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Mitgehbörse in Ulm: Damit Menschen nicht alleine ins Theater gehen müssen

Mitgehbörse in Ulm

Damit Menschen nicht alleine ins Theater gehen müssen

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    In Ulm gibt es jetzt eine „Mitmachbörse“  für Kulturinteressierte.
    In Ulm gibt es jetzt eine „Mitmachbörse“ für Kulturinteressierte. Foto: Alexander Kaya

    Jemand Lust auf Kino? Oder auf Ballett? Die Kollegen ducken sich freundlich weg: keine Zeit, Familie, Freund(in), Faulheit – oder auch mal aufrichtig: Ballett? Ehrlich? Einen Begleiter für eine Kulturveranstaltung zu finden ist nicht immer leicht. Wer sich ungern allein ins Theater, Kino oder Konzert setzt und beim Ausstellungsbesuch gerne einen Partner zum Fachsimpeln hat, kann in Ulm auf ein deutschlandweit einzigartiges Angebot zurückgreifen: Seit April gibt es dort eine von der Stadtverwaltung initiierte „Mitgehbörse“.

    „Mitgehbörse“ für kulturinteressierte Ulmer

    Die neue Idee hat Vorläufer: Theater bieten schon länger ähnliche Dienste an, und in Internet-Foren verabreden sich schon länger Kulturinteressierte für Veranstaltungen. Die „Mitgehbörse“ erinnert in ihrer Funktion auch eher an ein Diskussionsforum als an eine Dating-App: Die Nutzer haben keine Profilbilder, sondern verstecken sich hinter grafischen Symbolen. Die „Mitgehbörse“ verbindet den offiziellen Online-Veranstaltungskalender der Städte Ulm und Neu-Ulm mit etlichen Zusatzfunktionen: Die User können per Mausklick ihre Teilnahme an einer Veranstaltung bestätigen – oder mit einem Eintrag nach Begleitern für diese suchen. Oder sie suchen etwas weitgefasster nach Gesellschaft: „Wer geht mit ins Kino?“, „Hat jemand Lust auf einen Besuch in der Märchenjurte auf dem Weihnachtsmarkt?“.

    Bisher haben sich 950 Ulmer und Neu-Ulmer angemeldet

    Laut Katharina Tenta, Referentin für Kulturmarketing bei der Stadt Ulm, haben sich bislang 950 Menschen bei der „Mitgehbörse“ angemeldet. Diese verteilten sich gleichmäßig über die Altersgruppen – eine Teilnahme ist ab 18 Jahren möglich – und die Geschlechter. Wie viele davon tatsächlich regelmäßig aktiv sind, lasse sich nur schwer beziffern, sagt Tenta. Aber die Verantwortlichen seien mit der Resonanz überaus zufrieden, ebenso die Nutzer. „Wir haben viele positive Rückmeldungen.“ Über das Portal hätten sich auch schon ein Lesekreis, eine Kreativgruppe und ein Stammtisch zusammengefunden.

    Den typischen Mitgehbörsen-User gibt es nicht: Neuzugezogene sind darunter, Menschen, die nach einer Partnerschaft alleine dastehen, sogar Flüchtlinge, aber auch Leute, die sich bisher nicht so recht ins Kulturleben getraut haben. Vor allem Letzteren hat das Internet-Portal seine Existenz zu verdanken. Denn 2012 ergab eine von der Stadt Ulm in Auftrag gegebene Umfrage zur Kulturnutzung, dass sich viele Bürger zwar für Kultur interessierten – aber die Angebote offenbar trotzdem nicht in dem gewünschten Ausmaß nutzen: weil sie Berührungsängste haben, zu wenig von den Möglichkeiten wissen oder in ihrem Umfeld schlicht niemanden haben, der sie begleitet.

    Mini-Facebook für Kultur in und um Ulm herum

    Eine Art „Mini-Facebook“  für Kultur in Ulm“ soll die „Mitgehbörse“ sein. Ganz wird sie diesem Anspruch zumindest derzeit nicht gerecht: Der „Teilnehmen“-Button wird kaum genutzt, so dass hinter Veranstaltungen fast immer die abschreckende Meldung steht: „Es nimmt/nehmen 0 Person(en) der Mitgehbörse Ulm teil.“ Dies entspreche aber oft nicht der Wahrheit, so Tenta. Ein anderes Wahrnehmungsproblem: Es haben sich schon Gruppen gebildet, die sich häufiger über das Portal verabreden – über private Nachrichten. Die bleiben für andere unsichtbar, was wiederum bei manchen einen negativen Eindruck erweckt: „Leider schläft dieses Portal gerade etwas ein, obwohl sich so viele Leute angemeldet hatten“, beklagte sich eine Nutzerin kürzlich in einem Beitrag.

    Bis einschließlich 2017 sind die Mittel für die „Mitgehbörse“ vom Ulmer Gemeinderat genehmigt, bis dahin soll das Portal weiter optimiert werden. Doch nicht nur im Internet ist die städtische Kulturabteilung mit ihrem Projekt aktiv, sondern auch im echten Leben – über sogenannte „Kulturlotsen“. Diese Ehrenamtlichen – vier Frauen und ein Mann – machen seit September über die Plattform eigene Mitgeh-Angebote, Interessierte müssen sich dann nur noch melden statt selbst nach Begleitern zu suchen: der schnellste Weg zu einem Date mit der Ulmer Kultur.

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