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Hintergrund: Europawahl: Die unentschlossenen Bayern

Hintergrund

Europawahl: Die unentschlossenen Bayern

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    Wie viele Menschen werden bei der Europawahl wohl ihre Stimme abgeben? Derzeit sagen in einer Umfrage gerade einmal 24 Prozent der Befragten, dass sie zur Wahl gehen werden.
    Wie viele Menschen werden bei der Europawahl wohl ihre Stimme abgeben? Derzeit sagen in einer Umfrage gerade einmal 24 Prozent der Befragten, dass sie zur Wahl gehen werden. Foto: Fredrik Von Erichsen, dpa

    So unentschlossen wie vor dieser Europawahl waren die Wählerinnen und Wähler in Bayern vermutlich noch nie. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GMS im Auftrag von „17:30 SAT.1Bayern“ sagen aktuell nur 24 Prozent der Befragten, dass sie zur Wahl gehen werden und auch schon sicher wissen, welcher Partei sie ihre Stimme geben werden. In den Führungsetagen der Parteien ist die Verunsicherung entsprechend hoch. Die Wahlkämpfer rackern unverdrossen – aber ob das, was sie tun, zielführend ist, wissen sie nicht.

    Die politische Lage ist unübersichtlich. Darüber sollte man sich nach Aussage der Meinungsforscher auch nicht durch die scheinbar eindeutigen Ergebnisse bei der Sonntagsfrage zur Europawahl hinwegtäuschen lassen. Wäre am Sonntag Wahltag, käme die CSU in Bayern laut Umfrage auf 40 Prozent, die Grünen auf 18 Prozent, die AfD auf zehn Prozent, die SPD auf 12 Prozent, die FDP auf sechs Prozent, die Freien Wähler auf fünf Prozent, Die Linke auf drei Prozent und alle übrigen Parteien und Gruppierungen zusammen auf sechs Prozent. Abgesehen von einem deutlichen Rückgang bei der AfD, so die Meinungsforscher, habe sich das Stimmungsbild in Bayern nicht wesentlich geändert. Angesichts der Unentschlossenheit der Wähler aber seien Aussagen über das wahrscheinliche Wahlergebnis nur „sehr schwer“ zu treffen.

    Europawahl 2019: Die CSU kann Hoffnung schöpfen

    Einige Hoffnung kann aus der Umfrage möglicherweise die CSU schöpfen. Ihr Mann, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei Manfred Weber, kommt offenbar immer besser an. 53 Prozent aller Befragten sagen, Weber wäre ein guter Präsident der EU-Kommission, nur 34 Prozent meinen, er wäre das nicht. Interessant dabei ist: Nicht nur 62 Prozent der CSU-Wähler stehen hinter Weber, auch 61 Prozent der SPD-Wähler und sogar 48 Prozent der AfD-Wähler. „Unübersehbar“ sei zudem, dass Weber von einem gewissen „Bayern-Bonus“ und zugleich von einem wieder wachsenden Ansehen der bayerischen Staatsregierung profitiere. Davon zeugten auch die steigenden Zustimmungswerte für Ministerpräsident Markus Söder. 58 Prozent der Bayern sagen mittlerweile, er sei ein guter Ministerpräsident. Im Januar lag dieser Wert noch bei 49. Dennoch gilt für die CSU wie für alle anderen Parteien, dass ihre traditionelle Stammwählerschaft offenbar kleiner wird. Das sorgt für Ungewissheit bei den Wahlkämpfern.

    Kein Durchdringen mehr zu den Wählern

    Noch mehr freilich schmerzt in den Zentralen der etablierten Parteien, dass sie mit ihren eigentlichen politischen Zielen gar nicht mehr zu den Wählern durchdringen. Wer den Wahlkämpfern Anonymität zusagt, bekommt da erstaunlich offene Antworten: Der Brexit, der Streit mit Ungarn und Polen sowie das Erstarken radikaler rechter Kräfte überlagere die konkreten Fragen nach der Zukunft der Europäischen Union. Es gehe, so sagen Wahlkämpfer ganz unterschiedlicher Couleur, nur noch um Pro- oder Anti-Europa, nicht mehr darum, ob man ein konservativeres, sozialdemokratischeres, ökologischeres oder liberaleres Europa wolle. Europa sei „zu weit weg und zu kompliziert“ für die Mehrheit der Menschen und es sei „fast schon eine intellektuelle Herausforderung“, sich als Bürger über die Ziele der Parteien zu informieren. Leider, so räumt eine bayerische Kandidatin ein, seien da auch die meisten Wahlplakate mit ihren Allerweltsparolen nicht hilfreich. Und es klingt fast schon verzweifelt, wenn sich ein anderer bayerischer Wahlkämpfer darüber beklagt, dass die Einschaltquote beim TV-Duell der Spitzenkandidaten – der CSU-Mann Weber und der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermanns – nur bei 6,5 Prozent lag, während gleichzeitig dreimal so viele Fernsehzuschauer „Bares für Rares“ anschauten. „Die Wahrheit ist“, so sagt ein Dritter resigniert, „die EU-Wahl interessiert die Leute überhaupt nicht.“

    In dieses Lamento mischt sich allerdings auch erstaunlich viel Selbstkritik: Man habe in der Vergangenheit Europa „zu wenig erklärt“ und es sich obendrein zu einfach gemacht, indem man die Schuld an Problemen nach Brüssel abgeschoben habe. Dieses „Stilmittel in der Politik“ dürfe keine Zukunft haben. Das sei eine langfristige Aufgabe für alle Parteien in Bayern. 

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