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Foto: Michael Hochgemuth (Archiv)
Foto: Michael Hochgemuth (Archiv)

Felix Lobrecht im Oktober bei seinem Auftritt in Augsburg.

Völkerschauen
13.11.2019

Menschenzoos in Augsburg? Das ist dran am Vorwurf aus "Gemischtes Hack"

Von Jakob Stadler

Im erfolgreichen Podcast "Gemischtes Hack" erzählt Felix Lobrecht, dass Augsburg die einzige Stadt Deutschlands sei, in der es Menschenzoos gab. Stimmt das?

Im Podcast "Gemischtes Hack" unterhalten sich Comedian Felix Lobrecht und Autor Tommi Schmitt einmal in der Woche über alle möglichen Themen. Und das extrem erfolgreich, der Podcast erreicht jede Woche laut eigener Aussage 500.000 Hörer.

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Diese hören in der aktuellen Folge auch etwas über Augsburg. Und die Stadt kommt dabei nicht gut weg, vor allem das Hotel "Drei Mohren". Lobrecht, der im Oktober dort übernachtet hat, beklagt sich über den Namen der Unterkunft. Der sei ein "absolutes No-Go". Lobrecht ruft dazu auf, am Samstag, 16. November, ab 12 Uhr eine Demonstration für eine Änderung des rassistischen Namens zu besuchen; Organisator ist die Amnesty Jugendgruppe Augsburg.

Felix Lobrecht erzählt von Menschenzoos in Augsburg

Dann erzählt er: "Augsburg hat eine interessante Geschichte. Augsburg ist die einzige deutsche Stadt, in der es früher Menschenzoos gab." Man habe Menschen aus den deutschen Kolonien nach Deutschland gebracht und diese "richtig krass, so in einem Zoo ausgestellt". Das hatte Lobrecht schon auf der Bühne erzählt, als er mit seinem Programm "Hype" in Augsburg zu Gast war.

Im Podcast reden Tommi Schmitt und Felix Lobrecht frei, ohne Skript. Das Gespräch zeichnet sich auch dadurch aus, dass nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Die beiden versuchen aber immer wieder, Debatten anzustoßen - wie in diesem Fall über den Namen des Hotels "Drei Mohren". Eine Debatte, wie sie in Augsburg zuletzt im Sommer 2018 lautstark geführt wurde.

In Augsburg gab es rassistische Völkerschauen

Doch was ist dran an der Behauptung mit den Menschenzoos? Dass in Augsburg Menschen ausgestellt wurden, ist gut belegt. Angela Seitz hat sich in ihrer Abschlussarbeit in Europäische Kulturgeschichte mit Völkerschauen in Augsburg beschäftigt, der Text ist 2013 in der Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben erschienen. "In den vier Jahrzehnten zwischen 1857 und 1898 fanden in Augsburg zahlreiche Völkerschauen statt", schreibt sie. Sie hat die Anträge der Schausteller aus diesem Zeitraum ausgewertet. Wie Tiere wurden Afrikaner, amerikanische und australische Ureinwohner sowie – obwohl in diesen Fällen die Authentizität strittig ist – Azteken und "Polarmenschen" vorgeführt. Die Veranstaltungen fanden etwa auf der Dult oder auf dem Plärrer statt, auch nach 1898 gab es noch weitere dieser Fälle. Die rassistischen Ausstellungen sind damit auch ein Teil von Augsburgs Geschichte.

Völkerschauen gab es in ganz Deutschland

Es ist aber keineswegs so, dass es solche Völkerschauen nur in Augsburg gegeben hätte. Um 1900 waren sie "auf jedem größeren Volksfest, in zahlreichen Zoos, Gaststätten und anderen Schaustellungsgeländen üblich", schreibt Angela Seitz in ihrem Fachartikel. Am Telefon erklärt sie, dass es sich um reisende Schausteller handelte, die in ganz Deutschland und auch in anderen Ländern unterwegs waren. Sie hielten in Augsburg, besuchten aber auch jede andere größere Stadt.

Prominentestes Beispiel ist die Völkerschau von Carl Hagenbeck, der Menschen auch in seinem Tierpark ausstellte. So etwas könnte mit einem "Menschenzoo" gemeint sein, von dem Lobrecht spricht. Darauf, dass in Augsburg über rassistische Völkerschauen hinaus Menschen in einem Zoo ausgestellt wurden, gibt es keine Hinweise. Der Augsburger Zoo wurde zudem erst 1937 eröffnet.

Dem Augsburger Zoo wurde 2005 vorgeworfen, einen "Menschenzoo" zu organisieren

Allerdings sah sich der Zoo Augsburg tatsächlich dem Vorwurf ausgesetzt, einen "Menschenzoo" zu veranstalten – und zwar 2005. Für vier Tage wurde dort ein "African Village" aufgebaut, ein nachgebautes "afrikanisches Dorf". Auch wenn sich der Zoo bemühte, klarzustellen, dass dort keine Menschen ausgestellt werden, folgte eine Welle von Kritik. Das afrikanische Dorf im Zoo weckte Assoziationen an Völkerschauen. Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland nannte die Aktion rassistisch und kolonialistisch. Es gab eine Demonstration und das Verwaltungsgericht lehnte einen Antrag ab, der die Stadt verpflichten sollte, die Veranstaltung abzusagen.

Auf die Diskussion um seine Äußerung angesprochen teilt Felix Lobrecht über sein Management mit, er erinnere sich an die Augsburger Menschenzoos aus seinem Studium. Lobrecht hat in Marburg Politikwissenschaften studiert. Er sei sich nicht sicher, dass es geheißen habe, Augsburg sei die einzige Stadt mit Menschenzoos – es könnte auch geheißen haben, Augsburg war die erste.

Lesen Sie dazu auch das Interview mit Felix Lobrecht: "Meine Aufgabe ist, manchmal drüber und eklig zu sein"

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