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Medien: Kommt Schwaben im "Bayerischen Rundfunk" zu kurz?

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Kommt Schwaben im "Bayerischen Rundfunk" zu kurz?

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    Der Bayerische Rundfunk möchte die ganze bayerische Vielfalt abdecken. Das gelinge „in weiten Teilen sehr gut“, heißt es aus dem Sender. Zwei Sprachwissenschaftler sind anderer Meinung.
    Der Bayerische Rundfunk möchte die ganze bayerische Vielfalt abdecken. Das gelinge „in weiten Teilen sehr gut“, heißt es aus dem Sender. Zwei Sprachwissenschaftler sind anderer Meinung. Foto: Nicolas Armer, dpa

    Das Fernseh- und Radioprogramm des Bayerischen Rundfunks (BR) sei zu oberbayernlastig, andere Regionen wie Schwaben und Franken kämen zu kurz: Das behaupten der Füssener Sprachwissenschaftler Manfred Renn und Medienprofessor Kilian Moritz von der Hochschule Würzburg.

    Letzterer wandte sich mit seiner Kritik auch an den Rundfunkrat des BR. Moritz hielt seine Beobachtungen in einer über 300-seitigen Arbeit fest. Er hörte dafür unter anderem einen Tag von 6 bis 24 Uhr Radio und entdeckte unter 224 Musiktiteln nur 29 aus Franken. Das wäre bei anderen Sendern unmöglich, da es meist eine Rotationsregel gebe, sagt er.

    Dazu komme beim BR, dass jeder Dialektbegriff, der überregional verwendet wird, oberbayerisch sei. Renn verweist aufs Fernsehen: „Fast alle Krimis im BR spielen in Altbayern. Serien, tägliche Produktionen und Comedy sind fast alle auf Altbayerisch.“ Der Dialekt sei auch bei Darstellern dominant. „Es gibt ein ganzes Heer bayerischer Schauspieler, die aber können nur Altbayerisch.“

    Der Füssener Sprachwissenschaftler Manfred Renn sieht den Verfall des Allgäuer Dialekts auch darin begründet, dass immer weniger Menschen das Allgäuerische richtig beherrschen.
    Der Füssener Sprachwissenschaftler Manfred Renn sieht den Verfall des Allgäuer Dialekts auch darin begründet, dass immer weniger Menschen das Allgäuerische richtig beherrschen. Foto: Olaf Winkler

    Erscheine das Allgäu doch im Programm, wird es „nicht als etwas Eigenständiges dargestellt, sondern als westliche Verlängerung Oberbayerns“, sagt Renn und kritisiert: „So präsentieren sich die Allgäuer aber zum Teil auch selbst, wenn sie zum Beispiel von Kaiserschmarrn statt Eierhaber reden.“ Insgesamt spiele der Dialekt für die Menschen heutzutage aber schon noch eine Rolle – etwa, um sich mit einem Gebiet zu identifizieren. Scheu vor der Mundart gebe es wenig, aber ein Unvermögen, sie richtig zu beherrschen.

    Bayerischer Rundfunk will kulturelle Vielfalt Bayerns abbilden

    Das Ziel des BR sei es, „die kulturelle Vielfalt Bayerns möglichst breit abzubilden“, heißt es von der Pressestelle. Jede Redaktion, jeder Programmbereich wäge hier nach redaktionellen und journalistischen Kriterien ab. In Fernsehen und Hörfunk würden alle Regionen Bayerns sichtbar. Daneben stellten Unterhaltungsendungen ganz bewusst alle Regionen gleichmäßig dar.

    Die bayerische Vielfalt abzudecken, gelingt dem BR nach eigener Einschätzung „in weiten Teilen sehr gut, in anderen nicht im gewünschten Umfang. Nehmen Sie etwa das Fastnachtsprogramm im Fernsehen. Hier werden Sie nur wenig bis keinen oberbayerischen Dialekt finden. Eines unserer Flaggschiffe kommt mit ,Schwaben weissblau, hurra und helau‘ aus dem Allgäu.“

    Mehr Volksmusik aus Oberbayern

    In der Volksmusik dagegen sei der Oberbayern-Anteil viel höher – auch aus historischen Gründen. Im Alpenraum gab es früh bekannte Volksmusiker, die das Format für Radio und TV erst interessant machten. Deshalb finden sich im BR-Archiv überdurchschnittlich viele Titel aus Altbayern. Was Moderatoren, Protagonisten und Studiogäste angeht, seien alle Regionen vertreten. Um alle Regionen ins Programm zu bringen, startete der BR eine Regionalisierungs-Offensive. Seit 2017 habe man gezielt Ressourcen in die Regionen verlagert. Aktuell berichten bayernweit 54 Korrespondenten von 28 Standorten.

    Auch abseits journalistischer Berichterstattung habe sich viel getan. Etwa beim Film. Lange habe es außerhalb Münchens nur wenig starke Filmstandorte gegeben. Hier zeichne sich eine Veränderung ab. Produktionsfirmen drehen inzwischen verstärkt an anderen Orten.

    BR-Rundfunkrat: Thema ist sehr komplex

    Der BR-Rundfunkrat hat die Anfrage von Moritz noch nicht abschließend beraten. Die Thematik sei zu komplex, um sie etwa mit Quotenregeln zu lösen. „Zum einen ist die Programmautonomie der Rundfunkanstalten ein hohes Gut. Es gilt außerdem die Struktur der Produktionslandschaft zu berücksichtigen, ebenso die gesellschaftliche Heterogenität und die finanziellen Spielräume“, erklärt Rundfunkratsvorsitzender Dr. Lorenz Wolf. Man werde sich mit dem Thema befassen, sobald die für eine seriöse Beratung relevanten Fakten vorbereitet seien.

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