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Konzert: Owen Pallett in München: So intensiv, dass es manchmal schmerzt

Konzert

Owen Pallett in München: So intensiv, dass es manchmal schmerzt

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    Owen Pallett und seine Geige: Mal spielt er Bass darauf, mal singt er in ihren Hohlraum hinein.
    Owen Pallett und seine Geige: Mal spielt er Bass darauf, mal singt er in ihren Hohlraum hinein. Foto: Sarah Ritschel

    Owen Pallett ist schon da, lange bevor er selbst im Münchner Feierwerk ins Licht der Scheinwerfer tritt. Als wäre er ihr Musiklehrer, drückt er sich beim Auftritt der Vorband Foxes in Fiction im Halbdunkel am Rand der Bühne herum, spielt immer wieder eine kurze Melodie auf seiner Violine in den Dream Pop der blutjungen Kanadier hinein.

    Mit Owen Pallett zu arbeiten, wünschen sich viele. Er spielte und schrieb Streicherarrangements für die US-Melancholiker von The National, die Radiorocker von Linkin Park, Robbie Williams und natürlich Arcade Fire, die Band, mit der er am stärksten verbandelt ist. Gemeinsam mit deren Win Butler schrieb er den Sountrack zu Spike Jonzes Kinofilm „Her“. Mit der Folge, dass Owen Pallett jetzt als Oscar-Nominierter auf Tour ist – und mit ihm seine wichtigsten Begleiter: Violine, Loop-Maschine und Synthesizer. In Socken steht er auf der Bühne im kleinen Münchner Hansa 39, auf einer Box liegt noch ein angebissener Apfel vom Aufbauen. Allein steht er am Anfang da. Doch mit seine Geige und ein bisschen elektronischem Schnickschnack türmt Owen Pallett Musik-Schickten aufeinander, wie es einem ganzen Kammerorchester nicht präziser und imposanter gelingen könnte.

    Owen Pallett, der Perfektionist

    Owen Pallett ist ein Perfektionist, der jedes seiner Hilfsmittel virtuos beherrscht. Die Geige ist bei ihm ein Medium für Töne, die man aus diesem Instrument noch nie gehört hat. Mal kratzt er mit dem Bogen über den Saitensteg, schaltet das Instrument mit einem Effektgerät tiefer und spielt Bass darauf oder singt in den Hohlraum hinein. Das klingt, als würden Geister wispern. Der Gesang wirkt bei all dem Spektakel, das Owen Pallett zwischen all seinen Kabeln und Effektpedalen veranstaltet, als würde er nebenbei geschehen. Er überwindet spielerisch Oktaven.

    Ließ Owen Pallett auf seinem letzten Album „Heartland“ noch die fiktive Figur des jungen Farmers Lewis die Fantasiewelt Spectrum erkunden, singt er auf seiner aktuellen Platte „In Conflict“ von seiner eigenen Sicht auf die Welt. Das tückische und menschlichste aller Gefühle, die Liebe, verarbeitet der homosexuelle Komponist in all seinen Facetten. Bei vielen der neuen Songs begleitet ihn seine Rhythmusfraktion, Schlagzeuger und Gitarrist. „Lasst uns ein paar Rocksongs spielen“, sagt Owen Pallet gegen Ende des Konzerts im Münchner Feierwerk, nimmt einen Schluck Weißwein. Sein Rocksong beginnt mit einem gefühlt minutenlangen Trillern auf dem E-Piano. Hach, Humor hat er auch noch.

    Owen Pallett macht es nie einfach. Bei der Aufnahme feilt er an jedem Detail, die erste Version seines Albums verwarf er. Live schafft der 35-Jährige eine Intensität, dass es manchmal schmerzt. Wie tief das alles geht, wird so richtig deutlich bei „Fantasy“, der Zugabe. „Sweet, sweet fantasy, baby/When I close my eyes/You come and you take me“, singt er. Eine Jugendsünde, denkt man. Hat der sich aber weiterentwickelt. In Wirklichkeit ist es ein Song von Mariah Carey.

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