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Extremismus: Jugendliche planten wohl Anschlag in Aschaffenburg

Extremismus

Jugendliche planten wohl Anschlag in Aschaffenburg

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    Weil sie möglicherweise einen Anschlag in Aschaffenburg planten, sind zwei Jugendliche festgenommen worden. Wie ernsthaft ihre Pläne waren, ist unklar.
    Weil sie möglicherweise einen Anschlag in Aschaffenburg planten, sind zwei Jugendliche festgenommen worden. Wie ernsthaft ihre Pläne waren, ist unklar. Foto: Alexander Kaya (Symbolfoto)

    Im Visier hatten sie eine öffentliche Einrichtung im Raum Aschaffenburg, doch die Sicherheitskräfte waren schneller: Zwei Jugendliche aus Mannheim und dem Landkreis Aschaffenburg, die offenbar einen islamistisch motivierten Anschlag geplant hatten, wurden am Donnerstag zeitgleich festgenommen. Gegen die beiden wurden Haftbefehle wegen des Verdachts der Verabredung eines Verbrechens erlassen.

    Ersten Ermittlungen zufolge planten der 15-jährige Aschaffenburger und sein 17-jähriger Komplize aus Mannheim – beide Deutsche ohne Migrationshintergrund –, sich Schusswaffen zu besorgen. Das teilten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg am Freitag mit. Bei den Durchsuchungen der Wohnungen der Verdächtigen wurden islamistisches Propagandamaterial, IS-Flaggen, elektronische Datenträger sowie Mobiltelefone sichergestellt. Waffen wurden dagegen nicht gefunden. Es gebe Hinweise, dass bei den Beschuldigten psychische Erkrankungen vorliegen, hieß es.

    Jugendliche sollen konkretes Ziel für Anschlag gewählt haben

    Die Staatsanwaltschaft geht indes nicht davon aus, dass die Jugendlichen in der Lage gewesen wären, ihre vermutlichen Planungen umzusetzen. Allerdings sei auch schon die Verabredung zu einem Verbrechen eine Straftat. Zudem hatten sich die beiden offenbar schon ein sehr konkretes Terrorszenario zurechtgelegt: Wie der zuständige Karlsruher Staatsanwalt Tobias Wagner auf Nachfrage erklärte, sollte der Anschlag „innerhalb der nächsten zwei Monate“ stattfinden.

    Ein konkretes Ziel hatten die Jugendlichen ebenfalls bereits ins Auge gefasst. Dieses sei den Ermittlern auch bekannt, sagte Horst Haug, Sprecher des Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Um welche „öffentliche Einrichtung im Raum Aschaffenburg“ es sich gehandelt hat, wollten allerdings weder Staatsanwalt Wagner noch LKA-Sprecher Haug sagen. Die Bundesanwaltschaft beschäftigt sich bislang nicht mit dem Fall, weil es keine Hinweise auf eine organisierte Terrorvereinigung gibt.

    Islamismus immer wieder ein Problem in Aschaffenburg

    Aschaffenburg steht nicht zum ersten Mal im Fokus der Ermittler, wenn es um Islamismus geht. Zuletzt war die Stadt Mitte November von einer bundesweiten Razzia gegen die Vereinigung „Die wahre Religion“ betroffen. Die salafistische Organisation hatte unter dem Motto „Lies!“ zahlreiche Koran-Verteilaktionen organisiert.

    Auch die „Islamische Jugend Aschaffenburg“ (IJA) beschäftigte die Polizei über einen längeren Zeitraum. Die Gruppierung hatte in Internet-Videos nicht nur ihre Anhänger dazu aufgerufen, in Flüchtlingsheimen präsent zu sein. Ab 2014 habe die IJA „eine zunehmende Nähe zum Salafismus erkennen lassen“, so das Landesamt für Verfassungsschutz. Seit April 2015 habe die IJA wiederholt Salafistenprediger nach Aschaffenburg eingeladen, darunter Sven Lau. Dem 36-Jährigen, der unter dem Pseudonym Abu Adam auftrat, wird seit September in Düsseldorf der Prozess gemacht. Vorwurf: Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Zu den salafistischen Vorträgen in Aschaffenburg kamen laut Polizei bis zu 30 Personen.

    Während laut den Ermittlern kein Zusammenhang zwischen den aktuellen Verhaftungen und der Razzia gegen „Die wahre Religion“ im vergangenen Monat besteht, ist über mögliche Verbindungen zwischen dem 15- und 17-Jährigen und der „Islamischen Jugend Aschaffenburg“ derzeit noch nichts bekannt.

    Auch wie sich die beiden Beschuldigten radikalisiert haben, ist noch unklar. Wie eine Anfrage unserer Zeitung ergab, rechnet der bayerische Verfassungsschutz etwa 650 Personen der salafistischen Szene im Freistaat zu – 50 mehr als im Vorjahr. Davon seien rund 20 Prozent „dem gewaltorientierten Spektrum zuzuordnen“, hieß es. Die Zahl der Personen in Bayern, denen die Behörden zutrauen, dass sie auch tatsächlich einen Terrorakt begehen könnten – sogenannte Gefährder –, beziffert das Landeskriminalamt auf rund 40. Einige davon halten sich auch in Unterfranken auf. Wie viele, das bleibt aus ermittlungstaktischen Gründen geheim.

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