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Staatsanwaltschaft Augsburg: Operation "Goldfinger" gegen Steuerbetrug: Anwälte angeklagt

Staatsanwaltschaft Augsburg

Operation "Goldfinger" gegen Steuerbetrug: Anwälte angeklagt

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    Eine Szene aus dem James-Bond-Film „Goldfinger“ Nach dem Film ist das gigantische Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Augsburg gegen Anwälte, Berater und Reiche benannt.
    Eine Szene aus dem James-Bond-Film „Goldfinger“ Nach dem Film ist das gigantische Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Augsburg gegen Anwälte, Berater und Reiche benannt. Foto: Andy Rain, epa

    Vor fast auf den Tag genau einem Jahr haben rund 100 Millionäre und rund 20 Rechtsanwälte und Berater in Deutschland, Österreich und der Schweiz unerwarteten Besuch bekommen. Am Morgen des 17. Januar 2018 standen Staatsanwälte, Steuerfahnder und Polizisten vor der Tür. Sie stellten bohrende Fragen, wie es die Herrschaften so mit der „Gestaltung“ ihrer Steuern halten. Und sie beschlagnahmten massenweise Unterlagen.

    Die Operation trug die Bezeichnung „Goldfinger“, inspiriert vom gleichnamigen James-Bond-Film. Denn die Augsburger Staatsanwaltschaft geht in diesem riesigen Ermittlungsverfahren dem Verdacht nach, dass rund 100 Reiche zwischen 2009 und 2016 mittels eines speziellen Konstrukts hunderte Millionen Euro Steuern am Fiskus vorbeigeschleust haben. Den Namen „Goldfinger“ bekam die Masche, weil sich die Spitzenverdiener zur Erzeugung steuerlicher Verluste häufig einer eigens dafür gegründeten Goldhandelsfirma im Ausland bedienten.

    Nicht alle Steuersparmodelle sind illegal

    Über Jahre hinweg hatte der deutsche Gesetzgeber ein rechtliches Schlupfloch offengelassen, doch seit 2013 ist die Steuervermeidung über dieses Modell verboten. Der Bundesfinanzhof in München hatte 2017 allerdings zwei spezielle „Goldfinger“-Modelle unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig akzeptiert.

    In diesem Fall ist die Augsburger Staatsanwaltschaft aber der Ansicht, dass es sich um ein illegales Konstrukt handelt. Die Ermittler sehen sich durch ihre Arbeit und die Auswertung von Dokumenten bestätigt. Deshalb haben sie jetzt in einem ersten Schritt 19 Personen angeklagt, die im Zentrum, der Affäre stehen.

    Aufgesetzt haben das "Goldfinger"-Modell Anwälte und Berater aus München

    Das sind vor allem Rechtsanwälte und Berater aus München, die das Modell aufgesetzt und teils an ihre reichen Mandanten vertrieben haben sollen. Einige davon saßen in Untersuchungshaft, sind aber mittlerweile bis zu einem möglichen Prozess gegen Kaution auf freiem Fuß. Eine der betroffenen Kanzleien hat ihren Betrieb eingestellt. Die Anklageschrift umfasst 180 Seiten. Einen Prozesstermin gibt es noch nicht.

    Vereinfacht ausgedrückt funktioniert "Goldfinger" so: Die Goldhandelsfirma musste in einem Land gegründet werden, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen hat. Auf diese Weise konnten Verluste beim Ankauf von Gold in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden. So wurden Einkünfte aus dem Verkauf des Goldes im Jahr darauf steuerlich kompensiert. Die Steuerlast konnte massiv gedrückt werden. Im besten Fall konnte im ersten Jahr der Steuersatz auf null Prozent gesenkt werden. Im nächsten Jahr erhöhte sich der Steuersatz nur minimal, weil der Betroffene ohnehin nahe am Spitzensteuersatz lag.

    Ganze Lufthansa-Flieger nach London waren voll mit "Steuersparern"

    Wie ein Insider unserer Redaktion berichtete, sollen in der Hochphase des „Goldfinger“-Modells ganze Lufthansa-Flieger voll mit „Steuersparern“ morgens nach London geflogen sein, um für den Fiskus mittels Flugticket, Taxi-Rechnung und Spesen für Essen den Anschein einer echten Geschäftstätigkeit zu erwecken. Abends ging es zurück nach Deutschland. Eine Augsburger Staatsanwältin hat vor Ort in London ermittelt, um herauszufinden, ob es sich bei den 20 Goldhandelsfirmen um Briefkastengesellschaften handelt.

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