
Augsburg setzt beim Straßenverkauf auf ein eigenes Mehrweg-System

Plus Seit Januar müssen Gastro-Betriebe ab einer bestimmten Größe Mehrwegverpackungen anbieten. Die Stadt hat ein System entwickelt, doch noch hapert es an der Akzeptanz.
Er fasst 0,4 Liter, ist transparent und mit Konterfeis in schwarzer Farbe bedruckt: 35.000 "Augsburger Becher" waren im Sommer bei der Kanuslalom-WM am Eiskanal im Einsatz. Die Stadt nutzte die sportliche Großveranstaltung, um das Mehrwegbecher-System zu testen, nun soll es im gesamten Stadtgebiet zum Einsatz kommen. Die Hoffnung ist, dass sich möglichst viele Gastronominnen und Gastronomen beteiligen. Doch weil seit Januar bundesweit eine Mehrwegpflicht für Essen und Getränke zum Mitnehmen gilt, haben sich viele Wirte und Veranstalter längst eigene Gedanken über wiederverwertbares Geschirr gemacht.
Die neue Regelung betrifft Restaurants, Cafés, Imbissbetriebe oder Lieferdienste ab 80 Quadratmetern Verkaufsfläche oder mehr als fünf Beschäftigten. Sie müssen seit diesem Jahr Mehrwegverpackungen als Alternative zu Einweggeschirr anbieten. Hintergrund: Im To-go-Bereich werden in Deutschland laut Bundesumweltministerium täglich 770 Tonnen Müll produziert. Auch in Augsburger Mülleimern besteht knapp ein Viertel aller Abfälle aus Kunststoffen, darunter größtenteils Einweggeschirr, wie 2018 eine Untersuchung der Abfallkörbe an Straßen und Plätzen ergab. Während Corona seien diese Mengen weiter gestiegen.
Den Augsburger Becher gibt es für eine Pfandgebühr von zwei Euro
Der "Augsburger Becher" könnte die Flut eindämmen: Der Kunde bzw. die Kundin bekommt gegen eine Pfandgebühr von zwei Euro ein Kaltgetränk im Mehrwegbecher. Gibt man ihn zurück, bekommt man das Pfand wieder - oder ein neues Getränk im Kunststoffbecher. Ähnlich wie beim Recup-System, das die Stadt vor einigen Jahren für Heißgetränke bzw. Gerichte einführte, kann man das Gefäß bei allen teilnehmenden Gastro-Betrieben zurückgeben. Bei der Kanuslalom-WM funktionierte dies gut, man habe durch den Einsatz des Mehrwegsystems "erhebliche Mengen an Einweg-Plastikabfall vermieden", heißt es aus dem Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungsbetrieb (AWS). Eine Umfrage unter den Besuchern habe zudem ergeben, dass das System Zukunft haben könnte.
97 Prozent der 350 Befragten gaben demnach an, den Mehrwegbecher auch in anderen Bereichen nutzen zu wollen - zum Beispiel bei anderen Großveranstaltungen oder beim Kauf von Mitnahmegetränken in der Innenstadt. Der Schwund lag mit 4000 Exemplaren bei rund elf Prozent und deckte sich mit den Erfahrungen anderer Kommunen, die Mehrwegbehälter auf den Markt gebracht haben. Manche Nutzer nähmen den Becher mit nach Hause. Dieser Effekt nehme aber nach einiger Zeit ab, so der AWS.
In der Innenstadt ist der Augsburger Becher seit August 2022 zu haben, bislang beteiligen sich neun Gastro-Betriebe. Auf einer Info-Veranstaltung kommende Woche sollen weitere Wirte überzeugt werden. Weil die bundesweite Mehrwegpflicht seit Januar gilt, haben viele längst ihr eigenes System eingeführt. In den neun McDonald´s-Filialen zum Beispiel, die Tim Hendrikx in und um Augsburg betreibt, wurde schon Ende vergangenen Jahres eine eigene Mehrwegvariante für Getränke und Nachspeisen etabliert. Bislang sei die Nachfrage gering, aus Erfahrung weiß Hendrikx aber, dass sich das entwickeln wird.
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Auf dem Augsburger Stadtmarkt schlossen sich mehrere Wirte zusammen
Auf dem Stadtmarkt haben sich mehrere Gastronomen zusammengeschlossen und Mehrweg-Plastikboxen bestellt. Armin Steigerwald vom Thai-Imbiss Chuleephan's in der Viktualienhalle hat seit Jahren Mehrwegboxen aus Plastik und Glas im Angebot, für diejenigen, die das Essen nicht im Stadtmarkt zu sich nehmen wollen. Oft bringt die Kundschaft auch eigene Dosen mit. Daneben bietet er günstigere Aluschalen an. "Die sind mir aber schon immer ein Dorn im Auge. Man muss sich nur überlegen, wie viel Müll da im Lauf der Jahre zusammenkommt." Deshalb begrüßt er die Mehrwegpflicht - auch wenn er nicht genau weiß, ob die Stände auf dem Stadtmarkt unter die Regelung fallen oder nicht. "Wird nur der einzelne Stand betrachtet, fallen wir aufgrund der Größe nicht darunter." Werde die Halle an sich betrachtet, sei es anders.

Von einer verhaltenen Nachfrage spricht Dennis Müller, Vorstandsmitglied der Enchilada-Gruppe. "Wir erkennen aber, dass so Müll reduziert werden kann, und wollen mitgehen." Man habe verschiedene Anbieter getestet, um Franchise-Nehmern alternative Lösungen anbieten zu können. Enchilada, Aposto und Ratskeller haben sich in Augsburg für "Vytal" entschieden - eine Mehrweglösung ohne Pfand, bei der der Kunde eine App herunterladen muss und so Schalen und Becher leihen kann. Das Wirtshaus Riegele hat sich für ein anderes System entschieden, das ebenfalls über App funktioniert. Beim FCA dagegen kommen künftig nur noch Pfandbecher zum Einsatz, auch hier setzt man aber auf ein eigenes System. Geht es nach der Stadt Augsburg, sollen weitere solche "Insellösungen" vermieden werden. Je mehr Betriebe den Augsburger Becher nutzen, desto flexibler könnten Konsumentinnen und Konsumenten ihn verwenden.
Die Diskussion ist geschlossen.
"Beim FCA dagegen kommen künftig nur noch Pfandbecher zum Einsatz, auch hier setzt man aber auf ein eigenes System."
Da jeder Becher der nicht mehr zurück gebracht wird Geld einbringt, werden sich die Insellösungen nicht vermeiden lassen. Erst wenn die Unternehmen gezwungen werden wie damals bei den Einwegflaschen alles zurückzunehmen und nicht nur die eigenen wird die Umwelt einen Vorteil haben.