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Kommentar: Autofahrer lassen sich die Zukunft nicht einfach vorschreiben

Kommentar

Autofahrer lassen sich die Zukunft nicht einfach vorschreiben

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    Auf der IAA in Frankfurt stellen Hersteller auch Elektroautos vor, so wie hier Mercedes.
    Auf der IAA in Frankfurt stellen Hersteller auch Elektroautos vor, so wie hier Mercedes. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Schlechte Laune können sie, die deutschen Automobil-Kritiker. Noch bevor die IAA in Frankfurt offiziell eröffnet war, setzte es die erwartete Breitseite. Aus der Zeit gefallen und „schizophren“ (Verkehrsclub Deutschland) sei die Veranstaltung; es handle sich um eine Schau der „Dinosaurier“ (Deutsche Umwelthilfe).

    Es stimmt ja: Die Hersteller zeigen auf der IAA nicht nur Ökomobile, sondern auch das, wofür immer noch eine Mehrheit der Besucher den Weg nach Frankfurt antritt: SUVs, Sportwagen, Luxuslimousinen. Hier die (zu Recht) gestellten Fragen nach Ökologie und Nachhaltigkeit, dort die ungebrochene Faszination für das mit Emotionen aufgeladene Produkt Auto – die Show lebt von dieser Ambivalenz.

    Wer will, kann auf der diesjährigen IAA durchaus Anzeichen des Wandels erkennen. Die Zukunftsthemen sind präsent, werden aber nicht von allen als besonders sexy wahrgenommen. Beispiel Digitalisierung. Das Auto von morgen ist vor allem eines: vernetzt. Mit anderen Fahrzeugen, mit Verkehrsleittechnologien, mit Navigations- und Kommunikationsdiensten. Anders lassen sich die weiter anschwellenden Verkehrsströme nicht mehr beherrschen, sagen Experten. Metropolen leiden schon heute unter Dauer-Staus.

    Unfallursache Nummer eins ist der Mensch

    Auch einem zweiten Mega-Thema hilft die Digitalisierung: dem autonomen Fahren. Hier will die zuletzt viel gescholtene Autonation Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen – mit führenden Herstellern wie Mercedes und VW, mit speziellen Teststrecken und vor allem mit einem ersten ethischen Kodex, was ein selbstfahrendes Auto dürfen soll und was nicht. Hier sind verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen gefragt.

    Ob eine Entwicklung vorangeht, hängt darüber hinaus oft von „weichen“ Faktoren ab. Der wichtigste: der Mensch. Viele Autofahrer tun sich schwer, Gas, Bremse und Lenkrad der Maschine zu überlassen. Sie haben weitaus mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dabei ist die Unfallursache Nummer eins der Mensch, nicht die Technik.

    Mit Skepsis begegnet eine Mehrheit der Deutschen auch dem Thema Carsharing. Dabei wäre es ein Gebot der Stunde – und die wohl wirksamste Maßnahme zur Verbesserung der Luftqualität in den Städten –, die Zahl der Autos zu reduzieren, ganz gleich, mit welchem Antrieb sie ausgerüstet sind. Die meisten Verbraucher können sich heute jedoch kaum vorstellen, einen Pkw mit anderen zu teilen oder gar das eigene Fahrzeug Dritten zu überlassen.

    Alle sprechen vom Elektroauto, keiner fährt eines

    Am deutlichsten tritt die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim Antrieb zutage. Zugespitzt formuliert: Alle sprechen vom Elektroauto, keiner fährt eines. Die Quote von einer Million Stromern bis 2020 wird wohl floppen. Planwirtschaft scheitert immer. Es ist eben nicht Aufgabe von Politikern oder Lobbyisten, den Menschen vorzuschreiben, welche Autos sie kaufen sollen. Es geht um Wichtigeres: eine dichte Ladeinfrastruktur, ein ökologisch vernünftiger Strommix, bessere Angebote im öffentlichen Nahverkehr. Die Hersteller ihrerseits müssen für niedrigere Preise und höhere Reichweiten sorgen.

    Große Veränderungen lassen sich nicht im Hauruck-Verfahren bewältigen – eine Lehre aus der hastig herbeigeführten Energiewende, die zunächst zu höheren Strompreisen und einem höheren CO2-Ausstoß geführt hat. Solche Nebenwirkungen gilt es bei der Verkehrswende zu vermeiden. Das neue Mobilitätszeitalter muss so gestaltet werden, dass die Menschen mitgehen können. Das wird seine Zeit brauchen. Für einen gemeinsamen, optimistischen Auftakt jedoch wäre die IAA 2017 allemal gut.

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