deren Beitrag ist lächerlich. Und er hat nicht ganz Unrecht: Deutschland könnte mehr tun, und es muss eine Führungsrolle übernehmen. Aber dazu bedarf es eines intelligenteren Ansatzes, wie wir das Zwei-Prozent-Ziel und geteilte Verantwortung definieren. Wir brauchen Vereinbarungen, die innenpolitisch für die deutsche Regierung umsetzbar sind und trotzdem die Nato stärken.

    Die Hau-drauf-Methode funktioniert nicht?

    Hodges: Bestimmt nicht. Das schadet uns nur selbst. Die Stationierung von Kräften und der Betrieb des Militärflugplatzes Ramstein, des Krankenhauses in Landstuhl oder unserer Logistik-Stützpunkte, die Deutschland uns erlauben, sind für uns strategisch wichtig. Dadurch können wir unsere Aufgabe in Europa, in Afrika und im Mittleren Osten erfüllen. Und natürlich schadet es auch der Nato, wenn der Zusammenhalt zwischen den beiden wichtigsten Verbündeten untergraben wird. Die Deutschen, mit denen ich gesprochen habe, sind vor allem befremdet. Niemand versteht das als Strafe. Ich schätze, die Hälfte der Deutschen würde gerne „Goodbye“ sagen.

    Was würde es denn für das US-Militär bedeuten, wenn der Abzug kommt?

    Hodges: Da würde nicht ein bisschen Fett abgesaugt. Das wäre, als wenn man einen Arm amputiert. Entweder weiß Grenell nicht, warum wir Truppen in Deutschland haben und was diese Männer und Frauen machen. Oder er versteht es nicht, oder es interessiert ihn einfach nicht.

    Aber Präsident Trump hat gerade den Teilabzug noch einmal bestätigt.

    Hodges: Die Regierung weiß natürlich, dass die Truppenpräsenz in Deutschland kein großes Thema in den USA ist – schon gar nicht während des Präsidentschaftswahlkampfes. Man kann sich vorstellen, dass sie den Abzug unter dem Slogan „America first“ verkauft: Wir bringen die Truppen aus Afghanistan heim, wir bringen die Truppen aus dem Irak heim, wir bringen die Truppen aus Deutschland heim. Das mag in ein rein innenpolitisches Kalkül passen, obwohl es strategisch komplett falsch ist: Man kann Amerika nicht nur aus Amerika verteidigen.

    Zur Person: Ben Hodges, 62, war von 2014 bis zum Jahr 2017 Kommandeur aller US-Landstreitkräfte in Europa. Heute ist er Zivilist.

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