
Auf dieser Messe schlagen die Herzen der Lokalpatrioten höher

Plus Exzeptionelles aus der Reichs- und Druckerstadt Augsburg wird auf der renommierten Antiquariatsmesse in Stuttgart angeboten. Ein Blick in den Katalog.

Lokalpatrioten gibt es wohl in jeder Stadt. Aber nicht jede Stadt hat solch eine lange – und alles andere als unrühmliche – Kulturgeschichte zu bieten wie Augsburg. Dies wird jetzt auch wieder anlässlich der hochkarätigen Antiquariatsmesse Stuttgart deutlich, bei der 76 Händler von drei Kontinenten ihr Angebot an wertvollen Büchern, Autografen und Grafik unterbreiten.
Zahlreiche Antiquariate führen Augsburgiana
Auch diese Messe muss heuer digital stattfinden; ein umfangreicher Katalog liegt gleichwohl in Druckform vor. Aus ihm stellen wir hier einige Augsburgiana vor, die direkt oder indirekt das einstige und heutige Ansehen der ehemaligen Reichsstadt dokumentieren. Liebhaber Augsburgs können – nach Prüfung ihrer Finanzlage – ab sofort bestellen. Beginnen wir vergleichsweise günstig:
Nachdem die Augsburger Wassertechnik in die Unesco-Welterbeliste eingereiht ist, dürfte des städtischen Brunnenmeisters Caspar Walter „Architectura Hydraulica Oder: Anleitung zu denen Brunnenkünsten“ (1765) gesteigertes Interesse hervorrufen. Gedruckt in Augsburg und mit 32 gefalteten Kupfertafeln versehen. Ein Exemplar der einzigen Auflage wird vom Augsburger Antiquariat Wanzke für 1500 Euro angeboten. Altkolorierte Kupfertafeln, fünf an der Zahl, schmücken auch ein Papiertheater/Diorama von Martin Engelbrecht (um 1750), detailreich darstellend eine Reiterschlacht in einem Guckkasten. 1400 Euro erwartet dafür das Antiquariat Haufe & Lutz aus Karlsruhe.

Nicht von einer Kupfer-, sondern von einer Eisenplatte wurden Venus und Merkur des Augsburger Hans Burgkmair des Jüngeren (*1500) gedruckt. Die kleinformatige Grafik soll im Antiquariat Hanno Schreyer (Bonn) 1200 Euro kosten.
Zehn Jahre nach der Geburt von Burgkmair d. J. ließ der ewig klamme Kaiser Maximilian I. ein Schreiben an die Teilnehmer des Augsburger Reichstags von 1510 verschicken, darin unter anderem den Landfrieden anmahnend sowie die tatsächliche Erfüllung der finanziellen Zusagen für den Unterhalt eines stehenden Heeres von 50000 Mann auf zehn Jahre. Gedruckt wurde die – mit Holzschnitt-Faksimile-Unterschriften versehene – Schrift auf drei Blättern von dem kaiserlichen Buchdrucker Erhard Oeglin in Augsburg. Ausgezeichnet mit 4200 Euro vom Antiquariat Stefan Müller (Mönchengladbach).
In fünf Auflagen (und diversen Nachdrucken) ist Leopold Mozarts „Versuch einer gründlichen Violinschule“ erschienen, gedruckt bei Lotter in Augsburg. Das Musikantiquariat Ulrich Drüner (Stuttgart) bietet nun die Erstausgabe von 1756 (W. A. Mozarts Geburtsjahr) für 4900 Euro an.
Mit 118 Holzschnitten berühmter Meister
Mehr Kaufkraft verlangen hingegen folgende drei Objekte:
der Wiegendruck „Disticha de moribus“, eine bis ins 19. Jahrhundert als Schullektüre eingesetzte moralisierende Spruchsammlung auf Latein, die auf den römischen Feldherrn Cato zurückgeführt wird. Auch Anton Sorg ließ sie 1475 in Augsburg drucken, in Gotico-Antiqua, übernommen von der Presse des Klosters St. Ulrich und Afra. Das Antiquariat Artfinding (Dreiheide) setzt die Inkunabel fest auf 15600 Euro.
die illustrierte Übersicht zu den vierbeinigen Landwirbeltieren des Johann Elias Ridinger (1698–1767), gedruckt 1768 in Erstausgabe von 127 Platten, mit Übersetzung ins Französische. Das Antiquariat Hordern House (Sydney) zeichnet sie mit 36000 Euro aus.
der sogenannte „Theuerdank“ in Erstausgabe 1517 auf Pergament, entstanden in Nürnberg und in Augsburg, wo Hans Schäufelein, Hans Burgkmair d. Ä. und Leonhard Beck 118 Holzschnitte entwarfen – im vorliegenden seltenen Exemplar (alt)koloriert sowie mit Gold und Silber illuminiert. Diese offensichtlich exzeptionell erhaltene Allegorie auf die ritterlichen und heldenhaften Taten Kaiser Maximilans I., eine Propagandaschrift, hat ihren Preis: 850000 Euro bei Jörn Günther Rare Books (Basel).
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