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Widerrufsrecht: Ein Fehler könnte sich für Millionen Autokäufer lohnen

Widerrufsrecht

Ein Fehler könnte sich für Millionen Autokäufer lohnen

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    Wer einen fehlerhaften Kreditvertrag hat, kann sein Auto unter Umständen zurückgeben. Verbraucher sollten sich aber juristische Hilfe holen.
    Wer einen fehlerhaften Kreditvertrag hat, kann sein Auto unter Umständen zurückgeben. Verbraucher sollten sich aber juristische Hilfe holen. Foto: Sven Krautwald, dpa (Symbolbild)

    Kaum zu glauben: Auch die Kreditverträge vieler Autobanken sind gespickt mit formalen Schnitzern. Millionen Autokäufer wurden offenbar nicht korrekt über ihr Widerrufsrecht informiert, wie findige Anwälte und Verbraucherschützer entdeckt haben. In Zeiten von Dieselgate und drohenden Fahrverboten entpuppen sich die Patzer aber als Glücksfall für die Kundschaft. Denn: Wer seinen Wagen nach dem 10. Juni 2010 beim Händler gekauft und finanziert hat, ob alt oder neu, Diesel oder Benziner, darf laut Gesetz bei fehlerhaften Verbraucherinformationen widerrufen. Auch Jahre später noch.

    Der Widerrufsjoker bietet verärgerten Autobesitzern eine Chance

    Er kann das Auto zurückgeben und einen Großteil seines Geldes zurückfordern. Das gilt selbst bei Leasingverträgen. Wer nach dem 12. Juni 2014 finanzierte, dem bleibt sogar ein Abzug für gefahrene Kilometer erspart. Der Widerrufsjoker bietet verärgerten

    Worum geht es?

    Mithilfe des Widerrufsjokers konnten sich in den vergangenen Jahren bereits hunderttausende Verbraucher von ihren hochverzinsten Immobilienkrediten und unrentablen Lebensversicherungen lösen. Der Ausstieg stehe nun auch Autobesitzern offen, sagt Katja Henschler, Juristin bei der Verbraucherzentrale Sachsen. „Dieser Ausweg ist gerade für Diesel-Fahrer viel dankbarer als ein Software-Update oder gerichtlicher Streit mit VW & Co.“ Die Rückabwicklung über den Widerruf sei eine „großartige Chance, nicht nur für

    Wer kann profitieren?

    Autobesitzer, die nach dem 10. Juni 2010 beim Händler gekauft und über ihn mit einem vermittelten Kredit finanziert respektive geleast haben, sollten ihren Darlehensvertrag prüfen lassen, rät Ruvinskij. Nach Ansicht der Experten hat nicht allein die VW-Bank bei den gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherinformationen gepatzt. Auch Kreditverträge anderer großer Autobanken, etwa von Opel, Daimler, Renault, Peugeot, BMW und weiteren Marken, können Fehler enthalten. Ist dem so, sagt das Gesetz eindeutig: Die 14-tägige Widerrufsfrist begann nicht zu laufen. Der Darlehensvertrag ist dann noch viele Jahre widerrufbar. Entscheidend ist, dass der Wagen beim Kauf über den Händler finanziert wurde. Wer sein Auto mit Geld von der hohen Kante bezahlte, hat Pech. Auch Unternehmer sind außen vor. Eine Ausnahme gibt es nur für Existenzgründer wie etwa Taxiunternehmer.

    Fehler gefunden, was dann?

    Bei Darlehen, die bis zum 12. Juni 2014 abgeschlossen wurden, gilt: Zieht der Kunde die Widerrufskarte, kann er sein gebrauchtes Fahrzeug zurückgeben. Anders als bei einer Sachmängel- oder Schadenersatzklage bekommt der Verbraucher die Anzahlung und die Raten zurück. Nur die Zinsen darf die Bank behalten. „Das ist erträglich angesichts der minimalen Belastung von jährlich um die ein Prozent, also von ein paar hundert Euro“, berichtet Ruvinskij. Bei älteren Verträgen wird noch eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer fällig. Je weniger Kilometer das Auto auf dem Buckel hat, desto eher kann sich der Widerruf lohnen. Der Joker sticht außerdem auch bei geleasten Wagen.

    Was passiert bei jüngeren Verträgen?

    Am meisten können Verbraucher mit fehlerhaften Kredit- und Leasingverträgen ab Mitte Juni 2014 profitieren. Sie müssen keinen Wertersatz für die gefahrenen Kilometer zahlen, wie Gansel betont: „Das wirkt sich enorm aus, weil man das Auto praktisch ohne nennenswerte Kosten gefahren hat.“

    So sieht ein Rechenbeispiel aus

    Jüngere Verträge Ein Verbraucher kauft am 22. September 2014 ein Auto für 27 900 Euro, zahlt für die Finanzierung monatlich 390 Euro an Raten (bei 9865,66 Anzahlung, Zins von 0,90 Prozent jährlich) und widerruft jetzt im Oktober.

    Von seinen bis dahin gezahlten 23 515,66 Euro bekäme er traumhafte 23 211, 65 Euro zurück.

    Die Einbuße: gerade mal etwa 304 Euro.

    Altverträge Hätte der Kunde bereits am 22. Januar 2014 unter gleichen Bedingungen gekauft, also vor dem 13. Juni, müsste er noch einen Nutzungsersatz zahlen.

    Dann bekäme er noch 20 934,70 Euro zurück und hätte beim Widerruf über 5700 verloren.

    Für Diesel-Besitzer ist das nach Ansicht von Experten aber immer noch besser, als jetzt den Wertverlust ihres Autos hinnehmen zu müssen. (grä)

    Was tun?

    Ein Widerruf ist kein Spaziergang. Für die Autobanken geht es um viel Geld. Allein bei Volkswagen könnten Schätzungen zufolge 2,15 Millionen Verträge mit einem Volumen von 23,3 Milliarden Euro betroffen sein. Die ersten Klagen sind eingereicht. Noch gibt es keine Urteile. Bislang gebe es aber zahlreiche außergerichtliche Erfolge für Kunden, die widerrufen haben, wie Experte Ruvinskij betont. Autobesitzer sollten nicht auf eigene Faust überhastet handeln, rät Fachmann Herrmann. In einem ersten Schritt gehört der Vertrag nach seinen Worten auf Fehler abgeklopft. Das können nur Fachanwälte tun. Einige Kanzleien bieten eine kostenlose Ersteinschätzung an. Verbraucherzentralen prüfen gegen Entgelt. Eine Rechtsschutzversicherung ist sinnvoll. Wer noch nicht widerrufen hat, kann derzeit laut Ruvinskij noch auf den letzten Drücker eine Police abschließen, die die Kosten eines Rechtsstreits übernimmt. „Die Autobanken haben noch keine Ahnung, was da alles auf sie zukommt“, betont der Rechtsexperte.

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