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Interkulturelles: Wo Augsburg vielfältig und harmonisch klingt

Interkulturelles

Wo Augsburg vielfältig und harmonisch klingt

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    Eine neue Hymne auf Augsburg trug die Band „Miss Grace“ mit Sängerin Grace Patricia Malone vor (Bild links). Das freche Tanzlmusik-Trio ScheinEilig der Familie Hegele aus Violau führte die Elisabeth aufs Parkett (Bild rechts).
    Eine neue Hymne auf Augsburg trug die Band „Miss Grace“ mit Sängerin Grace Patricia Malone vor (Bild links). Das freche Tanzlmusik-Trio ScheinEilig der Familie Hegele aus Violau führte die Elisabeth aufs Parkett (Bild rechts).

    Die Reise hält an: Der Internationale Künstlerinnen- und Künstler-Empfang der Stadt Augsburg am Aschermittwoch ist von der Kresslesmühle einst in den Goldenen Saal gewandert und 2019 ins Textil- und Industriemuseum (tim). Mit gutem Grund, denn hier wird von Mai bis Oktober die Ausstellung „Augsburg 2040 – Utopien einer vielfältigen Stadt“ gezeigt. Das sei „eine Exploration, wie wir in zwanzig Jahren miteinander leben wollen“, erklärte Hausherr Karl Borromäus Murr zur Begrüßung. Der Augsburger städtische Referent für Umwelt, Nachhaltigkeit und Migration, Reiner Erben, revanchierte sich mit dem Kompliment, das tim und sein Leiter Murr seien „ein wichtiger Akteur interkultureller Arbeit“.

    Der vielfältigen kulturellen Szene in der Stadt bot es am Aschermittwoch die ganz große Bühne. Angefangen bei der neuen Hymne auf Augsburg, die „Miss Grace“ alias Grace Patricia Malone mit soulig-bluesigem Schmelz als eine Liebeserklärung („Hier bin ich geboren, hier fühle ich mich wohl“) vortrug.

    Jugendlicher noch besang die 19-jährige Selin Üstün die Lippen, die nicht verstellen können. Eine gewisse Herbheit liegt in ihrer Stimme samt einem melancholischen Blick zurück und verträumter Stimmung. Ihre Band lieferte dazu karibischen Groove. Einer davon, der Neapolitaner Riccardo Ferrara, bewährte sich auch als Troubadour mit Gitarre mit zärtlichen Canzoni.

    Klassische Stimmkunst bewies die Sopranistin Olena Sloia vom Ensemble des Staatstheaters. Mühelos steigt sie nicht nur zu Spitzentönen hoch, in der „Wahnsinnsarie“ temperierte sie auch ihren Gesang zwischen erregter Leidenschaft und fast tonloser Verzweiflung. Ivan Demidov verschaffte ihrer virtuosen Gesangsakrobatik als Klavierbegleiter eine sichere Grundlage.

    Mit dem Augsburger Vibrafonisten Wolfgang Lackerschmid hat sich der Münchner Schauspieler für eine beklemmende Lesung „Das andere Leben“ eines Überlebenden des KZ zusammengetan. Man hört den Regen tropfen und das Herz vor Angst klopfen und den Schmerzensschrei der Todeskandidaten. Es ist die Autobiografie des Juden Solly Ganor, der im KZ-Außenlager Landsberg ansehen musste, wie Kameraden auf der Baustelle einer geheimen Waffenfabrik im flüssigen Beton untergingen. Über 60000 Schüler hätten diese Lesung schon gehört – nur noch nicht in Schwaben, wie Moderator Horst Thieme anmerkte.

    Leichtfüßiger klang der Poetry Slam von Ezgi Zengin. Bei aller Liebe zu Augsburg („du bist einzigartig“) entdeckt die Abiturientin doch auch spießige Seiten an ihrer Stadt. Der japanischen Meisterin des Aufräumens widerspricht die Slammerin, wo es um Jugenderinnerungen geht. Ausmisten dürfe man indes das alte Patriarchat, ungleiche Gehälter und den Paragraf 219a. Ihre Zungenfertigkeit stellte auch das Viererkollektiv „Dem HipHop sein Haus“ unter Beweis. Es ist Freestyle – „keine Ahnung, was passiert, aber ich bin inspiriert“. Völlig spontan entspann sich unter Sophie Te, Lou Zehn, Rapatoi und Raimler Benz ein Battle um die besten Verse.

    Musikalisch steckten sich die drei Jazzer Tom Jahn, Bernhard Funk und Tilman Herpichböhm alias Los Molineros mit treibendem Jazz vom Feinsten an. Mit kaum variierten Ostinato-Tönen erzeugten sie eine mächtig groovende Klangkulisse. Gemütlich wurde es dann beim Violauer Trio ScheinEilig mit Martin, Johannes und Stefan Hegele, die mit Trompete, Akkordeon und Helikon in bayerische Tanzschritte verfielen und die Elisabeth mit den schönen Beinen samt Hiatamadl ausführten.

    Die alte Heimat ist dem Künstlerempfang übrigens nicht verloren. Margret Spohn, Leiterin des Büros für Migration, Interkultur und Vielfalt, stellte in Aussicht, dass die Kresslesmühle nach der Sanierung im Juni wieder bezogen werden kann. Derweil läuft unter ihrer Regie auf höchsten Touren das EU-Projekt „Zusammen in Augsburg“.

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