
MAN in der Krise: Deshalb geriet der Motor gewaltig ins Stottern

Plus Bis zu 1800 Stellen sind bei MAN Energy Solutions in Augsburg gefährdet. Die Krise der Kreuzfahrtindustrie schlägt sich nieder. Was ist jetzt zu tun?

Die Firma MAN Energy Solutions gehört zu den größten Arbeitgebern in der Stadt Augsburg. 3950 Personen sind am Stammsitz des Unternehmens in Augsburg tätig. Nun droht ein massiver Stellenabbau. Bis zu 1800 Arbeitsplätze stehen laut Firmenleitung auf dem Spiel. Der Abbau könnte bis zum Jahr 2023 vollzogen sein. Die Sorge ist groß, wie es beim Unternehmen weitergeht. Auch die Politik ist alarmiert.
Die bayerische Arbeitsministerin Carolina Trautner (CSU) verspricht zumindest, „dass die Staatsregierung die Umstrukturierungsprozesse nach Kräften begleitet und Unterstützung anbietet, wo immer es sinnvoll und möglich ist“. Immerhin ist die Firma ein Augsburger Traditionsunternehmen. Das Kürzel MAN stand einst für Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg. Und vielen Augsburgern dürfte nach wie vor der frühere Namen MAN Diesel & Turbo vertraut sein. MAN Energy Solutions ist Hersteller von Schiffsmotoren und baut Kraftwerke. Lösungen in zukunftsweisenden Energiefragen sind ein weiterer Geschäftsbereich. Dieser Geschäftsbereich drückt sich mittlerweile eben auch im Namen aus.
MAN-Betriebsrat: Die Lage war vor Corona schon angespannt
Bei einer Runde mit Gewerkschaftsvertretern hatte Betriebsrat Tim Kattner vor einigen Wochen die aktuelle Lage so beschrieben: „Bereits vor Corona ist die Lage angespannt gewesen.“ Dies gelte vor allem für den wichtigen Markt der Schiffsmotoren. Und da die Kreuzfahrtindustrie nun sehr stark unter Corona leide, würden nahezu keine neuen Schiffe gebaut. Dies spüre das Unternehmen gewaltig. Die Fertigung in Augsburg ist ein Kraftakt: Produkte, die im Werk hergestellt werden, wiegen mehr als 100 Tonnen. Einige Exemplare bringen es auf stolze 250 Tonnen. Es handelt sich um Dieselmotoren und Turbomaschinen. Die Motoren made in Augsburg werden weltweit ausgeliefert. Der Transport der Maschinen läuft in Etappen.
Von Augsburg geht es entweder über die Straße oder die Bahn. Viele Jahre lang brachten ausschließlich Schwertransporter die Motoren in Nachtfahrten nach Heilbronn. Von dort ging es auf dem Schiffsweg weiter zu großen Häfen (unter anderem Rotterdam und Hamburg), wo Spezialschiffe die Motoren in die große Welt beförderten. Ende 2018 wurde ein neues Schwerlastzentrum am Standort Augsburg eingeweiht. MAN Energy Solutions setzt jetzt auch auf die Bahn. Ein Spezialtransporter bringt mittlerweile Dieselmotoren auf dem Schienenweg nach Mannheim, wo sie ebenfalls auf ein Schiff verladen werden.
Mit der Änderung des Firmennamens wurde zudem der Einstieg in den Energiesektor ausgebaut. Dies zeigt sich in Augsburg bereits an einer Partnerschaft mit einem anderen Unternehmen. MAN Energy Solutions stieg im Frühjahr 2019 beim Augsburger Unternehmen H-Tec Systems ein. Diese Firma produziert Geräte, die Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff umwandeln. Das Geschäftsfeld mit Wasserstoff sei für MAN Energy Solutions hochinteressant, hieß es. Die MAN arbeite intensiv an diesen Zukunftstechnologien.
MAN Energy Solutions in Augsburg: Die Politik will helfen
Unterstützung für die Mitarbeiter, die um ihren Arbeitsplatz bangen, kommt nun von Augsburger Bundes- und Landespolitikern. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich sagt: „Für den Moment ist wichtig, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden.“ Dazu sei das wesentlich ausgeweitete Instrument der Kurzarbeit ebenso geeignet wie der Abbau von Arbeitszeitkonten. Ullrich verweist auf Konjunkturprogramme, die vom Bund und der Europäischen Union aufgelegt wurden. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr lässt verlauten: „Wie wäre es, wenn die gesamte Flotte der Stadt Augsburg nur noch mit Gas betrieben würde? Dieses Gas könnte von der MAN Energy Solutions kommen, die ja mit ihrer Power-to-Gas-Technologie Weltmarktführer für diese innovative Art der Energiegewinnung und -speicherung ist.“

Stephanie Schuhknecht, Landtagsabgeordnete der Grünen, sagt: „Dass MAN Energy Solutions aufgrund der brachliegenden Schifffahrtstourismusbranche und dem eingebrochenen Welthandel im Schiffsverkehr massive Probleme bekommen wird, war abzusehen.“ Bedauerlich sei, dass die laut Schuhknecht bei MAN in der Schublade liegenden Konzepte für zukunftsweisende neue Kraftstoffe, Schiffsmotoren mit Wasserstoffantrieb oder Modelle zur Energiespeicherung durch Power-to-Gas-Anlagen jetzt nicht mit Nachdruck umgesetzt würden, sondern man auf Stellenabbau setze.
Die heutige Firma MAN Energy Solutions SE ist im März 2010 aus einer Fusion der ehemaligen MAN-Unternehmen MAN Diesel SE und MAN Turbo AG unter dem Namen MAN Diesel & Turbo SE entstanden. Im Juni 2018 wurde der Name des Unternehmens dann in MAN Energy Solutions SE geändert. Das Unternehmen gehört seit 2011 zum VW-Konzern.
Rudolf Diesel und die lange Firmengeschichte
Wer über die lange Firmengeschichte spricht, der kommt an einer bedeutenden Person nicht vorbei: Rudolf Diesel. Der Dieselmotor wurde von ihm in Augsburg erfunden. Am 27. Februar 1892 hatte der Ingenieur Rudolf Diesel in Berlin sein Patent eingereicht. Im MAN-Museum, das in der Stadtbachstraße sitzt, wird an diese Vergangenheit erinnert.
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