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Kommentar: Corona, Ukraine-Krieg, Energiekrise: Scholz bleibt Führung und Antworten schuldig

Kommentar

Corona, Ukraine-Krieg, Energiekrise: Scholz bleibt Führung und Antworten schuldig

Stefan Lange
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    Mit dem DFB-Präsidenten Neuendorff tauschte sich Olaf Scholz zum Thema "Equal Pay" im Fußball aus.
    Mit dem DFB-Präsidenten Neuendorff tauschte sich Olaf Scholz zum Thema "Equal Pay" im Fußball aus. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Kürzlich besuchte Kanzler Olaf Scholz das Siemens-Energy-Werk in Mülheim an der Ruhr, um sich eine Turbine anzuschauen. Eine Turbine. Es ist zwar die Turbine, wegen der nach Angaben des russischen Präsidenten Wladimir Putin nur wenig Gas durch die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland fließt. Es ist aber eben auch nur eine Turbine, noch dazu ein Ersatzteil.

    Olaf Scholz bei Siemens Energy: Gut gemeint, schlecht umgesetzt

    Man konnte sich angesichts der Bilder schon fragen, ob ein deutscher Regierungschef gerade nichts Besseres zu tun hat, als 20 Tonnen Stahl anzufassen. Klar, der Kanzler wollte damit eine politische Botschaft verbinden. Sieh her, Wladimir Putin, wir trauen dir nicht, sollte die lauten. Der Kreml ließ sich davon jedoch erwartungsgemäß nicht beeindrucken. Die Sache endete deshalb so, wie sie meist für Scholz endet: Gut gemeint, aber schlecht umgesetzt.

    "Er bringt es einfach nicht rüber" – diesen Satz hört man häufig, wenn von der Performance des Kanzlers die Rede ist. Nicht nur Menschen außerhalb des Berliner Politikbetriebs, Wirtschaftsleute zum Beispiel, haben diesen Eindruck von Scholz. Selbst in der eigenen Fraktion warten sie sehnsüchtig darauf, dass ihr Kanzler endlich durchstartet. Halb Mitleid, halb Frust schwingt in der Einschätzung mit, beides ist nicht gut für das Ansehen eines Mannes, der eine Führungskraft sein muss.

    Scholz hat sich offenbar dafür entschieden, es wie Helmut Schmidt zu machen. Der ebenso knorrige wie knurrige SPD-Politiker und Bundeskanzler redete nicht viel und entschied lieber, sein Krisenmanagement bei der Sturmflut 1962 ist legendär. Scholz' Sturmfluten sind die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Energie-Krise. Der Kanzler will sie lösen, indem er punktuell auftaucht, es ohnehin schon immer gewusst hat und das Problem im Handstreich löst, wie es einst Schmidt zu tun pflegte.

    Das kann jedoch schon deshalb nicht funktionieren, weil die medialen Umstände andere sind als zu Zeiten von Schmidt. Heutzutage werden politische Entscheidungen in Echtzeit verbreitet und sofort bewertet. Da hilft es nicht, ab und an den Finger zu heben. Angela Merkel war irgendwann "Mutti", weil sich viele im Volk von ihr umsorgt fühlten, 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche. Scholz ist von "Vati" noch sehr weit entfernt, wie die sinkenden Umfragewerte zeigen.

    Kanzler Olaf Scholz könnte über Cum-Ex stolpern

    Seine stoische Ruhe, einige sprechen auch von Phlegma, könnte ihn jetzt das Amt kosten. Die neuen Vorwürfe im Hamburger Finanzskandal demontieren das Ansehen des deutschen Regierungschefs. Dem Kanzler haftet der Mief der Korruption an, der Geruch begleitet ihn ins Ausland. Und wieder erklärt der Kanzler sich nicht, er wartet ab. Von seiner Sommer-Pressekonferenz am Donnerstag wird wohl kein Erkenntnisgewinn ausgehen, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit bereits andeutete. Der ehemalige Hamburger Bürgermeister dürfte sich, wenn überhaupt, erst am 19. August vor dem Untersuchungsausschuss der Hansestadt zur Sache äußern, der die Vorgänge um illegale Cum-Ex-Geschäfte und die Verwicklung der Warburg-Bank aufklären will.

    Dabei drängt die Zeit, denn je näher Herbst und Winter rücken, desto mehr Probleme müssen für die Menschen gelöst werden. Die Regierungskoalition ist über Themen wie Übergewinnsteuer, Infektionsschutz und 9-Euro-Ticket tief zerstritten und bräuchte jetzt einen Chef, der Halt und Orientierung bietet.

    Beides jedoch scheint dem Kanzler abhandengekommen zu sein. Am Dienstag besuchte er den Industriepark Höchst und die DFB-Zentrale in Frankfurt am Main. Scholz redete zunächst belangloses Zeug über Wasserstoff, dann über Fußball. Antworten gab es keine. Fragen der Medienleute waren gar nicht erst zugelassen.

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