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Natur: Kampf den Krähen in Schwaben

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Kampf den Krähen in Schwaben

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    Kampf den Krähen in Schwaben
    Kampf den Krähen in Schwaben

    Immer dann, wenn sich der Himmel verdunkelt, wähnt sich so mancher Bürger von Asbach-Bäumenheim in das Jahr 1963 zurückversetzt, mitten hinein in einen Horrorfilm. „Die Anwohner sagen, es geht zu wie in Alfred Hitchcocks Film ‚Die Vögel’“, sagt Martin Paninka, Bürgermeister der Gemeinde im Landkreis Donau-Ries. Die filmreife Kulisse liefern riesige Saatkrähenschwärme, die sich dort niedergelassen haben. „Das Problem beschäftigt uns schon seit langem. Aber jetzt ist die Population exponentiell nach oben geschnellt“, sagt Paninka. Elf Prozent des gesamten Saatkrähenbestandes Schwabens, etwa 800 Brutpaare, leben seinen Angaben zufolge im Schmutterwäldchen am Ortsrand von Asbach-Bäumenheim. Die nächsten Häuser stehen nur etwa fünfzehn Meter vom Waldrand entfernt. „Die Anwohner müssen ihre Balkone und Terrassen oft mit Hochdruckstrahlern reinigen“, erzählt der Bürgermeister. „Und bereits morgens um halb fünf geht das Geschrei los.“

    Künftig soll sich das ändern. Denn die Regierung von Schwaben hat in Asbach-Bäumenheim nun sogenannte Lenkungsmaßnahmen genehmigt. Die Krähen sollen vom vorderen Bereich des Wäldchens weiter nach hinten vertrieben werden, damit zwischen den Vögeln und den Häusern mindestens 50 Meter liegen. „Wir haben die Erlaubnis bekommen, im vorderen Streifen Bäume umzusägen, in denen bislang Nester waren“, sagt Paninka. 18 Bäume wurden bereits gefällt. Bis Ende März dürfen von der Feuerwehr außerdem frisch gebaute Nester von Bäumen heruntergespritzt werden. Aber nur solange darin noch keine Eier liegen.

    Nicht nur in Asbach-Bäumenheim sind die tiefschwarzen Vögel ein großes Thema. Das ganze Lechtal ist ein sogenanntes „Dichtezentrum“, sagt Martin Trapp, Vorsitzender der Augsburger Kreisgruppe des Landesbunds für Vogelschutz (LBV). Flusstäler seien bei Krähen prinzipiell sehr beliebt. „Sie schätzen Niederungen, auf denen es Ackerbau gibt, wo sie ihre Nahrung finden“, erklärt er. In Bayern fänden sich besonders in Schwaben viele Krähen, aber auch rund um die Städte München, Würzburg und Schweinfurt.

    Viele Städte und Gemeinden werden erfinderisch

    Um die Tiere loszuwerden, sind viele Städte und Gemeinden erfinderisch geworden. In Meitingen (Landkreis Augsburg) hat ein Falke die unliebsamen Vögel aus dem Schlosspark vertrieben. In Kempten wurde eine Drohne eingesetzt, die mit lauter Musik und feindlichen Vogelgeräuschen die Krähen von den Bäumen fernhalten sollte. Und in Gersthofen (Kreis Augsburg) marschierte eine Blaskapelle auf, um es den Vögeln im Nogent-Park ungemütlich zu machen. Letztlich half aber in Gersthofen wie auch in Meitingen nur der Einsatz eines Falken. „Wir haben vieles ausprobiert, haben auch die Nester von den Bäumen geholt. Aber das brachte alles nichts“, sagt Peter Schindler vom Gersthofer Ordnungsamt.

    Mittlerweile sind die Vögel in die Nähe des Bahnhofs umgezogen, in das Wunschquartier, das sich die Stadt überlegt hatte. „Wir mussten bei der Regierung von Schwaben einen Ersatzstandort vorschlagen, sonst hätten wir es gar nicht genehmigt bekommen, die Vögel zu vertreiben“, sagt Schindler. Denn Krähen sind streng geschützt und dürfen nur mit Genehmigung der Naturschutzbehörde vertrieben werden. Auch in diesem Jahr ist der Falkner mit seinen Greifvögeln wieder in Gersthofen und in Meitingen unterwegs, um mit seinen Vögeln die Krähen abzuschrecken. „Denn die Krähen kehren immer wieder dahin zurück, wo sie geboren wurden“, sagt Schindler. Damit sie sich nicht wieder dauerhaft im Park ansiedeln, zieht der Falke dort prophylaktisch seine Kreise.

    Krähen in Schwaben - vor allem im Winter

    Vor allem im Winter lassen sich viele Krähen in Schwaben nieder. Sie kommen aus dem Norden, wo es den Tieren zu dieser Jahreszeit zu kalt ist. Die großen Schwärme, die man im Winter sieht, seien zum allergrößten Teil Überwinterer, sagt Krähenexperte Trapp. Die Krähen, die das ganze Jahr über in der Region sind, seien in der Minderheit. Der Vogelkenner ist von den Tieren fasziniert. Vor allem von deren Intelligenz. Am Königsplatz in der Augsburger Innenstadt hätten sich die Krähen ein erstaunliches System überlegt, um Nüsse zu knacken, erzählt er. Wenn die Ampeln rot sind, fliegen sie auf die Straßen und legen die Nüsse auf die Fahrbahn. Wird es grün, rollen die Autos über die Nüsse und zerdrücken sie. Bei der nächsten Rotphase holen sich die Krähen dann die zermahlenen Nuss-Stücke.

    Trapp kann nicht verstehen, warum es immer wieder erzürnte Anwohner gibt, die die Vögel loswerden wollen. „Viele Menschen fühlen sich so schnell vom Lärm von Tieren gestört. Dabei ist Autolärm viel schlimmer. Ich denke, dass die Kompromissbereitschaft oft fehlt.“ Ohnehin glaubt er nicht, dass die Krähen dauerhaft von einem Ort vertrieben werden könnten. „Es gibt kein Allheilmittel, um Krähen umzusiedeln“, sagt er. „Ich denke, sie werden wiederkommen.“

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