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Ausstellung: Diese Stühle verweigern sich der Besitznahme

Ausstellung

Diese Stühle verweigern sich der Besitznahme

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    Auf diesen Stühlen sollte niemand Platz nehmen (von links): Anja Güthoffs „Platzhalter“, Norbert Kienings „zwiespältiger Thron“ und Turid Schuszters „mein Lehrstuhl“ stehen in der BBK-Kunsthalle fürs Thema „Sitzen“.
    Auf diesen Stühlen sollte niemand Platz nehmen (von links): Anja Güthoffs „Platzhalter“, Norbert Kienings „zwiespältiger Thron“ und Turid Schuszters „mein Lehrstuhl“ stehen in der BBK-Kunsthalle fürs Thema „Sitzen“.

    Voriges Jahr wurde „aufgetischt“ in der BBK-Kunsthalle im Abraxas, dieses Jahr hat sich der Berufsverband Bildender Künstler das Sitzen als Thema gestellt. Noch vielfältiger sind beim Stuhl die Bedeutungen vom simplen Sitzmöbel bis zum herrscherlichen Thron und dem privilegierten Heiligen Stuhl. Für 50 Künstlerinnen und Künstler war es eine wahre Lust, hier zu sondieren. Teils nutzten sie ihn als Projektionsfläche und teils als skulpturales Angebot – also jenseits aller Funktion.

    Liegestühle mit Hasendraht oder Jalousien bespannt taugen nicht zum Ausruhen (Anna Ottmann), der Sitz über unserem Müllberg lässt in erhöhter Position immerhin die traurige Wirklichkeit ausblenden. Eine Sitzfläche gespickt mit Dornen meide man tunlichst, doch das Leben mutet sie uns manchmal zu. Und die Skulptur aus Spitzhacken und Blech verweigert sich total der Inbesitznahme. Biografische Erinnerungen steigen auf etwa an die Schulbank als Ort des Lernens (Ines Roller) oder der von Büchern ummauerte Lehrstuhl (Turid Schuszter). Das ganze Leben spielt sich auf Stühlen ab und das ergibt bei Claudia Geßner ein überhohes, fragiles Gebilde aus Kindersitz, Gehstock und Prothese.

    Manchmal ist der Stuhl schon besetzt wie bei Anja Güthoffs Gestalt aus schwarzen Kabeln auf einem Polstersessel. Oder mit dutzenden von Spielfigürchen belegt – ein reizvolles Spiel verschiedener Dimensionen. Mitunter genügt eine bloße Aufschrift, um zu signalisieren, ob man sich setzen darf oder nicht (Brigitte Weber). Es gibt ja Stühle, die bestimmten Personen vorbehalten sind: der zierliche Thron aus Messingrohr für Queen Elisabeth (Ute Biechler), der von sakraler Aura geweihte Heilige Stuhl mit einer Bibel als Lehne und goldenem Sitz (Ingrid Olga Fischer) oder das elegante Terrakotta-Stühlchen (Ingeborg Prein). Zur Dekonstruktion schreitet munter Elisabeth Röder mit einem Mini-Rattanstuhl mit Napoleon als Kronzeuge: „Ein Thron ist nur eine Bank, die mit Samt garniert ist.“

    Mancher Künstlerstuhl entzieht sich jeglicher Benutzung, weil er einen Beinbruch erlitten hat (Klaus Konze) oder seine Beine abgeklappt von sich streckt (Katinka Molde). Unbequem wird es auch auf Nina Zeilhofers Stuhl, denn er kippelt mit einem Bein auf Scherben; bei Besitz es ginge etwas zu Bruch. Zum Sitzen zwischen den Stühlen fordert Norbert Kiening mit einem gespaltenen Holzblock („zwiespältiger Thron“) auf. Stühle werden in ihre Einzelteile zerlegt, nach ihren Bauprinzipien kühl seziert (Liliana Mesmer) oder en miniature nachgebaut mit Knetmasse in einer Modelllandschaft.

    Visionen, wie man mit Stühlen als Mensch vom Boden aufstehen kann, sich aufrichtet und weit blickt, entwickelten bei der Vernissage Astarte Posch und Nicola van Straaten (Berlin) reizvoll in ihrer Performance.

    bis 13. Oktober; geöffnet Dienstag bis Sonntag 14 – 18 Uhr.

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