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Urteil: Alles auf Kosten der Kreissparkasse

Urteil

Alles auf Kosten der Kreissparkasse

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    Verurteilt: Jakob Kreidl (rechts) und Gustav Georg Bromme.
    Verurteilt: Jakob Kreidl (rechts) und Gustav Georg Bromme. Foto: dpa

    Gutes Essen, edler Wein und Übernachtungen in Fünf-Sterne-Hotels: Für Kommunalpolitiker und Verwaltungsratsmitglieder, oft mit Partner, war das Beste gerade gut genug. Über Jahre hat die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee teure Einladungen und Ausflüge mitfinanziert. „System Bromme“ nennt der Vorsitzende Richter Alexander Kalomiris am Landgericht München II das. Unter dem ehemaligen Vorstandschef Georg Bromme flossen teils fünfstellige Beträge in – so der Richter – Fahrten mit „im Wesentlichen touristischem Charakter“. Am Montag verurteilte das Gericht Bromme und den Ex-CSU-Landrat und Verwaltungsratsvorsitzenden Jakob Kreidl wegen Untreue zu Bewährungsstrafen.

    Bromme bekam eineinhalb Jahre, Kreidl elf Monate. Beide sollen zudem 300 beziehungsweise 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Bei einem dritten Angeklagten beließ es das Gericht zunächst bei einer Verwarnung. Er bekam keine Arbeitsauflage, muss aber 20000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Brommes Freigiebigkeit wäre „nicht problematisch“ gewesen, „wenn es das Bankhaus Bromme gewesen wäre“, sagte Richter Kalomiris. Bromme habe offensichtlich ab einem bestimmten Punkt geglaubt, er sei „faktisch allein die Kreissparkasse Miesbach“. Das Gericht wertete aber zugunsten der Angeklagten, dass sie sich nicht persönlich bereicherten, sich entschuldigten und einen Teil des Schadens mit Zahlungen an die Sparkasse wiedergutmachten.

    Auch hätten die Aufsichtsbehörden ihre Pflichten vernachlässigt. Alle Ausgaben waren haarklein verbucht. Von Korruption könne nicht die Rede sein, sagte Kalomiris. Die Spenderlaune der Bank wurde nicht ernsthaft hinterfragt. Kalomiris sagte, man habe sich „innerhalb der Sparkassenfamilie“ großzügig zeigen wollen. So großzügig, dass die Ertragslage litt und die Sparkasse Schlusslicht in Bayern wurde. Auf Sparkassenkosten reisten unter anderem Kreistagsmitglieder in die Steiermark – und besichtigten ein Benediktinerstift sowie Graz. Der Werbecharakter für die Bank habe gefehlt, sagte Kalomiris. „Dass die Kreisräte eine Vergnügungsfahrt machen, ist auch nicht gemeinnützig.“ 2012 fuhren Bürgermeister nach Interlaken, ein Höhepunkt war eine Gondelfahrt namens „James-Bond-Ausflug“. Aussagen von Zeugen legten nahe, dass „zuerst das Ziel da gewesen sein könnte, und man dann erst überlegt hat, was man da macht“. Die Reise habe inhaltliche Anteile gehabt, „endgültig außerhalb des Angemessenen“ sei aber die Kostenhöhe und die Unterbringung im Fünf-Sterne-Hotel gewesen. Auch bei einem Entenessen auf der Weißachalm bei Kreuth als krönender Abschluss eines „Kooperationsseminars“ mit Kommunalpolitikern aus Bayern, dem Saarland und Rheinland-Pfalz sei der Bezug zur Sparkasse nicht ersichtlich.

    Dennoch bewertete das Gericht anders als die Staatsanwaltschaft viele Ausgaben als vertretbar: Auch sei es üblich, zu Weihnachten und zum Geburtstag Geschenke zu machen. Während Gelder für einen Schießstand in Tirol bei dem passionierten Jäger Bromme nach Ansicht des Gerichts privat motiviert waren, sah es Zahlungen an den Tiroler Jagdschützenverein als gemeinnützig an, weil die Sparkasse dessen Naturschutzprojekt zum Steinadler unterstützte. Jäger Bromme, im Prozess meist im Trachtenjanker, musste jägerisch schon bluten: Er hat nach Angaben seiner Anwälte schweren Herzens zur Finanzierung der mit der Sparkasse ausgehandelten 25000 Euro Wiedergutmachung seine Jagdwaffen verkauft. Womöglich wird er die Waffen auch bald nicht mehr brauchen: Möglich, dass ihm bei Rechtskraft des Urteils der Jagdschein einzogen wird. Brommes Anwälte und die Anklage ließen aber noch offen, ob sie Rechtsmittel einlegen. Sabine Dobel, dpa

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