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Bayern: Forensische Klinik in Günzburg wird eröffnet

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Forensische Klinik in Günzburg wird eröffnet

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    Die neue Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirkskrankenhaus Günzburg geht im Februar 2014 mit Patienten in Betrieb.
    Die neue Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirkskrankenhaus Günzburg geht im Februar 2014 mit Patienten in Betrieb. Foto: Bernhard Weizenegger

    Auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses (BKH) Günzburg ist gestern der Neubau der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie eingeweiht worden. Das 22-Millionen-Euro-Projekt ist das größte Bauvorhaben der vergangenen Jahrzehnte am Standort Günzburg. Ein uneingeschränkter Grund zur Freude? Nicht für alle. Zu sehr überlagert der Fall Mollath noch immer die Stimmung. „Der Fall und vor allem seine öffentliche Inszenierung haben der Psychiatrie enorm geschadet, den Professionellen genauso wie den Patienten“, stellte der Vorstandsvorsitzende der Bezirkskliniken Schwaben, Thomas Düll, fest.

    Ein Krankenhaus, kein Gefängnis

    Zwangsjacken, festungshaftähnliche Schilderungen und Foltervorwürfe: Die Berichterstattung eines Teils der bundesdeutschen Medien habe gezielt Klischees „aus der psychiatrischen Mottenkiste bedient und auf niedere Instinkte gesetzt“, so Düll. Ein – ob nun vermeintlicher oder tatsächlicher – Justizskandal sei auf dem Rücken des Maßregelvollzuges abgehandelt worden. Die dort Beschäftigten seien in inakzeptabler Weise pauschal verunglimpft worden, sparte der Vorstandsvorsitzende bei der Festveranstaltung nicht an deutlichen Worten.

    Düll wehrt sich nicht gegen Kontrolle, Überprüfung und Transparenz bei der Arbeit in der forensischen Psychiatrie. Wie überall komme es auch hier zu Fehlern, verursacht durch den Faktor Mensch. „Genauso tut unsere Gesellschaft gut daran, denjenigen, die in diesem Kontext Verantwortung tragen und jeden Tag ihr Bestes geben, mit Fairness zu begegnen und ihren Beitrag für Gesundheit und Sicherheit in unserem Staat unvoreingenommen zu würdigen“, brach Düll eine Lanze für die Beschäftigten.

    Neubau der Klinik als notwendiger Schritt

    In die gleiche Richtung, wenn auch nicht so deutlich, äußerte sich Karl-Heinz Arians. Er ist beim bayerischen Sozialministerium zuständig für die forensischen Kliniken im Freistaat. Wer kritisiere, ein Mann wie Gustl Mollath sei „gegen seinen Willen“ in der Klinik untergebracht gewesen, der müsse wissen, dass forensische Patienten kraft Gesetzes dort meist gegen ihren Willen behandelt würden. Das verhalte sich im Strafvollzug nicht anders. „Die Forensik ist kein rechtsfreier Raum, sondern unterliegt der Kontrolle“, erläuterte Arians. Die Kliniken im Freistaat seien um durchschnittlich 15 Prozent überbelegt. Hier würden viele Menschen, die aufgrund ihrer Erkrankung straffällig geworden sind, geheilt oder so behandelt, dass sich ihr Gesundheitszustand zumindest besserte. „Die Horrorszenarien, die in der Öffentlichkeit aufgestellt wurden, entbehren jeder Grundlage“, so der Leitende Ministerialrat.

    Für Günzburg, darin sind sich alle Verantwortlichen einig, ist der Neubau der Klinik ein großer und zugleich notwendiger Schritt. Das sieht auch der Freistaat so. Er finanziert das Projekt zu 100 Prozent. Bis 2001 gab es am BKH eine Vielzahl von Entweichungen und regelrechten Ausbrüchen, blickte Klinikchef Düll zurück. Ursache seien bauliche und sicherheitstechnische Schwachstellen gewesen. Die Kapazität des Hauses 44, in dem bis dato der Maßregelvollzug untergebracht ist, sei begrenzt, Patienten würden dort in Mehrbettenzimmern untergebracht, es fehle an Flächen für die Arbeits- und Beschäftigungstherapie sowie für Sportmöglichkeiten.

    In der eigenen Gärtnerei findet die Arbeitstherapie statt

    Gegen den ursprünglich ins Auge gefassten Bauplatz bei Haus 56 auf dem BKH-Gelände regte sich Widerstand im Rathaus und von Anwohnern aus dem Stadtteil Reisensburg. Nach einigem Ringen war ein neuer Standort gefunden. Dafür mussten aber fünf Gewächshäuser der klinikeigenen Gärtnerei weichen. Sie wurden durch den Neubau von zwei großen Gewächshäusern kompensiert. „Die Gärtnerei ist der wichtigste Bestandteil der klinikeigenen Arbeitstherapie für Patienten im gelockerten Maßregelvollzug“, betonte der Vorstandsvorsitzende.

    Die neue Klinik kommt ohne Nato-Draht und hohe Zäune aus. Düll ist der festen Überzeugung, „dass das architektonische und forensisch spezifische Gesamtkonzept noch für Furore sorgen wird“. Im Februar 2014 soll die Klinik in Betrieb gehen. Bis dahin sind umfangreiche Sicherheitstests geplant.

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