
Prix-Gelände: Rechtsaufsicht entlastet Bürgermeister und Verwaltung

Plus In einer Sondersitzung des Schondorfer Gemeinderats gibt es erneut Kritik an den Vorgängen auf dem Prix-Gelände und Verbesserungsvorschläge. Rechtsaufsicht bestätigt Vorgehensweise.

An deutlichen Worten mangelte es in den vergangenen Wochen in Schondorf nicht, wenn es darum ging, dass zwei der drei Kinder von Bürgermeister Alexander Herrmann (Grüne) den Zuschlag für den Erwerb von günstigem Wohnraum auf dem Prix-Gelände erhielten und eines der beiden lieber vermieten als einziehen wollte. Von Mauschelei, Insiderwissen und Verleumdung war unter anderem die Rede. Der Rathauschef nahm in einem offenen Brief Stellung und die Rechtsaufsicht des Landkreises wurde eingeschaltet. Deren Prüfung entlastete die Gemeindeverwaltung nun. In einer sachlich verlaufenen Sondersitzung des Gemeinderats, der mehr als 50 Gäste beiwohnten, ging es auch darum, wie die Regeln angepasst werden können, um unliebsame Entwicklungen wie zuletzt zu vermeiden.
Alexander Herrmann skizzierte zunächst die Historie. Er verwies darauf, dass der Gemeinde die finanziellen Mittel fehlten und sich das Ratsgremium deswegen entschloss, einen Investor mit ins Boot zu nehmen. Die Wahl sei nach einem Wettbewerb auf die Wüstenrot gefallen. Dieser machte die Gemeinde die Vorgabe, dass 30 Prozent der 16 Reihenhäuser und 59 Wohnungen zu einem günstigeren Preis an "Personen mit besonderem Bedarf" verkauft werden sollten. Mit der Formulierung umging die Gemeinde das Verbot des Einheimischenmodells und machte sich eine Sondervereinbarung zwischen EU und Freistaat zu nutze. Die Käufer verpflichteten sich im Gegenzug die Wohnung 15 Jahre zu nutzen.
Vermietung nur mit Zustimmung des Gemeinderats
Auf zwei Wegen will die Gemeinde Fehlnutzungen vermeiden, sagte Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU) unserer Redaktion jüngst. Dies geschehe durch das Kaufrecht der Gemeinde innerhalb der 15-jährigen Bindungsfrist. Daneben sei in den Kaufverträgen geregelt, dass eine Weitervermietung oder ein Weiterverkauf nur nach den Richtlinien und nur mit Zustimmung des Gemeinderats möglich sind. In einem solchen Fall werde zudem die Bindungsfrist von 15 auf 20 Jahre verlängert.
Hermann führte dazu auch aus: "Ich möchte in dem Zusammenhang auch dem Gerücht widersprechen, es handle sich um Sozialwohnungen. Es ist Wohnraum für den Mittelstand, der über ein gewisses Eigenkapital verfügt, um solch einen Kauf auch stemmen zu können. Meines Erachtens haben wir auch die Menschen erreicht, die wir wollten." Die wurden über ein Punktesystem ermittelt. Wer lange im Ort wohnt, sich in einem Schondorfer Verein engagiert oder Kinder oder pflegebedürftige Angehörige hat, bekam entsprechend mehr Punkte. Die Punkteliste sei dann Wüstenrot übergeben worden, die mit den potenziellen Eigentümern in Verkaufsverhandlungen eintraten. Die hätten aber nicht immer zum Erfolg geführt, sodass es auch Nachrücker von der erstellten Liste gab, informierte Wagner in der Sitzung.

Herrmann las in der Sondersitzung das Ergebnis der Prüfung durch die Rechtsaufsicht vor. Das Vorgehen bei der Vergabe sei demnach plausibel, ähnele Verfahren in anderen Gemeinden und sei durch Beschlüsse des Gemeinderats gedeckt. Auch die Reihenfolge, in der die Bewerber zum Zug kamen, sei nicht zu beanstanden. Und auch einen zentralen Kritikpunkt beleuchteten die Prüfer. Herrmann informierte: "In den Vergaberichtlinien stand nichts davon, dass eine Vermietung zulässig ist, erst im Kaufvertrag. Eine Ungleichbehandlung sieht die Rechtsaufsicht darin aber nicht." Schließlich hätten sich alle mit demselben Kenntnisstand beworben.
Schondorfs Zweiter Bürgermeister verärgert über Mauschelei-Gerüchte
Und auch beim Losverfahren, das bei Punktgleichheit und insgesamt in vier Fällen angewandt worden sei, um die Reihenfolge zu ermitteln, sei alles korrekt verlaufen, erklärte Wagner in der Sondersitzung. Er hatte das Verfahren in Vertretung ab Juni 2020 begleitet. Herrmann hatte sich zurückgezogen, nachdem klar war, dass sich seine Kinder bewerben. "Normalerweise vertrete ich den Bürgermeister nur bei Krankheit und Urlaub. Ich war wegen der Brisanz des Themas nicht gerade glücklich über die Aufgabe. Der Vorwurf im Ort, es sei gemauschelt worden, ärgert mich. Ich bin froh über die Bestätigung."
Rat Simon Springer (CSU) beklagte, dass es die Annonce eines Kindes des Bürgermeisters zur Vermietung gewesen sei, die den Stein ins Rollen gebracht habe. "Ich möchte so etwas nie wieder haben. Sie müssen als Erstes mit dem Gemeinderat reden, statt es öffentlich anzupreisen." Er sei derselben Meinung, äußerte Herrmann und sprach sich für klare Richtlinien aus, wann das Gremium einem solchen Antrag zustimme. Bettina Hölzle (CSU) sagte, Vermietungen dürften nur bei absoluten Härtefällen zugelassen werden. "Derzeit besteht der Eindruck, man muss es nur beantragen und es sei eine Formsache."
Marktpreis für Wohnraum liegt mehr als doppelt so hoch
Rainer Jünger (CSU) monierte, einen Fehler in der Umsetzung: "Welcher Lebensentwurf passt denn dazu, dass man mindestens 15 Jahre in einer Zwei-Zimmer-Wohnung lebt? Es wäre besser gewesen, die Gemeinde hätte gebaut und dann vermietet." Michael Deininger (Grüne) verwies darauf, dass es dazu im Gemeinderat damals aus finanziellen Überlegungen heraus keine Mehrheit gegeben habe. Jünger sagte zudem, dass ihn die Entwicklung überrascht habe. Der Vorzugspreis liege bei 3500 Euro für den Quadratmeter, jene die auf dem freien Markt kauften, hätten 8300 Euro zahlen müssen. "Damit habe ich nicht gerechnet."
Bettina Hölzle fühlte sich grundsätzlich schlecht informiert bei dem Thema, weil sie erst seit Frühjahr 2020 im Gemeinderat sitzt. "Seither war das Prix-Gelände fast nie Thema und ich kann mich auch nicht erinnern, dass die Kaufverträge behandelt worden." Er könne "nicht jedes Verfahren auf null stellen", nach Wechseln im Gremium, antwortete Herrmann. Es gebe demokratische abgestimmte Entscheidungen auf deren Basis weitergearbeitet werde und in der Sitzung im Dezember 2020 seien ein Anwalt und ein Notar anwesend gewesen, um Fragen zu den Kaufverträgen zu beantworten.
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