
Museum in Diedorf mit Politikermasken: Das denkt der Leiter über Corona

Plus Seit April ist das Maskenmuseum in Diedorf geschlossen. Leiter Michael Stöhr war nicht untätig und gestaltete Politikermasken. Was er über Corona denkt.

Seit etwa einem Jahr spielen Masken in Deutschland eine wichtige Rolle. Mittlerweile hat man sich daran gewöhnt, beim Einkaufen, in der Stadt oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln immer ein Stück Stoff oder jetzt Vlies vor dem Mund zu tragen. So geht es auch Michael Stöhr, dem Leiter des Maskenmuseums in Diedorf. Für den pensionierten Kunstlehrer kommt es allerdings nicht in Frage, sich mit den Alltagsmasken auch künstlerisch auseinanderzusetzen. „Ich finde die optisch eigentlich fruchtbar und will sie gar nicht auf diese Art und Weise wahrnehmen“, erklärt er. Die Alltagsmasken sollten in seinen Augen so steril wie möglich bleiben.

Trotzdem hat sich Michael Stöhr auch künstlerisch mit dem Coronavirus auseinandergesetzt. Die Topfdeckel, die in den Bäumen vor dem Eingang des Maskenmuseums hängen, erinnern mittlerweile zum Teil an Coronaviren. Die Metallscheiben, die mit einer Art Klöppel ausgestattet sind, um im Wind zu klingen, wurden an den Rändern eingeschnitten, um an die verbreitete Darstellung des Virus zu erinnern. Stöhrs Idee dahinter: „Das scheppern soll alles Negative vertreiben.“ Dabei nimmt er Bezug auf unterschiedliche traditionelle Kulte wie zum Beispiel den Perchtenlauf, der ohne Corona Anfang Januar auch in Diedorf stattgefunden hätte. Hässliche Fratzen und vor allem viel Lärm sollen beim Perchtenlauf das alte Jahr vertreiben.
Museum in Diedorf: Masken sind ein Teil der Menschheitsgeschichte
In Stöhrs Augen sind Masken ein wichtiger Teil der Menschheitsgeschichte. „Masken werden in vielen Kulturen in Grenz- oder Überganssituationen getragen“, erklärt er. Die Tradition des Perchtenlaufs sei dabei nur ein Beispiel. Stöhr denkt auch an die Masken der Pestdoktoren in Venedig. Der lange Schnabel sorgte nicht nur für einen gewissen Abstand zum Patienten, sondern wurde auch bereits im Mittelalter mit einem parfümierten Tuch versehen, um den Gestank des Todes und der Kanäle in Venedig erträglich zu machen. In Stöhrs Sammlung finden sich auch einige Krankheitsmasken aus afrikanischen Kulten, die die Krankheit durch grausige Darstellungen derselben vertreiben sollten. Auch dem Tod begegneten menschliche Kulturen immer wieder mittels Masken. Alles in allem erklärt der Experte: „Man möchte sich mit Masken über die Natur ermächtigt zeigen und etwas beherrschbar machen, das man nicht beherrschen kann.“

Ein wenig gilt das wohl auch für die Masken, die er selbst während des Lockdowns gestaltet hat. Bei ihm war es allerdings nicht unbedingt das Auflehnen gegen die Natur, sondern eher gegen aus seiner Sicht menschenverachtende Politiker wie Donald Trump oder Recep Tayip Erdogan. Besonders der mittlerweile abgelöste Präsident der USA habe ihn „aufgeregt“, erklärt Stöhr. Auch deshalb schnitzte er eine Holzmaske, die klar als Trump zu erkennen ist. Bei der Arbeit mit dem Holz habe er auch einige Aggressionen gegen den umstrittenen Präsidenten herauslassen können, sagt Stöhr. Bei Trump sei es außerdem einfach gewesen, seine besonderen Merkmale in einer Maske zu verewigen. Besonders den verbissenen Blick, die Haartolle und auch die Mundpartie machen den Polemiker sofort erkennbar. „Es macht Spaß, diese Merkmale herauszufinden und sie darzustellen“, erklärt Stöhr.
Maske aus Diedorf: Boris Johnson hat Haare wie ein Wischmopp
Der Diedorfer hat während des Lockdowns einige Masken produziert. Für jede hat er recycelte Materialien oder Gegenstände, die er auf dem Flohmarkt gekauft hat, benutzt. Den türkischen Präsidenten Erdogan hat er zum Beispiel aus einer Holzschaufel modelliert. Ähnlich ausdrucksstark ist Stöhrs Darstellung von Boris Johnson. Der britische Premier ist bei Stöhr eine ausrangierte Plastikschaufel mit einem gelben Wischmopp als Haarpartie: „Oft kommen die Ideen auch aus dem Material.“

Auch Angela Merkel hat Stöhr mittlerweile in seinem Museum aufgehängt. Die Maske, die die Kanzlerin darstellt, ist aus einer alten Bettpfanne gemacht. Bei Merkel habe er die Assoziation der "Mutti" wecken wollen – deshalb die wärmende Bettpfanne. Auch auf die aktuelle Situation nimmt Stöhr mit seinen Politikermasken Bezug. Einen Spankorb hat er zu einer Maske von Jens Spahn umfunktioniert. Außerdem hängt Stöhrs Spahn eine Spritze wie eine Zigarette im Mundwinkel, wegen der Bedeutung der Impfung.
Nach dem Lockdown: Maskenmuseum sucht eine neue Bleibe
Allerdings hat sich der pensionierte Kunstlehrer im Lockdown nicht nur mit den Gesichtern von Politiker beschäftigt. Er kämpft auch weiter mit der Zukunft seiner Sammlung von 9000 Masken. Gerne würde er sie an einem anderen Ort ausstellen oder einem Volkskundemuseum überlassen. Die Räumlichkeiten in der Kulturschmiede in Diedorf sollen eigentlich für temporäre Ausstellungen moderner Künstler genutzt werden, aktuell ist aber nicht viel Platz. Erst kürzlich hat Stöhr wieder 300 Briefe an Museen in ganz Deutschland verschickt, um über seine Sammlung zu informieren und sie eines Tages vielleicht effektiver und thematisch geordneter ausgestellt zu sehen. „Im Moment mache ich im Maskenmuseum ja alles vom Direktor bis zur Putzfrau“, sagt er.
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