
Treibt Corona die Immobilienpreise auf dem Land nach oben?

Plus Corona hat vielen Wirtschaftszweigen Einbrüche beschert. Die Nachfrage nach Immobilien leidet aber kaum. Ein Spitzenbanker wagt eine These.

Corona hat in weiten Teilen der Wirtschaft schlimme Schäden angerichtet, die Nachfrage nach Immobilien scheint davon aber unberührt. Ein Indiz dafür ist das Aufkommen der Grunderwerbssteuer, die im Landkreis Augsburg eingenommen wird. Und die zeigt an: Die Pandemie lässt die Nachfrage und die Preise auf dem Land steigen.
Mit 10,5 Millionen Euro hat allein der Landkreis Augsburg im vergangenen Jahr an der Grunderwerbssteuer partizipiert. Diese Summe wurde jetzt in den Haushaltsberatungen des Kreistags und seiner Gremien genannt. Sie lässt gewisse Rückschlüsse auf das zugrunde liegende Geschäftsvolumen bei Immobilien im Augsburger Land zu.
Der Landkreis erhält rund 20 Prozent der Grunderwerbssteuereinnahmen, die in Bayern bei 3,5 Prozent liegt. Damit liegt dieser Steuer im Landkreis Augsburg ganz grob gerechnet ein Geschäftsvolumen von 1,5 Milliarden Euro zugrunde.
Grundstücksgeschäfte im Wert von über einer Milliarde Euro
Genauere Angaben sind im jüngsten Grundstücksmarktbericht des Landkreises Augsburg enthalten. Die aktuellste Zahl dort datiert aus dem Jahr 2018. Damals durchbrachen die Umsätze bei Geschäften mit Häusern, Bau-und Gewerbegrundstücken, Wald und Ackerland erstmals die Schallmauer von einer Milliarde Euro. Knapp 1,2 Milliarden Euro gingen damals bei rund 3500 notariell beglaubigten Geschäften offiziell über den Tisch.
Seitdem dürften die Preise weiter gestiegen sein. Bei Häusern und Wohnungen wurden in jüngerer Vergangenheit jährliche Preissteigerungen von fünf bis zehn Prozent registriert. Dieser Trend habe sich vielleicht etwas verlangsamt, so Kreissparkassenvorstand Horst Schönfeld, sei aber im Grunde ungebrochen, denn: "Nach wie vor trifft eine hohe Nachfrage auf ein geringes Angebot." Für 2020 geht das Landratsamt von etwa drei Prozent Wertsteigerung bei gebrauchten Wohnungen aus. Das ergab im Herbst die vorläufige Auswertung von Kaufverträgen durch den Gutachterausschuss des Landkreises.
Ein Ende des Booms sei derzeit nicht zu erwarten, glauben etwa die Bürgermeister von Königsbrunn und Schwabmünchen, Franz Feigl und Lorenz Müller. Nach den Feststellungen beider geht die Ausweisung von Baugebieten weiter, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Deren Kehrseite seien die hohen Preise, die Häuslebauer schlucken müssen, wenn sie sich im Augsburger Land niederlassen.
Die Kreissparkasse beobachtet laut Schönfeld sogar, dass Immobilien auf dem Land immer gefragter würden. In Schönfelds Augen ist das ein gewisser Corona-Effekt. "Das Land wird attraktiver." Das habe auch mit den Home-Office-Regelungen zu tun. "Die Menschen kalkulieren nicht mehr mit Fahrtkosten für fünf Tage in der Woche, sondern nur noch zwei oder drei". Ein Haus zum Beispiel in Adelsried gehe mittlerweile für 680.000 Euro flott weg.
Immobilien: Quadratmeterpreise im Landkreis Augsburg
Bei einer neu gebauten Eigentumswohnung im Augsburger Speckgürtel sind laut Schönfeld inzwischen 5000 bis 6000 Euro für den Quadratmeter fällig und auch weiter draußen wird es nicht wirklich günstig. In Gessertshausen gebe es ein Objekt mit 4500 Euro je Quadratmeter. Anders sei die Situation dagegen bei Gewerbeimmobilien. Corona hat den Einzelhandel in eine tiefe Krise gestürzt, das wird sich auf Leerstände und Mieten auswirken, so Schönfeld: "Da wird es sicher Spuren geben."
So haben sich die Grundstückpreise im Landkreis Augsburg entwickelt
Wesentlicher Preistreiber bei Neubauvorhaben sind die Grundstückspreise. Ein Grundstück in hochpreisigen Gebieten ist zwischen Mitte 2018 und Oktober 2020 zwischen 30 und 55 Prozent teurer geworden. Dazu zählt etwa der Speckgürtel, also die Nachbargemeinden der Stadt Augsburg. Etwas flacher, aber immer noch deutlich, ist demnach der Anstieg in mittel- (18 bis 40 Prozent Preissteigerung) und niedrigpreisigen Gebieten (19 bis 35 Prozent). Das hat eine Vorauswertung des Gutachterausschusses für 2020 ergeben.
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Die Diskussion ist geschlossen.
Nett wie man mit Corona von den wirklichen Preistreibern ablenken kann...
Es ist eine unvorstellbar kräftige Zangenbewegung aus der Gleichzeitigkeit von Minuszinswelt, Einwohnerzuwachs, Flächenschutz und Energiewende die zu dieser Entwicklung führt.
Mächtige politische Bewegungen sorgen für Druck bei den Einwohnerzahlen, wollen weniger Fläche für das Bauen ausweisen und machen alte Gebäude durch angekündigte Erhöhungen bei Energiesteuern unattraktiver.
Dazu entsteht durch die Preisexplosion bei Immobilien ja auch "Reichtum" den man künftig besteuern kann...
Man muss sich doch auch mal überlegen, welche Faktoren könnten überhaupt einen Preisrückgang in der Breite der Objekte bewirken? Und gibt es eine Wahrscheinlichkeit, dass solche Faktoren wirksam werden?
Die Geldpolitik wird nach Corona eher sehr locker bleiben, die Inflation der Vermögenswerte wird weitergehen mit einer geschickten Begrenzung von Löhnen und Lebensmittelpreisen.
Das Thema Heizenergie im Winter und Klimaschutzmaßnahmen ist im Gebäudebestand vor 1990 völlig offen; hier fehlen wirtschaftliche Maßnahmen in Richtung Passivhaus, Handwerker und zeitlicher Realismus. Die Grenzen sind für Menschen und Kapital offen, Deutschland ist bereits heute sehr dicht besiedelt und natürlich ist Sparsamkeit beim Flächenverbrauch notwendig; Leerstand ist kein Risiko.
Also was bitte soll den Anstieg der Immobilienpreise bremsen oder sogar umkehren?