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Johannespassion: Johannespassion als Erlebnis: Überwältigend wie einst bei Bach

Johannespassion

Johannespassion als Erlebnis: Überwältigend wie einst bei Bach

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    In St. Anna war die Johannespassion in historischer Aufführungspraxis zu hören.
    In St. Anna war die Johannespassion in historischer Aufführungspraxis zu hören. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Selten gibt es einen Andrang wie in St. Anna am Karfreitag zur ausverkauften Johannespassion von J.S. Bach. Die Warteschlange reichte bis in die Annastraße, dennoch konnte fast pünktlich begonnen und zum Fünf-Uhr-Läuten geendet werden. Das gemeinsame Erleben der Kirchenglocken im stillen Kirchenraum war ein besonderes Erlebnis nach einem besonderen Konzerterlebnis. Diesmal spielte das Barockorchester La Banda in historischer Aufführungspraxis. Dabei wird nach historischen Quellen musiziert, auf historisch gebauten Instrumenten. Der Klang und vermutlich auch die Artikulation sind also ähnlich dem, was Bach kannte – ebenso die Lautstärke. Diese Instrumente klingen leiser, aber auch wärmer. Das Orchester war zudem kleiner und somit jeder Musiker solistisch gefordert. 

    Ein Genuss waren neben dem Originalklang das plastische Musizieren und das Verschmelzen mit dem Gesang: Aus beidem wurde ein Klangbild wie in der Alt-Arie „Von den Stricken“ mit schlängelnden Melismen, die den Gesang umgarnten und umdrängten, oder in der Tenor-Arie „Erwäge, wie sein blutgefärbter Rücken“ mit schmerzlichen schlierenhaften Schleifern. Der kurzfristig eingesprungene Tenor Oliver Kringel meisterte die Riesenpartie des Evangelisten bewundernswert. Die Rezitative waren geschmackvoll expressiv gestaltet, die Arien virtuos bewältigt. 

    Für Bachs Zeitgenossen muss die – bezüglich des antijüdischen Textes heute problematische – hochbarocke Passion überwältigend gewesen sein. Kantor Johannes Eppelein leistete als musikalischer Leiter in diesen zwei Stunden Enormes, erschuf eine nobel-intensive Atmosphäre und beließ der Musik die immanenten Lautmalereien, die klangmalerischen Inhalte, ohne sie zu forcieren. Höhepunkte waren auch die Choräle des hervorragenden Madrigalchors bei St. Anna, die mit exegetischer Dynamik gestaltet waren, ebenso die Solistenriege: Murni Suwetja begeisterte mit einem ungewöhnlich zügigen, federnden „Ich folge dir gleichfalls“, Regine Jurda mit einem bewegend innigen „Es ist vollbracht“, Raphael Sigling als jung-klangvoller Jesus und Clemens Joswig mit dem zwischenreichhaften „Betrachte, meine Seel´“.

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