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Umweltschutz: Glyphosat und "Neonics": Der Bienentod lauert im Rapsfeld

Umweltschutz

Glyphosat und "Neonics": Der Bienentod lauert im Rapsfeld

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    Bienen mögen Raps. Das Problem ist, dass auf den leuchtend gelben Feldern Pestizide eingesetzt werden, die den Insekten gefährlich werden können.
    Bienen mögen Raps. Das Problem ist, dass auf den leuchtend gelben Feldern Pestizide eingesetzt werden, die den Insekten gefährlich werden können. Foto: Michael Reich, dpa

    „Wenn ich Insekten mit Gift bekämpfe, dann brauche ich mich nicht zu wundern, dass ich ein Insektensterben habe.“ Auf diesen simplen Nenner bringt der Vorsitzende des Umweltausschusses im Landtag, der Grünen-Abgeordnete Christian Magerl, die Debatte – und trifft damit die CSU ins Mark. Längst nämlich hat auch in der Regierungspartei, die sich traditionell schützend vor die konventionelle Landwirtschaft stellt, eine gewisse Nachdenklichkeit eingesetzt. Wie schwierig es ist, die Interessen des Artenschutzes und der Landwirtschaft unter einen Hut zu bringen, zeigte sich diese Woche im Landtag am Beispiel von Bienen und Raps.

    Dass zumindest drei der fünf Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonicotinoide (kurz: „Neonics“) gefährlich für Bienen sind, ist seit längerer Zeit schon bekannt. Ihr Einsatz wurde von der EU-Kommission bereits stark eingeschränkt. Ein endgültiges Verbot wird erwartet.

    Grüne wollen "Neonics" verbieten

    Die Grünen fordern mehr. Sie sind von der Gefährlichkeit dieser Pestizide überzeugt und wollen alle „Neonics“ verbieten. Bayern solle, so lautete ihr Antrag im Landtag, diese Schädlingsbekämpfungsmittel auf staatlichen Flächen nicht mehr verwenden und auch die Landwirte entsprechend beraten. Außerdem soll sich, weil Bayern selbst keine Zuständigkeit hat, die Staatsregierung beim Bund für ein Verbot der beiden noch zugelassenen Wirkstoffe (Thiacloprid und Acetamiprid) einsetzen.

    SPD, Freie Wähler und CSU reagierten mit eigenen, weniger weit gehenden Anträgen. Die SPD will, um den Bienentod zu stoppen, eine weitere Einschränkung der Anwendung von „Neonics“. Die Freien Wähler sprachen sich dafür aus, erst mal die Ergebnisse der Studie der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit abzuwarten. Die CSU plädierte für einen „sorgsamen Umgang“ mit den Neonics.

    Ohne Pflanzenschutzmittel kein Raps

    Diese Zurückhaltung hat einen Grund: Die beiden noch zugelassenen Wirkstoffe sind, wie die Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Angelika Schorer (CSU), sagt, insbesondere für den Anbau von Raps unentbehrlich. Zwar gibt es nach Aussage des Landwirtschaftsministeriums noch ein anderes wirksames Pflanzenschutzmittel. Aber auch dieses Präparat sei „bienengefährlich“.

    Die Honigbiene

    Zu einem Bienenstock gehören 30.000 bis 60.000 Bienen, in einigen Fällen sogar bis zu 80.000 Tiere. Den Großteil des Bienenvolkes bilden die so genannten "Arbeiterinnen".

    Männliche Bienen, die Drohnen genannt werden, haben im Leben nur eine Aufgabe: Fortpflanzung. In einem Stock leben zwischen 500 und 2.000 von ihnen. Haben sie ihren Zweck erfüllt und die Königin befruchtet, werden sie im Herbst in der "Drohnenschlacht" aus dem Stock geworfen. Da sie keinen Giftstachel haben, sind sie macht- und harmlos.

    Jeder Bienenstock hat eine Königin. Sie legt nicht nur als einzige die Eier. Nach ihrem Hochzeitsflug mit den Drohnen trägt sie auch noch für drei bis vier Jahre den Spermienvorrat in sich, mit dem die Eier befruchtet werden können.

    Auch die Bienenkönigin hat nicht viele Aufgaben: Sie muss nur für den Nachwuchs sorgen. Etwa 2.000 Eier legt eine Königin täglich, bis zu 120.000 im Jahr. Unterstützt wird die Mutter aller Bienen dabei von Arbeiterinnen, die die Kleinen füttern, putzen und umsorgen.

    Eine Arbeitsbiene fliegt pro Tag etwa 4000 Blüten an. Mit ihrem Saugrüssel saugt sie süßen Nektar aus den Blütenkelchen und lagert ihn in ihrem Magen ein. Beim Blütenbesuch bleibt Pollen an ihren Hinterbeinen kleben, den sie so weitertransportiert. Dadurch kommen Pollen, das männliche Produkt der Staubgefäße, mit der Narbe des Stempels, dem weiblichen Teil der Blüte, in Kontakt.

    Rund 80 Prozent aller Blütenpflanzen sind auf die Insektenbestäubung angewiesen. Im Obstanbau übernehmen die Bienen sogar rund 90 Prozent der Bestäubung. Der Nutzwert der Tiere liegt in Deutschland bei etwa vier Milliarden Euro. Damit ist die Biene nach Rindern und Schweinen das drittwichtigste Nutztier.

    Für ein halbes Glas Honig müssen Bienen rund 40.000 Mal ausfliegen und dabei vier Millionen Blüten besuchen. Durchschnittlich sind die Blüten einen Kilometer vom Bienenstock entfernt. Das bedeutet: Die Bienen müssen 40.000 Kilometer zurücklegen - quasi einmal rund um die Erde für ein halbes Glas Honig.

    Bienen schützen sogar afrikanische Plantagen und Dörfer vor trampelnden Elefanten. Die britische Biologin Lucy King entwarf eine Umzäunung mit Bienenkörben, deren Bewohner ausschwärmen, sobald ein Elefant den Draht berührt. Und tatsächlich: Die Elefanten nehmen vor den kleinen Insekten Reißaus.

    Bienen sind unglaublich nützlich, allerdings auch stark bedroht. Die Gründe für das schon Jahre andauernde Bienensterben sind vielfältig: Monokulturen beim Mais- und Rapsanbau, Schädlingsbefall und Pestizide sind vermutlich für das Massensterben der Bienen verantwortlich.

    Wer Bienen helfen will, sollte ihnen einen Blütenvielfalt im Garten oder auf dem Balkon bieten. Es gibt sogar spezielle Blumenwiesen-Saatmischungen, die auf die Bedürfnisse von Bienen abgestimmt sind. Sie liefern hochwertigen, eiweißreichen Pollen und ein gutes Nektarangebot.

    Selbst auf einem Balkon können Sie Bienen etwas Gutes tun. Verabschieden Sie sich von den meisten Blumen, die eine gefüllte Blüte haben, wie Geranien und Pelargonien. Pflanzen Sie Kräuter wie Schnittlauch, Basilikum und Thymian.

    Verzichten Sie in Ihrem Garten auf bienenschädliche Pflanzenschutz-, Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmittel! Sogenannte Pestizide, Herbizide und Biozide stehen im Verdacht, das massenhafte Bienensterben zu verursachen.

    Will heißen: ohne „Neonics“ kein Raps. Gerade der Raps aber sei bei den Imkern besonders beliebt. Er sei, wie der CSU-Abgeordnete Martin Schöffel sagt, „nicht nur eine Augenweide, sondern auch eine Bienenweide“. Ohne Raps könnten die hohen Erträge an Honig nicht erzielt werden.

    Die Honigbiene

    Die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) produziert nicht nur Honig und Wachs, sondern trägt mit der Bestäubung von Blüten entscheidend zur Nahrungsversorgung bei.

    Vier Fünftel der heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind nach Angaben von Bienenforschern auf die Arbeit der Biene angewiesen, Obstbäume ebenso wie Erdbeeren und Sonnenblumen. Der Ertrag von Raps geht zu 35 Prozent auf das Konto der Bienen.

    Von den rund 25 000 Bienenarten sind nur neun Spezies Honigbienen, davon stammen acht aus Asien und eine aus Afrika.

    Anders als Wildbienen sind Honigbienen keine Einzelgänger, sondern sie leben in Staaten mit bis zu 40 000 Tieren.

    Um ein Kilogramm Honig zu produzieren, müssen Arbeiterbienen zwei bis drei Kilogramm Nektar zusammentragen. Dazu sind rund 80 000 Ausflüge aus dem Stock nötig.

    Verschärft wird das Problem laut Ministerium noch dadurch, dass der Anbau von Bio-Rapskeine Alternative ist. Die Fläche mit Bio-Raps in Bayern sei von 400 Hektar auf zuletzt nur noch 30 Hektar zurückgegangen, weil die Schädlinge ohne Pflanzenschutz nicht in den Griff zu bekommen seien. Zum Vergleich: Konventionell wird Raps im Freistaat auf 121.000 Hektar angebaut. Er sei als wichtige Futterpflanze nur durch Mais ersetzbar – was auch niemand wollen könne.

    Ist das Pflanzenschutzmittel Hauptursache für das Bienensterben?

    Nach Ansicht der Grünen-Abgeordneten Rosi Steinberger ist das ein Teufelskreis: „Da sieht man, wie weit wir in der Agrarwirtschaft schon gekommen sind.“ Durchsetzen konnten sich die Grünen mit ihrem Antrag allerdings weder vorgestern im Agrar- noch gestern im Umweltausschuss des Landtags. Nur die SPD unterstützte ihre Forderungen. Die Freien Wähler enthielten sich. Die CSU lehnte den Antrag mit ihrer Mehrheit ab.

    Der CSU-Abgeordnete Schöffel stellte zwar fest: „Wirkstoffe, die bienengefährlich sind, müssen verschwinden.“ Er sagte aber auch: „Pflanzenbau ohne Pflanzenschutz geht nicht.“ Die beiden zugelassenen Mittel seien „nicht bienengefährlich“. Außerdem sei es zweifelhaft, dass Pflanzenschutzmittel die Hauptursache des Bienen- und Insektensterbens seien. Hier müsse noch viel mehr geforscht werden.

    Damit wiederum stieß er auf heftige Kritik. Ausschuss-Vize Ulli Leiner (Grüne) sprach von einer „Taktik des Verzögerns“. Florian von Brunn (SPD) hielt der CSU vor, dass der Einsatz von Pestiziden stetig steige und nicht falle.

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