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Zukunft der E-Mobilität: Autopapst Dudenhöffer: Ohne Atomstrom fehlt es E-Autos an Antrieb

Zukunft der E-Mobilität

Autopapst Dudenhöffer: Ohne Atomstrom fehlt es E-Autos an Antrieb

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    E-Autos soll die Zukunft sein. Aber gibt es auch genügend Strom?
    E-Autos soll die Zukunft sein. Aber gibt es auch genügend Strom? Foto: Jan Woitas, dpa

    Das Aus für den Verbrennungsmotor hat die FDP im Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Regierung abgewendet. Das heißt nicht, dass die Liberalen Benzin und Diesel das Wort reden. Sie setzen auf neue, beispielsweise synthetische Kraftstoffe, die weniger oder gar keine Schadstoffe produzieren. Die Zukunft soll darüber hinaus dem Elektro-Auto gelten. „Unser Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030“, heißt es bei SPD, Grünen und FDP. Der Strom dazu soll aus erneuerbaren Energiequellen kommen, doch es gibt Zweifel, ob das reicht. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom privaten Center Automotive Research (CAR) hat nachgerechnet und kommt zu dem Ergebnis: Ohne Atomkraft geht es nicht.

    Der Experte prognostiziert dabei, dass immer mehr Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein werden. „Da Deutschland und die Welt vermutlich zur Winterzeit lange mit dem Virus leben müssen, wird eine Trendumkehr hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln noch weniger wahrscheinlich. Es macht also viel Sinn, auch in Zukunft mit steigenden Pkw-Beständen und damit Pkw-Dichten zu rechnen“, erklärt Dudenhöffer in einem Strategiepapier, das unserer Redaktion vorliegt. Er setzt darin für 2050 einen Pkw-Bestand von 55,8 Millionen Fahrzeugen beziehungsweise eine Pkw-Dichte von 660 Pkw auf 1000 Einwohner an. Derzeit sind es rund 48,2 Millionen Fahrzeuge, die Pkw-Dichte liegt bei 580.

    Dudenhöffer: Bald fast nur noch E-Autos - Wind, Sonne und Wasser reichen nicht aus dafür

    Pkw werden im Schnitt in Deutschland etwa 14 Jahre gefahren. Alle Verbrenner, die jetzt noch zugelassen werden, verschwinden also so schnell nicht von der Straße.

    Dudenhöffer ist dennoch optimistisch, dass um das Jahr 2030 herum „mehr als 80 Prozent der Pkw-Neuzulassungen Batterie-elektrische Fahrzeuge (BEV) sein“ werden. „Damit verschwinden die Verbrenner Stück für Stück aus den Beständen und zwischen 2045 und 2050 dürften auch in den Pkw-Beständen 95 plus x Prozent der Fahrzeuge BEV sein“, erklärt er. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes 2,92 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotor sowie rund 194.000 E-Autos neu zugelassen.

    Deutschland ist auch in diesem Jahr der weltweit zweitgrößte Markt für Elektroautos.
    Deutschland ist auch in diesem Jahr der weltweit zweitgrößte Markt für Elektroautos. Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Mit der Falsch-Meldung, ein aus erneuerbaren Energien gespeistes Stromnetz würde kollabieren, wenn alle E-Autos zeitgleich aufgeladen werden, ist mittlerweile aufgeräumt worden. Dudenhöffer geht gleichwohl davon aus, dass Wind, Wasser und Sonne nicht reichen, um den Strombedarf für E-Autos zu decken. Eine Fraunhofer-Prognose, die einen Zusatzbedarf von 44 Terawattstunden (TWh) für den Pkw-Verkehr in Deutschland bis zum Jahre 2030 errechnet hat, hält der Auto-Experte für zu niedrig. Er geht von einem mindestens dreimal so hohen Bedarf aus. Zum Vergleich: 2020 wurden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 567,4 Terawattstunden Strom erzeugt, knapp 45 Prozent stammte von Erneuerbaren Energieträgern.

    Atomkraft? Ja, bitte! - Mit dieser Forderung macht sich Dudenhöffer in Deutschland unbeliebt

    Dudenhöffer hat weiter ausgerechnet, dass im Jahr 2020 die in Deutschland an Land installierten 30.000 Windenergieanlagen 106 TWh Strom pro Jahr lieferten und folgert aus dieser Tatsache: „Um die Elektroautos des Jahres 2050 am Laufen zu halten, bräuchten wir 39.000 zusätzliche Windenergieanlagen im Vergleich zu heute.“ Das sei jedoch nicht machbar, urteilt der Auto-Experte und fordert die Rückkehr zur Atomkraft. Die Energieform sei heute viel sicherer als früher. Und der Atommüll lasse sich inzwischen besser wieder aufarbeiten. „Forschung und Innovationen lassen Kernkraftwerke in neuem Licht erscheinen“, urteilt der Auto-Experte. Seine Forderung mag bei der Ampel-Koalition auf taube Ohren stoßen. „Am deutschen Atomausstieg halten wir fest“, heißt es im Koalitionsvertrag unmissverständlich. Auf EU-Ebene wird allerdings darüber gestritten, ob Atomkraft künftig als nachhaltig eingestuft wird (Taxonomie-Verordnung).

    Die Bundesregierung ist grundsätzlich dagegen, zeigt sich aber weitgehend machtlos. „Nein, Deutschland hat seinen Widerstand nicht aufgegeben, aber das Verfahren ist wie folgt: Die EU-Kommission legt einen delegierten Rechtsakt auf der Grundlage der Taxonomie-Verordnung vor“, sagte Kanzlerin Angela Merkel kürzlich im Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Der Rechtsakt könne nur abgelehnt werden, „wenn 20 Mitgliedstaaten bereit sind, Nein zu sagen. Und das ist eine sehr hohe Hürde und ist voraussichtlich nicht der Fall“, erklärte die CDU-Politikerin. Das Dudenhöffer-Papier könnte also, auch wenn es gerade eher unwahrscheinlich scheint, für die Zukunft einige Bedeutung haben.

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