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Kabarett: Gerhard Polt, die Kabarett-Granate

Kabarett

Gerhard Polt, die Kabarett-Granate

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    Der Mann ist eine Kabarett-Granate. Immer noch. Sein subtiler, schneidender, oft hinterfotziger Humor hat sich im Lauf der Jahre nicht geändert. Gerhard Polt ist so, wie man ihn aus der Fernsehserie „Fast wia im richtigen Leben“ und aus den Filmen „Kehraus“ und „Man spricht deutsh“ kennt.

    Zusammen mit den Well-Brüdern Christoph, Michael und Karl bildet er eine Symbiose, die in Bayern und vielleicht sogar deutschlandweit unschlagbar ist. Wenn Polt und das Brüdertrio den Großkopferten und den Politikern, ob AFD, ob SPD oder CSU, den Marsch bläst, dann bleibt kein Auge trocken. Und die Gstanzln der Well-Brüder sind lustig, gehen aber doch ins Mark. Vor allem dann, wenn sie über Bayern, die Vorstufe zum Paradies, singen. „Mir ham weichselbraune Küah grad gnua, sagt er, da ghört koa schwarz-weiße Kuah dazua, sagt er, rein farblich ghörn de net ind Landschaft nei, sagt er, und a Neger passt da a net rei.“ Die Asylpolitik ist da nicht zu überhören. Polt sitzt derweil mit seinem dunkelgrünen Janker teilnahmslos auf einem Stuhl, wie wenn er nicht dazugehört.

    Gerhard Polt teilt aus

    Täuscht natürlich gewaltig, denn der Meister ist nicht nur mittendrin, sondern voll dabei. Polt ist nicht geboren worden, um zu schonen, Polt teilt aus. Er nimmt dabei das bayerische Heiligtum Franz Josef Strauß nicht aus. Dem trieb es die Zornesröte ins Gesicht, als Polt in den 1980er Jahren in der Satire-Sendung Scheibenwischer die Aufsichtsrats-Mitglieder der Rhein-Main-Donau AG, Max Streibl und Anton Jaumann, mit Bestechlichkeit in Verbindung brachte. Strauß schrieb daraufhin einen beleidigten Brief an die ARD. Jetzt in der Gersthofer Stadthalle, im mit über 900 Besuchern ausverkauften Saal, spricht Polt immer noch über Strauß und wie der, nachdem er beim Oktoberfest sieben Maß Weizen getrunken hatte, im Hubschrauber implodiert ist. „Im Abgang nachtragend“ nennt sich die Aufführung, zu der Polt einen Beaujolais trinkt, den er mit einem zünftigen „Boschole“ runterkippt.

    Polt nähert sich der menschlichen Natur und sagt, dass der Mensch an und für sich gut ist, „aber die Leut sind ein Gesindel“. Er spricht über seinen Nachbarn, den Künstler Ramsl, der sich nicht an die Grillverordnung hält. Polt hat festgestellt, nachdem er ihn mit einer Drohne überwachen ließ, dass Ramsl anstatt der 18 Paar Würstl, die er grillen durfte, 28 Paar gebraten hat. „Es sind die Ramsl dieser Welt, die diese Welt zugrunde grillen“, schwadroniert Polt.

    Immer wieder schlüpft Gerhard Polt in andere Rollen an diesem Abend. Er haut den Löschwinter Karl übers Ohr, wenn er sich Geld leiht, oder er mimt den indischen Missionar, der in Bayern die Re-Christianisierung vorantreibt. Polt verschont aber auch nicht die Region, in der er auftritt. So hat er angeblich vom Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl erfahren, dass der Bau des neuen Hauptbahnhofes früher fertig ist als der Berliner Flughafen. Die Well-Brüder loben derweil das Gersthofer Publikum, das das Bayerische sogar besser beherrscht als das Hamburger Publikum. Die Well-Brüder singen über das Raumfahrtprogramm „White-Blue-Bavaria-One“ des Kommandanten „00-Söder“ und sehen darin die CSU, die in einem schwarzen Loch endet: „Das saugt mit Lichtgeschwindigkeit die schwarzen Brüder ei´ und die CSU ist CO2.“

    Die Zuschauer sind auch von der musikalischen Genialität der Well-Brüder begeistert. Ob Tuba, Harfe, Akkordeon oder Alphorn – jeder Ton sitzt. Nach über zwei Stunden verabschieden sich die Künstler auf der Bühne. Die Zuschauer auf den Plätzen erheben sich. Ein 76-jähriger Mann und seine etwas jüngere Gefolgschaft haben ganze Arbeit geleistet. Darauf einen „Boschole“.

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