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Geburtenstation Illertissen: Klinikstreit spaltet den Landkreis Neu-Ulm

Geburtenstation Illertissen

Klinikstreit spaltet den Landkreis Neu-Ulm

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    Schwangere Frauen vor verschlossenen Türen.
    Schwangere Frauen vor verschlossenen Türen. Foto: Alexander Kaya

    Es sind drei Fragen, die im Landkreis Neu-Ulm die Gemüter erhitzen, die Region ideologisch spalten und am kommenden Sonntag bei einer Abstimmung beantwortet werden sollen: Die erste zielt auf den Erhalt der Geburtenstation am Illertisser Krankenhaus ab. Dafür plädieren viele Bürger in der betroffenen Stadt und ihrer Umgebung, also im Süden. Die Urheber der zweiten Frage sind gegen einen Erhalt um jeden Preis. Stattdessen soll auf ein Reformpaket für alle drei Kreiskliniken gewartet werden. Der Hintergrund: Die Häuser fahren momentan kräftige Verluste ein, in diesem Jahr rechnen die Verantwortlichen mit rund 3,8 Millionen Euro. Und das schürt Ängste.

    Wenn die Misere anhält, könnten die Krankenhäuser schließen müssen – und ein Schicksal teilen, das viele andere Spitäler bereits ereilt hat. In Teilen des Landkreises beäugt man den Illertisser Wunsch deshalb mit großer Skepsis, gerade im Norden, wo sich in Neu-Ulm und Weißenhorn zwei der drei Kliniken befinden. Ein Erhalt der Station in Illertissen würde Millionen verschlingen, behaupten die Gegner: Geld, das im Zuge einer dringend nötigen Reform an anderer Stelle womöglich besser angelegt wäre. Investitionen in die Geburtshilfe seien nicht zu stemmen. Zudem müssten bei einem Erhalt möglicherweise Abteilungen aus Neu-Ulm oder Weißenhorn abgezogen werden.

    Dem Bürgerbegehren aus Illertissen hat der Neu-Ulmer Kreistag (mit nördlicher Mehrheit) ein Ratsbegehren entgegengestellt. Dieses hat zum Ziel, die Frage der Geburtshilfe landkreisweit zu beantworten – aber nicht sofort, sondern wenn ein Gutachten für eine Reform der Kliniken vorliegt. Wie der Rettungskurs auszusehen hat, ist allerdings noch unklar. Auch wenn die Studie noch gar nicht fertig ist, überschattet sie die Wahl am Sonntag. Spekulationen über die Verlegung von Abteilungen und Kürzungen schießen ins Kraut, die Nerven in der Region scheinen blank zu liegen: Auf den ersten Blick geht es „nur“ um die Illertisser Geburtenstation, doch im Hintergrund stehen Geld, Ehre und lokale Befindlichkeiten.

    Und deshalb ist die dritte Frage auf dem Stimmzettel womöglich die wichtigste. Sie fragt die Wähler, welcher Entscheid im Zweifelsfall Vorrang haben soll. Das zu wissen ist notwendig, weil die Abstimmung zwei Mehrheiten für den ersten und zweiten Bürgerentscheid ergeben könnte. Dann ist wichtig, welchem der beiden Anliegen die Wähler den Vorzug geben. Wie der erste Kreisentscheid in der Geschichte des Landkreises ausgeht, wird mit Spannung erwartet.

    Auch Heimatliebe spielt eine Rolle

    Die Querelen begannen, nachdem ein Klinikexperte vor einigen Monaten die Schließung der Geburtenstation in Illertissen ins Spiel gebracht hat. Es regte sich Widerstand: Werdende Mütter im südlichen Landkreis könnten nicht mehr ausreichend versorgt werden, hieß es. Immerhin seien in Illertissen jährlich rund 700 Kinder zur Welt gebracht worden. Auch Heimatliebe dürfte dabei eine Rolle spielen: Ohne die Station gibt es künftig keine gebürtigen Illertisser mehr. Deshalb gelangte eine Bürgerinitiative mit dem Titel „Geboren im Süden“ schnell zu beachtlicher Größe: In kurzer Zeit sammelten die Fürsprecher der Geburtshilfe tausende Unterschriften. Mit rund 17000 Autogrammen gelang es mühelos, die Hürde von fünf Prozent der Stimmberechtigten (aktuell rund 132000 Menschen) für einen Entscheid zu überwinden. Diesen Erfolg im Rücken, gehen die Initiatoren des Begehrens selbstbewusst in die Abstimmung. Im Norden hofft man hingegen, genug Wähler für ein Abwarten mobilisieren zu können.

    Zusätzliche Brisanz erfährt die Debatte durch den Umstand, dass die Geburtenstation aktuell geschlossen ist. Das Personal hatte gekündigt. Wie es dazu kam, schildern Gegner und Befürworter unterschiedlich – nur ein Konflikt innerhalb des weitverzweigten Themenkomplexes. Welche Antworten die Bürger auf die Fragen finden, zeigt sich am Sonntag.

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