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Interview: Marcus Mittermeier: "Ich will nachspüren, was der Mensch fühlt"

Interview

Marcus Mittermeier: "Ich will nachspüren, was der Mensch fühlt"

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    Eine Szene aus dem Film „Alle Nadeln an der Tanne“: Marcus Mittermeier spielt Moritz, der nach einem Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Persönlichkeitsstörung hat.
    Eine Szene aus dem Film „Alle Nadeln an der Tanne“: Marcus Mittermeier spielt Moritz, der nach einem Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Persönlichkeitsstörung hat. Foto: Stephan Schaar, ZDF

    Herr Mittermeier, Sie sind kurz vor Weihnachten zusammen mit Anna Loos und Simon Schwarz in der Komödie „Alle Nadeln an der Tanne“ zu sehen. Sie spielen die Rolle des Moritz’, der nach einem Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma hat und unter einer massiven Persönlichkeitsstörung leidet. War es schwer, sich in so eine Rolle hineinzufinden?

    Marcus Mittermeier: Ja. Vor allem habe ich beim Lesen des Drehbuchs festgestellt, dass da schauspielerisch schon einiges an Krankheit und Ausfallerscheinungen auf mich zukommt. Ich habe das dann auch von einem ehemaligen Facharzt für Neurologie durchsehen lassen und der bestätigte mir, dass das ein ausgezeichnetes Drehbuch ist.

    Wie haben Sie sich denn auf diese ungewöhnliche Rolle vorbereitet?

    Mittermeier: Mit dem Arzt habe ich all das Szene für Szene, Krankheit für Krankheit durchgearbeitet. Er erklärte mir auch, was mit Betroffenen passiert, was sie spüren, was sie sehen. Das geht von plötzlichen Angstzuständen bis hin zu völlig unerklärlichen Ausrastern. Im zweiten Schritt habe ich dann noch eine Reha-Klinik in Bad Aibling besucht. Dort liegen sehr viele Patienten mit Schädel-Hirn-Traumata. Auch da habe ich mich mit den Fachleuten unterhalten. Mir ging es vor allem darum nachzuspüren, was der Mensch fühlt. Am Ende durfte ich mit mehreren Patienten und deren Angehörigen reden. Das war hochinteressant, aber auch sehr emotional. Denn so ein Schädel-Hirn-Schaden ist für alle Beteiligten ein Riesenproblem.

    „Alle Nadeln an der Tanne“ erzählt ein ernstes Thema, ist aber auch komisch. Ist das einfach nur ein Unterhaltungsfilm oder soll da auch das Thema transportiert werden, dass es an Weihnachten keineswegs harmonisch zugehen muss?

    Mittermeier: Ja, das kann man so sagen. Für mich ist die tiefere Story dahinter eigentlich eine Erlösergeschichte.

    Passt ja zu Weihnachten.

    Mittermeier: Ja, diese Figur ist eine Erlöserfigur, die in eine Familie reinkommt, in der es an allen Ecken und Enden knatscht. Und sie beziehungsweise er, also Moritz, trägt dazu bei, dass die Konflikte sich auflösen. Darum gefällt es mir, dass mit diesem medizinischen Thema offen und ernsthaft umgegangen wird. Darum ist das auch kein Klamauk und trotzdem wird dem Thema die hoffnungsvolle Botschaft mitgegeben, dass es etwas bringt, wenn man sich mit solchen Menschen auseinandersetzt. Denn Moritz wirkt gerade durch sein Handicap so positiv. Für mich heißt das mal ganz plakativ gesagt: Es macht Sinn, sich um jemand zu kümmern!

    Wie feiern Sie denn privat Weihnachten oder feiern Sie überhaupt?

    Mittermeier: Weihnachten wird natürlich gefeiert, vor allem seit meine Frau und ich Kinder haben. Wir drei davon. Die sind zwar inzwischen schon groß und legen selbst keinen großen Wert mehr auf das Klingeling und eine feierliche Bescherung. Aber auf das festliche Essen und das Zusammenkommen der Familie freuen wir uns auch dieses Jahr.

    An Weihnachten scheiden sich ja kulinarisch die Geister. Die einen essen Würschtel, die anderen tischen groß auf mit Fisch oder Geflügel. Was isst man im Hause Mittermeier?

    Mittermeier: Witzigerweise haben wir daheim gerade darüber gesprochen. Am Heiligen Abend wird es höchstwahrscheinlich etwas Vegetarisches geben. Wir gewöhnen an, immer weniger Fleisch zu essen. Das kommt so ein bisschen aus von den Kindern, die aus ethischen Gesichtspunkten und Umweltschutzgründen sehr stark die vegetarische Fahne hoch halten. Letztendlich tut das uns allen gut.

    Beschenken Sie sich gegenseitig?

    Mittermeier: Ja, aber in einem bescheidenen Rahmen.

    Was war Ihr tollstes Weihnachtsgeschenk?

    Mittermeier: Oh…? Als ich damals einen Commodore VC20-Computer geschenkt bekam, war ich, glaube ich, ziemlich begeistert. Da habe ich zuvor lange an meine Eltern ranbetteln müssen. Es war mein erster Computer. Später habe diesen Wunsch ein wenig bereut, weil ständig die ganzen Nachbarskinder bei mir einfielen und Space Invaders spielen wollten. Die sind übrigens später interessanterweise Informatiker oder Techniker geworden. Ich bin der Einzige, der sich letztlich dann vom Computer abgestoßen gefühlt hat.

    Apropos Geschenk. Seit 2014 sind Sie er einem breiten Publikum außerdem durch seine Rolle als Kommissar Harald Neuhauser in der Reihe „München Mord“ bekannt. Wie wichtig ist diese Rolle für Sie?

    Mittermeier: Also, die ist schon sehr wichtig. Allein, wie sich das entwickelt hat. Mittlerweile haben wir viele Fans. Dadurch, dass wir anfangs nur ein bis zwei Filme drehten, hat sich das zunächst einmal nur langsam herum gesprochen, dass die Serie eine besondere Qualität hat. Inzwischen kommen immer mehr Leute drauf, dass das gar nicht so schlecht ist. Jetzt, wo man sich routiniert in so eine Geschichte reinfallen lassen könnte, spüren wir den Druck der Publikumserwartungen. Wir sitzen bei den Leseproben da und drehen jedes Wort um. Meine Kollegen und ich arbeiten ja ganz intensiv an den Plots mit. Das macht das Projekt schon besonders. Denn normalerweise bekommt man ein fertiges Drehbuch, an dem sich nicht mehr so viel ändert. Bei München Mord schrauben wir teilweise bis zum Drehtag an den Geschichten.

    Bei München Mord spielte im Fußballmilieu. Sie sind bekennender Bayern-München-Fan, konnte man im „Löwen“-Magazin lesen, obwohl Sie als Kommissar einen „Sechzger“ spielen mussten. Wie schwer fällt einem das?

    Mittermeier: Das fällt mir natürlich schwer und als Privatmann wäre das gar nicht gegangen. Als Schauspieler ist es für mich, wie in die Rolle eines Mörders zu schlüpfen. Da muss man einfach mal schlimme Dinge tun. Nein, im Ernst, das war eine sehr, s,ehr gelungene Geschichte und, ich glaube, die Sechziger sind uns da überhaupt nicht böse. Denn der Verein und Giesing wurden sehr liebevoll dargestellt. Überhaupt gibt es mehr Vereine, die so ein dunkles Schicksal haben wie die Löwen. Zum Beispiel mein anderer Lieblingsverein, der Jahn Regensburg. Dem ging es vor kurzezauch noch nicht so gut!

    Angelika Flierl (Bernadette Heerwagen, r.) und Harald Neuhauser (Marcus Mittermeier, l.) ermitteln bei "Mord in München".
    Angelika Flierl (Bernadette Heerwagen, r.) und Harald Neuhauser (Marcus Mittermeier, l.) ermitteln bei "Mord in München". Foto: Jürgen Olczyk, ZDF

    Haben Sie eine persönliche Beziehung zum Fußball?

    Mittermeier: Mein Vater war leidenschaftlicher Fußballer. Ich selbst habe in der E-Jugend angefangen, habe mich dann aber relativ schnell am Sprunggelenk verletzt und wollte dann nicht mehr hin. Inzwischen habe ich mit meinen Söhnen den Fußball wieder entdeckt und bin auch selber wieder und AH-Training gegangen. Kurz und gut: Ich bin leidenschaftlicher Fußball-Fan, wenngleich ich inzwischen aufgehört habe, weil der Sport den Körper zu stark belastet. Ich organisiere aber immer noch ein Promifußballturnier für einen guten Zweck.

    Neben Ihren Engagements haben Sie Philosophie und Theaterwissenschaften studiert. Haben Sie einen Lieblingsphilosophen?

    Mittermeier: Ja, Aristoteles hat mich immer besonders interessiert. Und zwar deswegen, weil er gesagt hat: Das Gute liegt in der Mitte. Das spiegelt letztendlich ja auch mein Name wider.

    Hilft einem so ein Studium im Beruf?

    Mittermeier: Nein, ich habe das nur aus Jux und Tollerei angefangen. Denn ich war mit einem Theater-Engagement damals in Ingolstadt unzufrieden. Ich hatte mir damals nach der Schauspielschule halt mehr versprochen und wollte die Welt erobern. Weil es damit in Ingolstadt nix wurde, habe ich mich eingeschrieben und es auch relativ lange betrieben. Ich hätte am Ende meiner Theaterlaufbahn die Magisterprüfung machen können, aber dann kamen mein Sohn und interessante Fernsehgeschichten. Somit hatte ich nicht mehr ausreichend Zeit dafür.

    Ach ja, am Ende noch ein leidiges Thema: Wie oft sind Sie eigentlich schon gefragt worden, ob Sie der Bruder von Michael Mittermeier sind?

    Mittermeier: Sehr oft. Das ändert sich leider auch nicht.

    Zur Person: Marcus Mittermeier, 51, stammt aus Landshut. Der bayerische Schauspieler wurde vor allem durch seine Rolle in der Reihe „München Mord“ bekannt. Der Film „Alle Nadeln an der Tanne“ läuft am 17. Dezember im ZDF.

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