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Intermezzo: Kolumne: Schulabbrecher und Stararchitekt

Intermezzo

Kolumne: Schulabbrecher und Stararchitekt

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    Kolumne: Schulabbrecher und Stararchitekt
    Kolumne: Schulabbrecher und Stararchitekt

    Wann fing das an, dass die Heranwachsenden den eigenen Lebenslauf bei ihren Entscheidungen im Kopf hatten? In den 1990er Jahren? Wann fing das an, Schule, Ausbildung und Praktika so zu planen und zu takten, dass die Personalabteilungen bei Bewerbungen frohlocken sollten? Denn es ist ja doch so, dass gerade die Menschen, die nicht dem Schema folgen, die eigene Vorstellungen ausleben, die interessanten Geschichten erzählen können. Das kann sich dann zum Beispiel wie folgt anhören: Erst sitzen geblieben und dann die Schule abgebrochen. Im väterlichen Schreinereibetrieb eine Lehre begonnen, da aber am Schluss nur mit Ach und Krach durch die praktische Prüfung gekommen. Was kann aus einem Menschen nach einem solchen Start ins Leben werden? Die Antwort: einer der bekanntesten Architekten der Gegenwart – nämlich Peter Zumthor.

    Und als dieser Star des guten Bauens am Donnerstagabend im Textil- und Industriemuseum eine Stunde lang im Gespräch mit dem Museumsleiter Karl Borromäus Murr saß, war zu spüren, wie eigen und eigenständig Zumthor seinen Beruf als Architekt ausübt. Von beseelten Dingen sprach er, die einem Architekten im besten Fall glücken können. Von Gebäuden, die dann auch eine Chance haben, mit den Jahren und der Zeit an Qualität zu gewinnen. Auf sein Gestaltungsprinzip angesprochen, sagte er, dass er immer vom Ort und dessen Geschichte ausgehe, dass die Ideen einsetzen, wenn er am Bauort sei und diesen versuche zu verstehen. Und seinen Mitarbeitern bringe er erst einmal bei, den Kopf beim Planen auszuschalten und auf die eigenen Emotionen zu hören.

    Da war also ein Architekt auf dem Podium, der offensichtlich Künstler ist, der über sich sagen kann, dass ihn keine Sekunde seines Berufslebens die Angst geplagt habe, keine neue Ideen mehr zu haben. Klar, dass im Publikum sehr viele Architekten saßen. Schön wäre es gewesen, wenn ein paar Berufsplanungsberater ebenfalls zugehört hätten. Erst nach einem Studium und zehn Arbeitsjahren in der Denkmalpflege in Graubünden fing Zumthor an, als Architekt zu arbeiten. Heute sind seine Gebäude Wallfahrtsorte der Architektur.

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