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Kabarett: Dieter Nuhr findet es „okay hier“

Kabarett

Dieter Nuhr findet es „okay hier“

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    Mit jungenhaftem Charme erreicht Dieter Nuhr sein Publikum.
    Mit jungenhaftem Charme erreicht Dieter Nuhr sein Publikum. Foto: Annette Zoepf

    „Alarmismus brauchen wir nicht mehr“ – denn Wut, enthemmte Empörung und Hysterie gehen Dieter Nuhr schon lange gewaltig auf die Nerven. Sein Kampf gegen die „Jammerlappen-Mentalität“ ist schon lange das Lieblingsthema des Komikers, der mit dem aktuellen Programm „Nuhr hier, nur heute“ sein 30-jähriges Bühnenjubiläum feiert. Denn, so konstatiert er, „die Welt ist kontinuierlich besser geworden“. Warum also das ewige Herumjammern, fragt Nuhr.

    Früher stand man an der Theke, heute ist man im Internet

    Um sich herum beobachtet der Rheinländer angeblich blanken Irrsinn. Klimawandel, Umweltschutz, Verkehrspolitik? Alles nur „Hysterieblasen“ laut Nuhr. Ängste und Wut beherrschen die Deutschen, jedenfalls die „Irren“ in der Echokammer Internet. „Früher stand der klassische Bekloppte an der Theke und sprach in sein Glas. Da hatte er höchstens einen Follower – den Wirt.“

    Der Komiker hält die gesamte Gesellschaft für hysterisch und hält mit Statistik dagegen. Es herrsche schließlich Frieden, Hunger sei weltweit auf niedrigstem Niveau und der Umwelt ginge es besser denn je. Mit Blick von außen wirbt der Vielreisende für ein positives Deutschlandbild mit der Erkenntnis: „Es ist okay hier!“ Die tägliche Bilderflut der Medien löse diese Angst aus, die zu hysterischen Reaktionen führe. Überbehütende Eltern riefen nach einem überbehütenden Staat, der alles gesetzlich regeln solle, was an lebensverkürzenden Bedrohungen auftaucht. Nuhrs Einwand: Als lebensverkürzend wirke ja nicht nur Feinstaub, sondern auch Salami und Alkohol. Und die Luftverschmutzung, betont er, sei seit den 60er Jahren sogar deutlich zurückgegangen.

    Mit jungenhaftem Charme erreicht Nuhr, dem die ARD zwei regelmäßige Sendungen spendiert, ein großes, hier in der Kongresshalle vor allem älteres, Publikum. Seine Thesen und Beschimpfungen muss man nicht teilen, um sich bei seinen Pointen zu amüsieren. Gern bricht er Tabus, kritisiert Islam, Verbotskultur und linke Politik, kurz: agiert deutlich außerhalb der kabarettüblichen politischen Korrektheit.

    Das Publikum lacht nicht bei jeder Pointe

    Allerdings hat der ehemalige Lehrer hier in der ausverkauften Kongresshalle ein fein differenzierendes, aufmerksames Publikum vor sich. Da wird nicht bei jeder Pointe gelacht, manche grob vereinfachende Argumentationskette wird erst mal zurückhaltend aufgenommen, mancher Witz über den Alltags-Irrwitz dagegen begeistert beklatscht. Warum dann ausgerechnet bei den zahlreichen Urologenwitzen die Lacher so befreit klingen, kann höchstens ein Psychologe beantworten. Alles prima also?

    Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Mit beliebigen Beispielen biegt sich der Comedian aus dem Rheinland, für den „Stuttgart 21 doch nur ein Bahnhof“ ist, die Welt zurecht. Kritischer Prüfung hält da so manches nicht stand. Aber politisches Kabarett möchte er ja auch nicht machen. Ihm genügt das „es ist okay hier“.

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