
Leben in der Sackgasse: Die andere Seite der Schäfflerbachstraße

Im südlichen Teil sorgen Neubauten, der Martinipark und das Theater für Betriebsamkeit. Anders sieht es im Norden der Straße aus. Ein Streifzug durch das Viertel.
Der Weg vom Jakobertor in die Schäfflerbachstraße ist nicht weit. Zu Fuß rund fünf Minuten. Vorbei an Wash-Tec und Rewe, vorbei an einer Packstation von DHL, über den Schäfflerbach und dann biegt man rechts ab in die Straße. Ein Verkehrsschild warnt: „Keine Wendemöglichkeit für Lkw“. Darüber das weiße T mit rotem Querbalken auf blauem Grund: Sackgasse.
Das war nicht immer so. Früher war es eine Durchfahrtsstraße. Durchschnitten wird sie heute von der Schleifenstraße. Die beiden Teilstücke der Straße geben ein sehr unterschiedliches Bild ab. Südlich der Nagahama-Allee entstand vor einigen Jahren der Martinipark mit zahlreichen Angeboten wie dem Werkraum und Flächen für Unternehmen. Die Wohngegend ist schick, die Gebäude neu. Seit der Sanierung des Staatstheaters befindet sich auch eine Spielstätte des Großen Hauses auf dem Gelände und die Rudolf-Steiner-Schule bringt ebenfalls Leben in die südliche Schäfflerbachstraße.
Trockenhaube steht noch im ehemaligen Friseursalon
Auf dem Teilstück nördlich der Schleifenstraße Richtung Innenstadt stehen dagegen viele Läden leer. Ein Schild für eine Lotto-Annahmestelle, wo keine Annahmestelle mehr ist. Lamellen vor den Schaufenstern, heruntergelassene Rollläden. In einem ehemaligen Friseursalon hängen noch die Spiegel an den Wänden. In der Mitte des Raumes steht einsam eine Trockenhaube.
Vor dem Tattooladen Zaki Ink. stehen zwei große Kisten mit verpackten Utensilien. Gerade trägt Inhaber Hannes Zakrozewski den Bildschirm seines Rechners aus dem Laden.
„Nein, wir ziehen nicht aus“, sagt Zakrozweski. „Wir fahren nur auf eine Tattoomesse übers Wochenende.“ Er findet: „Die Straße hier ist voll im Kommen.“ Seit knapp fünf Jahren tätowiert der Berliner seine Kundschaft in der Schäfflerbachstraße. „Ich habe schon mal darüber nachgedacht, mir etwas in der Innenstadt zu suchen. Aber unsere Kunden kommen aus ganz Bayern zu uns. Wir sind nicht auf Laufkundschaft angewiesen“, sagt er. „Außerdem hat die Straße ein super Flair. Es ist chillig.“
Er schätzt besonders die Nähe zur City-Galerie. Was ihm hier fehlt, ist ein Café oder ein Restaurant. Aber die Gastronomie in der Straße steht seit Jahren leer. Entwickelt hat sich die Straße seiner Meinung nach zum Guten. „Es wurde viel saniert. Früher war das alles mehr heruntergekommen.“ Zakrozweski wohnt auch in der Gegend. Umziehen würde er nur, um irgendwann mal aufs Land zu ziehen. Auf der anderen Straßenseite packt Kerem Bilior gerade seine Kücheneinrichtung in Umzugskartons. Der 27-jährige Student hat hier zwei Jahre in einer WG gewohnt. Jetzt will er weg. „Die Lage an sich ist gut. Man ist zentral, aber nicht direkt in der Innenstadt. Es ist also recht ruhig. Aber die Nachbarschaft ist sehr anonym.“ Für ihn hat die Straße durch die Sanierungen Charakter eingebüßt. „Jetzt sehen alle Häuser gleich aus.“ Obwohl er nur zwei Jahre hier gewohnt hat, hat er eine Veränderung festgestellt. „Draußen sieht man jetzt viele junge Pärchen. Noch vor ein/zwei Jahren waren die Menschen durchmischter.“
Zu wenig Parkplätze in der Schäfflerbachstraße
Deutliche Worte findet Bilior beim Thema Parkplätze: „Die Situation ist eine Katastrophe. Da müsste dringend eine Lösung gefunden werden.“ Mit dieser Einschätzung ist er nicht alleine. Gudrun und Albert Fischer sind mit ihrem Fahrradhandel vor knapp einem Jahr in die nördliche Schäfflerbachstraße gezogen. Für sie hat die Straße viel Verbesserungspotenzial - unter anderem beim Thema Verkehrsführung und Parkplätze.
„Die Situation mit den parkenden Autos ist ein Drama“, sagt Gudrun Fischer. „Wenn wir Lieferungen bekommen, kommen die Wagen teilweise weder vor noch zurück. Eine Wendemöglichkeit gibt es auch nicht. Aber auch ohne Lieferverkehr wird hier ständig gehupt.“ Die Lage in der Schäfflerbachstraße sei insgesamt nicht schlecht für ihr Geschäft, so Gudrun Fischer. „Es wäre nur schön, wenn sich in der Nachbarschaft etwas verbessern würde. Als wir hierher kamen, hieß es, dass sich was tun werde, beispielsweise mit der leer stehenden Gastronomie gegenüber. Das sieht schon sehr heruntergekommen aus. Passiert ist bis heute nichts.“
Einer, der die Schäfflerbachstraße seit vielen Jahren kennt, ist Robert Knöpfler. Er übernahm 1996 die Orgelbauwerkstatt von Rudolf Kubak. Seitdem schlägt auch er sich mit der Verkehrssituation herum. „Das ist seit Jahren ein großes Ärgernis“, sagt er. „Wenn ich Holzlieferungen bekomme, kommt der Lkw kaum um die Kurve und meine Mitarbeiter finden nur schwer einen Parkplatz.“ Außerdem verengen die parkenden Autos die Straße so, dass sie nur noch einspurig befahrbar ist. Ärger ist programmiert.
Er hat auch den letzten Gastronom kommen und gehen gesehen, der es in der Schäfflerbachstraße versucht hat. „Der hat zugemacht, als die City-Galerie kam“, erinnert sich Knöpfler.
Die Zeiten der Eckkneipe in der Schäfflerbachstraße sind vorbei
„Ich glaube auch nicht, dass sich dort wieder Gastronomie ansiedelt. Früher war dort eine typische Eckkneipe, wo Menschen aus dem Viertel ihr Feierabendbier getrunken haben. Diese Zeiten sind vorbei. „Als die Schleifenstraße kam, haben wir befürchtet, dass das unseren Teil der Straße in gewisser Weise abschneidet. Genau das ist eingetreten.“
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