Es ist ein bemerkenswerter Vorgang: Alle bayerischen Diözesanbischöfe – mit Ausnahme des erst kürzlich ernannten und noch nicht einmal ins Amt eingeführten neuen Würzburger Bischofs – stellen sich gegen ihren Münchner Amtsbruder Reinhard Kardinal Marx. Der ist nicht nur Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz, ein Zusammenschluss der bayerischen Bischöfe, und der Deutschen Bischofskonferenz. Er ist wichtiger Berater von Papst Franziskus. Marx ist dessen Sprachrohr hierzulande und befürwortet dessen Reformkurs.
Brief offenbart Spaltungen innerhalb der Kirche
Der Brandbrief, den die bayerischen Bischöfe im Schulterschluss mit dem konservativen Kölner Marx-Gegenspieler Rainer Maria Kardinal Woelki nun an den Vatikan schickten, zeugt von schlechtem Stil. Und ist mehreres auf einmal: Ausdruck für den Machtverlust von Marx; für ein wachsendes Unbehagen gegenüber Franziskus; für die Spaltungen, die es in der Kirche zwischen Bewahrern und Erneuerern gibt; für den Streit um den richtigen Kurs. Er ist aber auch ein fatales Zeichen für die Ökumene.
Franziskus hat der Kirche einen Weg zu – eher behutsamen – Reformen aufgezeigt. Durch Einzelfallentscheidungen. Um solche geht es bei der Frage des Kommunion-Empfangs konfessionsverschiedener Ehepartner. Der Beschluss einer Mehrheit der deutschen Bischöfe für eine Öffnung bedeutet echten, wenn auch kleinen Fortschritt im Zusammenwachsen von evangelischer und katholischer Kirche. Jetzt entsteht der Eindruck: Über Zusammenwachsen wird gerne geredet; wenn es konkreter wird, bewegt sich nichts.