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Uraufführung in Augsburg: Höflicher Applaus für "Familien Unternehmer Geister"

Uraufführung in Augsburg

Höflicher Applaus für "Familien Unternehmer Geister"

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    Die Uraufführung von “Familien Unternehmer Geister” entfaltete stellenweise Witz und Tempo.
    Die Uraufführung von “Familien Unternehmer Geister” entfaltete stellenweise Witz und Tempo.

    Es geschieht nichts, rein gar nichts. Eine Familie läuft zwar 80 Minuten lang verbal auf Hochtouren, kommt dabei aber nicht einmal einen Zentimeter vom Fleck. Hinterher ist alles genauso wie vorher. Vater, Mutter und Tochter – sie tragen zwar Namen, aber eher wie Alibis – bitten und flehen, beknien und beschwören den Sohn beziehungsweise Bruder, das Familienunternehmen zu übernehmen; er jedoch bleibt stur und sagt immer wieder nur „Nein“.

    Man lernt die Familie im Verlauf ein wenig kennen: Mama (Ute Fiedler) hat einen Hundetick, weil sich Kinder weigern, Kinder zu bekommen. Das Töchterlein (Christine Diensberg) spezialisiert sich darauf, das Warten aufs Erbe zum Mantra für Familienunternehmertöchter zu erheben. Der Sohnemann (Tjark Bernau) fährt gerne Rennboot – ein liebenswerter Bohemien, der seinen Unternehmereltern voller Groll vorwirft, dass sie ihn nicht geliebt haben. Papa (Martin Herrmann) wiederum erklärt, ihn aus Absicht nicht geliebt zu haben, auf dass er ein Vollblutfamilienunternehmer werde. Dazu hat Papa, der am liebsten Firmen gründet, auch schon Bekanntschaft mit unbequemen Bahngleisen gemacht. Doch dann stand er wieder auf, bevor der Zug kam. Ach ja: Es kriselt im Familienunternehmen, weil die Banken Kredite erst dann wieder vergeben, wenn der Senior abgetreten ist und der Junior die Zukunft verkörpert. Aber es geschieht nichts.

    „Familien Unternehmer Geister“ heißt das Stück, das von dem in Wien lebenden Schriftsteller Robert Woelfl geschrieben und vom Theater Augsburg uraufgeführt wurde. In ihm erfährt man als Zuschauer etwas über die Unternehmerfamilie, von der da die Rede ist, aber die Unternehmerfamilie selbst erfährt auf der Bühne rein gar nichts. Sie plappert vor sich hin, damit das Publikum einen Einblick in die Abgründe des Familienunternehmertums bekommt.

    Manchmal blitzt im griffigen Witz auch eine Wahrheit auf, wenn etwa die Tochter sagt: „Ich bin fürs Erben und Aussterben. Zuerst erben, dann aussterben. Das ist mein Motto.“ Aber keines der Worte löst bei keiner Figur etwas aus. Die Menschen auf der Bühne sind ohne Leben, sie besitzen nicht den Hauch davon. Sie gleichen Marionetten, die der Regisseur Ramin Anaraki eigentlich an Fäden hätte bewegen sollen, um dem Publikum zu zeigen, was für ein Stück hier gespielt wird: ein Vorführstück.

    Anaraki hat aber keine Fäden an seinen Schauspielern befestigt, sondern Mikrofone, damit jeder Satz, auch der mit dem Rücken gesprochene, noch ankommt beim Publikum. Egal wie jemand steht, egal wohin jemand geht, es spielt sowieso keine Rolle, weil es nur auf die Wortwirkung beim Zuschauer und nicht auf das Geschehen ankommt.

    Kurzweilig wünschte Anaraki dieses Nichtgeschehen zu inszenieren. Und die Bühne (Marie Holzer), ein Tapetentraum in Goldbrokat, machte anfangs Hunger auf mehr. Rasant ging es durch den Text, die chorischen Partien gefielen, weil sie eindringlich zeigten, wie Vater, Mutter, Tochter Front machten gegen den sich entziehenden Juniorunternehmer. Diesen spielte Tjark Bernau überzeugend, weil er bei aller Verweigerung immer wieder so ein Lächeln trug, das sagte, dass wenigstens er wisse, welches Stück hier gespielt werde. Aber auch flott inszeniert blieb das Nichtgeschehen ein Nichtgeschehen.

    Weitere Termine am 29. und 31. März sowie am 5., 8., 15. und 16. April auf dem Dierig-Gelände in Augsburg.

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