Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten
Lokalsport
Icon Pfeil nach unten

Interview: Augsburger Wilfried Matzke: „Laufen ist eine Lebenseinstellung“

Interview

Augsburger Wilfried Matzke: „Laufen ist eine Lebenseinstellung“

    • |
    Die Augsburger Stadtkarte mit den besten Laufstrecken kennt Wilfried Matzke, Leiter des städtischen Geodatenamts, in- und auswendig.
    Die Augsburger Stadtkarte mit den besten Laufstrecken kennt Wilfried Matzke, Leiter des städtischen Geodatenamts, in- und auswendig. Foto: Ulrich Wagner

    Seit Wochen ist es schwer, selbst Sport zu treiben, weil coronabedingt fast alle Sportstätten geschlossen sind. Wie geht es einem passionierten Läufer wie Ihnen dabei?

    Wilfried Matzke: Einerseits freut man sich, dass viele Menschen das Laufen neu oder wieder entdeckt haben. Man sieht, dass es etliche Anfänger sind, wegen der Ausrüstung und weil sie recht schnell ins Schnaufen kommen. Zum anderen ist es sehr traurig, weil nur begrenzt Laufveranstaltungen stattfinden können.

    Wie beeinträchtigt der Lockdown die Sportler in Ihrem Leistungsvermögen?

    Matzke: Um diese Jahreszeit beeinträchtigt es die Läufer weniger, außer diejenigen, die nicht ins Trainingslager in südliche Gefilde können.

    Statt Ergebnisse sind nun Trainingstipps und Streckenvorschläge gefragt

    Eine solche Situation ist auch für Sie ungewöhnlich. Schließlich betreuen Sie die Augsburger Leichtathletik-Szene seit Jahren als Presseberichterstatter.

    Matzke: Ja, ich kann in diesem Jahr gleich zwei Jubiläen feiern. Ich laufe selbst seit 50 Jahren und mache die Presseberichterstattung seit nun genau 25 Jahren. Statt der üblichen Ergebnisberichte brachte ich in den letzten Monaten aber vermehrt anderes unter, wie etwa Trainingstipps oder Streckenvorschläge.

    Was fasziniert Sie am Job des Berichterstatters?

    Matzke: Laufen ist für mich mehr als eine Sportart, sondern eine Art Lebenseinstellung, für die ich auch andere begeistern möchte. Das war der Anstoß, mit dem Schreiben anzufangen. Dabei war das Schreiben für mich anfangs schwierig, weil ich als Vermessungsingenieur eher technikorientiert bin. Also mehr ein Freund von Zahlen und nicht so von Worten. Deshalb musste ich mich erst reinfinden.

    Doch Sie sind bisher nicht müde geworden?

    Matzke: Nein, im Gegenteil. Jetzt mit 65 Jahren naht Mitte nächsten Jahres der Ruhestand, und da habe ich dann auch ausreichend Zeit.

    Neue Techniken erleichtern Berichterstattung über die Lauf-Events

    Wie haben sich die Leichtathletik und die Berichterstattung verändert?

    Matzke: Durch die neuen Techniken – wie E-Mail statt Schreibmaschine – ist natürlich vieles einfacher geworden. Und durch die Recherche-Möglichkeiten im Internet wie Ergebnislisten oder persönliche Informationen über die Läufer. Früher musste man sie abfangen und interviewen. Jetzt erfährt man über das Internet ganz schnell, welche Erfolge der Sportler hat. Was schwieriger geworden ist, ist die Tatsache, dass die Leichtathletik nicht mehr den großen Stellenwert hat wie früher – nicht nur in Augsburg, sondern generell. Dazu kommt in Augsburg die Konkurrenzsituation zu den beiden Erstligisten im Fußball und Eishockey sowie den Kanu-Olympioniken. Das bedeutet für die Berichterstattung ein kleineres Platzangebot für den restlichen Sport.

    Lauftipps für Jogger und solche, die es werden wollen

    1. Lieber langsam
    Die meisten Anfänger laufen bzw. joggen zu schnell. Ein langsames Tempo, bei dem man sich noch bequem unterhalten kann, ist für die Gesundheit wesentlich sinnvoller. Sparen Sie als Neuling nicht mit Gehpausen und steigern Sie Ihr Programm nur langsam. Trainieren Sie stets so, dass es Freude macht. Der Endspurt im Training ist unsinnig.

    2. Kein falscher Ehrgeiz
    Achten Sie immer auf ausreichende Regeneration. Optimal für die Gesundheit ist aus medizinischer Sicht drei bis vier Mal Lauftraining jede Woche mit einer Dauer von jeweils 30 bis 45 Minuten. Aber bereits Joggen einmal pro Woche zeigt bald einen positiven Effekt.

    3. Erst mal zum Arzt
    Ab dem 35. Lebensjahr oder wenn Sie einige Jahre keinen Sport getrieben haben, dann sollten Sie vor Trainingsbeginn unbedingt einen Arzt konsultieren.

    4. An der Haustür starten
    Beginnen Sie das Training, wenn irgendwie möglich, von zu Hause. Dies spart Zeit und schont die Umwelt. Grünanlagen, Wiesen und Wälder ermöglichen den meisten recht gute Laufstrecken direkt ab ihrer Haustür.

    5. Richtige Schuhe
    Wenn Ihnen der Laufsport zusagt, dann sollten Sie sich bald eine gute, funktionelle Ausrüstung gönnen. Besonders die Laufschuhe müssen zu Ihren individuellen Anforderungen (Fußfehlstellung, Gewicht, Geschlecht, ...) passen. Suchen Sie sich ein Sport-Fachgeschäft, das eine spezielle und intensive Beratung anbietet.

    6. Genug trinken
    Trinken Sie stets reichlich. Ihr Körper braucht täglich mindestens zwei bis drei Liter Flüssigkeit. Ihre letzte Mahlzeit vor dem Ausdauersport sollten sie zwei bis vier Stunden vorher eingenommen haben. Im Sommer sollten Sie bereits vor dem Laufen reichlich trinken. Wenn Sie länger als eine Stunde laufen, ist es ratsam auch unterwegs zu trinken.

    7. Gefahren beachten
    Verzichten Sie bei fieberhaften Infekten und kritischen Ozonwerten auf das Training. Vorsicht auch bei hohen Temperaturen und starker Luftfeuchtigkeit. Im Sommer eignen sich die frühen Morgenstunden und der Abend am besten zum Joggen. Außerdem sollten Sie immer Sonnenschutz tragen, sowie helle und luftige Kleidung.

    8. Vielseitig sein
    Laufen Sie lieber einmal weniger in der Woche und sorgen stattdessen für einen Ausgleich. Regelmäßig Gymnastik oder Krafttraining runden Ihr sportliches Programm optimal ab.

    Wie sehen Sie die Entwicklung speziell des Laufsports?

    Matzke: Die Anzahl der klassischen Stadion- und Straßenläufer ist weniger geworden, der Trend geht hin zum Lauf-Event, zum Trailrunning, zum Ultralauf. Eher weg von den Zeiten. Das schlägt sich auch in den Ergebnissen nieder.

    Wie wirkt sich das auf die Situation der Leichtathletik in Augsburg aus?

    Matzke: Wir haben aus meiner Sicht zwei Konzentrationen mit Vor- und Nachteilen. Zum einen, dass die Stadion-Leichtathletik im wesentlichen bei der LG Augsburg liegt und der Laufsport sich bei der TG Viktoria Augsburg konzentriert. Daneben gibt es kaum noch etwas. Das liegt natürlich auch daran, dass die Anzahl der Leute, die sich ehrenamtlich engagieren, zurückgegangen ist. Früher hatten wir viele Vollblut-Funktionäre, die für ihren Verein alles gemacht haben. Heutzutage freut man sich, wenn man überhaupt jemanden findet, der etwas macht. Aber immer in Konkurrenz mit Beruf und Familie.

    Schwäbische Top-Athleten werden weniger

    Wie sehen Sie die Zukunft der Leichtathletik in Augsburg?

    Matzke: Es geht auf alle Fälle verstärkt hin zu breitensportlichen Veranstaltungen. Man sieht, dass die großen Laufveranstaltungen eher geprägt sind von Hobbysportlern. Es geht nicht mehr so sehr darum, wer gewinnt, sondern dass man dabei ist. Sogar bei diversen kleineren Leichtathletikmeisterschaften tauchen nun Hobbysportleistungen in den Ergebnislisten auf. Es gibt zwar noch schwäbische Top-Athleten, aber die werden weniger.

    Wie verlief Ihre eigene Laufkarriere?

    Matzke: Ich habe in meiner Heimatstadt Frankfurt als Schüler unüblicherweise gleich mit der Langstrecke angefangen, hab mich dann aber zum Mittelstreckler durchgerungen, als ich noch leistungssportorientiert war und an hessischen und später bayerischen Meisterschaften teilnahm.

    In Frankfurt hatten Sie sogar einen Laufverein gegründet...

    Matzke: Ich habe dort vor 50 Jahren mit einem Start beim Volkslauf begonnen. Allerdings wollten mich eben alle Trainer von der Langstrecke auf die Mittelstrecke bringen und mich ansonsten partout nicht trainieren. Als es dann vom Deutschen Olympischen Sportbund die Idee gab, einen Lauftreff zu gründen, habe ich das 1974 gemacht. Daraus ist ein Laufverein geworden, der heute noch Spiridon Frankfurt heißt und einer der größten reinen Laufvereine in ganz Deutschland ist. In dieser Zeit habe ich von meinen Eltern als Abiturgeschenk auch die Teilnahme am Boston-Marathon in den USA geschenkt bekommen. Es war mein erster und einziger Marathon in Amerika.

    Wo laufen Sie denn am liebsten?

    Matzke: Aufgrund meiner Lauffreude haben wir uns ein Haus am Siebentischwald sichern können, wo man direkt hinten raus starten kann. Für uns in idealer Lage. Man braucht natürlich Regenerationszeiten, aber generell fällt mir ein Tag ohne Laufen schwer.

    Lesen Sie dazu auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden