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Karl-Theodor zu Guttenberg: "Bin privat hier": Guttenbergs Auftritt sorgt bei CSU für Kopfschütteln

Karl-Theodor zu Guttenberg

"Bin privat hier": Guttenbergs Auftritt sorgt bei CSU für Kopfschütteln

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    Der ehemalige Bundeswirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) checkt am Freitag ins Schlosshotel in Neufahrn (Bayern) ein.
    Der ehemalige Bundeswirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) checkt am Freitag ins Schlosshotel in Neufahrn (Bayern) ein. Foto: Andreas Gebert dpa

    Karl-Theodor zu Guttenberg kommt als einer der allerersten - und entschwindet mit einem lässigen Lächeln, aber sehr rasch und beinahe wortlos im Treppenhaus. Als zu Guttenberg am Freitag im Schlosshotel Neufahrn in Niederbayern ankommt, sagt er lediglich: "Ich bin privat hier." Sonst nichts.

    Karl-Theodor zu Guttenberg zeigt sich wieder bei CSU

    Doch die Nachricht ist auch so gesetzt: Karl-Theodor zu Guttenberg, der einstige CSU-Hoffnungsträger, ist wieder da - wenn auch nur "privat" und nur für zwei Tage. Es ist das erste Mal seit seinem Rücktritt als Verteidigungsminister und seinem Umzug in die USA, dass sich Guttenberg in größerer Runde mit CSU-Politikern trifft.

    Zu dem Treffen der besonderen Art haben drei Weggefährten aus JU-Tagen gemeinsam eingeladen: Manfred Weber, niederbayerischer CSU-Bezirkschef und seit vergangenem Jahr Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Georg Fahrenschon, ehemaliger bayerischer Finanzminister und jetziger Chef des Sparkassenverbandes. Und eben Guttenberg. 

    Eingeladen wurden: eine bunte Reihe vorwiegend jüngerer CSU-Politiker aus Bundestag und Landtag, aber auch aus der Kommunalpolitik. Und zwar zum "Nachdenken" und "Diskutieren" - so hatte es auf der Einladung, unter Webers Briefkopf, geheißen.

    Aufregung in CSU wegen zu Guttenberg

    Das geplante Treffen sorgte für gewisse Wellenschläge in der CSU. Weil einige Abgeordnete eingeladen sind, viele andere aber nicht. Weil die derzeit aussichtsreichsten Kronprinzen von Parteichef Horst Seehofer, Markus Söder und Ilse Aigner, nicht mit dabei sind - und Seehofer schon gleich gar nicht. Und eben weil Guttenberg einer der drei Einladenden ist.

    Von Kopfschütteln und Verwunderung innerhalb der Landtagsfraktion berichtet deshalb ein Abgeordneter. Der Parlamentarische Geschäftsführer Josef Zellmeier spricht im "Straubinger Tagblatt" gar von einem "Aufschrei". Das aber sei doch deutlich übertrieben, meinen andere. 

    Das ist Karl-Theodor zu Guttenberg

    Karl-Theodor zu Guttenberg hat eine steile Karriere hinter sich. Dann brachte ihn die eigene Eitelkeit zu Fall - vorläufig

    Sein voller Name lautet Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg. Er wurde am 5. Dezember 1971 in München geboren.

    Nachdem er den Grundwehrdienst bei den Gebirgsjägern in Mittenwald absolviert hatte, diente er freiwillig für weitere drei Monate. Guttenberg verließ die Bundeswehr als Stabsunteroffizier auf Reserve.

    Von 1992 - 1999 studierte er Jura an der Universität Bayreuth. Das erste Staatsexamen bestand er mit 6,8 Punkten (befriedigend). Sein zweites Staatsexamen steht bis heute aus. Parallel dazu studierte er Politikwissenschaft in München

    Guttenberg promovierte bei dem Juristen Dr. Peter Häberle. Das Thema seiner Doktorarbeit lautete: "Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU." Als sich die Plagiatsvorwürfe bestätigten, wurde ihm der Doktortitel am 23. Februar 2011 wieder aberkannt.

    2002 heiratete er Gräfin Stefanie von Bismarck-Schönhausen. Sie ist eine Ururenkelin von Reichskanzler Otto von Bismarck. Die Guttenbergs haben zwei Töchter.

    2002 ging Karl-Theodor zu Guttenberg auch in die Politik. Er war Vorsitzender im CSU-Verband der Gemeinde Guttenberg, später auch im CSU-Bezirksverband Oberfranken. Ab 2002 war er gewähltes Bundestagsmitglied.

    Am 9. Februar 2009 übernahm er in Merkels Kabinett das Amt des Ministers für Wirtschaft und Technologie. Mit 37 war er damit der jüngste Wirtschaftsminister, den Deutschland jemals hatte.

    Im Oktober 2009 wurde er deutscher Verteidigungsminister. Wieder stellte er einen Rekord auf. Vor ihm hatte es nie einen jüngeren Amtsinhaber gegeben. Ein Luftangriff bei Kunduz, bei dem auch Zivilisten getötet wurden, brachte ihn gleich zu Beginn seiner Amtszeit in eine schwierige Lage.

    Die Plagiatsaffäre kostete zu Guttenberg 2010 das Vertrauen vieler Anhänger. Es wird bekannt, dass weite Teile seiner Doktorarbeit Plagiate, also ohne klare Quellenangaben abgeschrieben waren. Wenig später legte er alle seine Ämter nieder. Die Ermittlungen in der Affäre wurden später gegen Geldauflage eingestellt.

    Im Juli 2011 kündigten die Guttenbergs an, Anfang September für einige Zeit nach Connecticut (USA) zu ziehen, um dort eine Auszeit zu nehmen.

    Vier Monate später, im November 2011, ist zu Guttenberg plötzlich wieder da - mit einem ausführlichen Interview in der "Zeit" und einem Buch namens "Vorläufig gescheitert". Darin greift der Ex-Minister seine Partei CSU an und bestreitet weiter, vorsätzlich bei seiner Doktorarbeit betrogen zu haben.

    Dezember 2011: Der Ex-Verteidigungsminister soll für die EU-Kommission als Berater in Sachen Internetsicherheit tätig werden. Er soll dabei helfen, Internetnutzer, Blogger und Cyber-Aktivisten in autoritären Regimen kontinuierlich zu unterstützen.

    Manche sehen in dem Treffen vor allem den Versuch Webers, einen Unterstützerkreis um sich zu scharen. Doch mit der Partnerschaft mit Guttenberg habe sich der EVP-Fraktionschef keinen Gefallen getan, sagte ein Landtagsabgeordneter. Das sei ein "kapitaler Fehler".

    Niederbayerischer CSU-Bezirkschef Weber spielt das ganze herunter

    Weber selbst spielt das Ganze herunter. Guttenberg, Fahrenschon und er seien gute Freunde, sie träfen sich regelmäßig - und diesmal eben mit einigen Gästen. "Wir haben keine Wahlen, deswegen ist das jetzt eine gute Zeit zum Diskutieren", sagt er. "Die CSU muss die wahlfreie Zeit nutzen, um in die Zukunft zu denken - und das wollen wir hier machen." 

    Es sei deshalb auch nicht nötig gewesen, dies bei Seehofer anzumelden. "Ich bin überzeugt, dass er kein Problem damit hat, wenn junge Leute sich treffen und darüber nachdenken, wo die Aufgaben von morgen liegen." Auch der österreichische Außenminister Sebastian Kurz, einer der Gäste in Neufahrn, meint: "Es ist gut, dass die Jungen einer Partei auch gemeinsam über den Tellerrand hinausdenken."

    Was aber ist mit Guttenberg? Die einen spekulieren, der Oberfranke könnte in absehbarer Zeit wieder ein Bundestagsmandat bekommen - wenn er wollte. Die anderen sagen, man habe Guttenberg vielleicht seine abgeschriebene Doktorarbeit verziehen, nicht aber seinen "grußlosen Abgang" und sein Interview-Buch ("Vorerst gescheitert").

    Chronologie der Affäre Guttenberg

    15. Februar 2011: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet vorab über mögliche Plagiate in der Doktorarbeit von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Die Arbeit wurde 2006 an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth eingereicht. Guttenberg hatte dafür die Bestnote summa cum laude erhalten.

    16. Februar: In der "Süddeutschen Zeitung" stehen erste Plagiatsbeispiele, die der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano festgestellt hat. Guttenberg weist die Vorwürfe noch als "abstrus" zurück.

    Kurz darauf berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe, dass die Einleitung der Doktorarbeit aus einem Artikel in dem Blatt abgeschrieben sein soll. Der einleitende Absatz der Arbeit decke sich fast wortwörtlich mit einem 1997 erschienenen Text der Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig.

    17. Februar: Während Guttenberg die deutschen Truppen in Nordafghanistan besucht, werden in Deutschland fast stündlich neue Plagiatsvorwürfe laut. Erstmals werden Rufe nach einem Rücktritt laut. Im Internet wird eine Webseite für die Schummel-Recherche eröffnet. Unter "Guttenplag-Wiki" sollen die Vorwürfe gegen den CSU-Politiker gesammelt und bewertet werden.

    18. Februar: Erstmals gehen Strafanzeigen gegen Guttenberg wegen der Plagiatsvorwürfe ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt ihrem Minister Unterstützung für den Fall zu, dass er sich zu den Vorwürfen erkläre.

    In einem eilig einberufenen Pressestatement entschuldigt sich Guttenberg am Mittag für "Fehler" und erklärt, er werde seinen Doktortitel bis zur Aufklärung durch die Uni Bayreuth nicht führen. Zugleich versichert er erneut: "Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat."

    21. Februar: Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen wollen die Plagiatsvorwürfe zum Thema im Bundestag machen. "Guttenplag-Wiki" legt einen Zwischenbericht vor: Danach stehen 271 Seiten der Dissertation oder knapp 70 Prozent unter Plagiatsverdacht.

    22. Februar: Der Wissenschaftsverlag Duncker und Humblot will Guttenbergs Doktorarbeit künftig weder ausliefern noch neu auflegen.

    23. Februar: Die Universität Bayreuth entzieht Guttenberg den Doktortitel.

    28. Februar: Wissenschaftler übergeben einen von 23.000 Doktoranden unterzeichneten offenen Brief an Merkel, in dem sie der CDU-Politikerin in der Plagiatsaffäre eine "Verhöhnung" aller wissenschaftlichen Hilfskräfte vorwerfen.

    1. März: Guttenberg gibt seine politischen Ämter auf, wie er in einem kurzfristig anberaumten Statement erklärt. "Das ist der schmerzlichste Schritt meines Lebens", sagt er.

    3. März: Guttenberg legt auch sein Bundestagsmandat nieder.

    7. März: Die Staatsanwaltschaft Hof nimmt Ermittlungen gegen Guttenberg auf.

    8. April: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass die Universität offenbar davon ausgeht, dass Guttenberg absichtlich getäuscht hat.

    15. April: Guttenberg hat kein politisches Mandat mehr. Der Kreistag des oberfränkischen Landkreises Kulmbach stimmt einstimmig Guttenbergs Antrag auf Niederlegung seines Amtes zu.

    6. Mai: Jetzt ist es amtlich: Die Universität Bayreuth geht in ihrem Abschlussbericht davon aus, dass Guttenberg absichtlich getäuscht habe. "Nach eingehender Würdigung der gegen seine Dissertationsschrift erhobenen Vorwürfe stellt die Kommission fest, dass Herr Freiherr zu Guttenberg die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht hat".

    11. Mai: Die Universität stellt den über 80 Seiten langen Abschlussbericht inklusive einer Übersicht einiger der Zitierverstöße Guttenbergs in Bayreuth vor. "Evidente Plagiate" hätten sich über die ganze Arbeit verteilt gefunden.

    23. November: Die Staatsanwaltschaft Hof gibt bekannt, dass die Ermittlungen gegen Guttenberg gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 20.000 Euro eingestellt wurden.

    Klar ist: In Sachen Seehofer-Nachfolge ist das Treffen in Niederbayern wohl in der Tat völlig ohne Belang. Es gehe hier sicher nicht um irgendwelche Personaldiskussionen, sagt einer der Teilnehmer. Und auch einer der Abgeordneten, die nicht eingeladen wurden, sagt: "Das Revolutionspotenzial in Neufahrn ist gering." dpa/AZ

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