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Region: Mutmaßlicher "Reichsbürger" bei Razzia im Kreis Dillingen verhaftet

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Mutmaßlicher "Reichsbürger" bei Razzia im Kreis Dillingen verhaftet

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    Mit einer Razzia ist die Polizei erneut gegen sogenannte "Reichsbürger" vorgegangen. Das Bild stammt von einem SEK-Einsatz im Februar in Pliening.
    Mit einer Razzia ist die Polizei erneut gegen sogenannte "Reichsbürger" vorgegangen. Das Bild stammt von einem SEK-Einsatz im Februar in Pliening. Foto: Matthias Balk, dpa (Archiv)

    Mit einer internationalen Razzia ist die Polizei am Mittwoch gegen Anhänger der sogenannten "Reichsbürger"-Bewegung vorgegangen. Ziel waren Anhänger eines sogenannten "Zweiten Deutschen Reiches".

    Die Ermittler durchsuchten 14 Objekte in Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, außerdem auch in Rumänien, wie die in dem Verfahren federführende Staatsanwaltschaft Augsburg und das Polizeipräsidium Schwaben Nord mitteilten.

    In Bayern wurden nach Angaben des bayerischen Innenministeriums außer in der Stadt Augsburg (ein Objekt) und im Landkreis Augsburg (ein Objekt) auch noch drei Objekte in Buttenwiesen (Kreis Dillingen) und zwei Objekte in Oberfranken durchsucht. Der Schwerpunkt bei den Durchsuchungen habe auf Schwaben gelegen. Nach Informationen unserer Redaktion handelt es sich bei dem Objekt im Landkreis Augsburg um eine Immobilie in Horgau.

    Ermittler stellen in Buttenwiesen Gewehr sicher

    Es seien Waffen und zahlreiche Beweismittel sichergestellt worden, berichtete das Augsburger Polizeipräsidium. Bislang ermittelt die Augsburger Staatsanwaltschaft gegen fünf Beschuldigte zwischen 48 und 69 Jahren. Ihnen werde gewerbs- und bandenmäßiger Betrug sowie gewerbs- und bandenmäßige Urkundenfälschung vorgeworfen. Ein Mann wurde in Buttenwiesen (Kreis Dillingen) verhaftet. Im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung stellten Einsatzkräfte ein Gewehr der Marke „Winchester“ bei dem Mann sicher. Der Verhaftete aus dem Landkreis Dillingen a.d. Donau wurde zwischenzeitlich dem zuständigen Ermittlungsrichter am Amtsgericht Augsburg vorgeführt, der den Haftbefehl eröffnete und in Vollzug setzte.

    Außerdem wurde zwei Männer in Rumänien wegen des dringenden Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs und der gewerbsmäßigen Urkundenfälschung verhaftet. Die beiden Männer befinden sich dort auf Grund dieser Haftbefehle in Auslieferungshaft.

    Den Ermittlern zufolge stellten die Beschuldigten falsche Urkunden in Form von "Reichskarten", "Reichsführerscheinen" und Diplomatenpässen des "Deutschen Reichs" her und vertrieben diese. Außerdem sollen sie Immobilienbesitzer betrogen und von diesen Gebühren kassiert haben.

    Dazu sollen sie den Betrogenen dargestellt haben, dass nach dem Alliiertengesetz kein Bundesbürger Eigentum an Immobilien erwerben könne. Durch eine Eintragung bei der russischen Militärregierung oder den Alliierten sei dies jedoch möglich. Für diese Eintragung verlangten die Verdächtigen den Ermittlern zufolge teils erhebliche Gebühren.

    "Diese Leute sind potenziell gefährlich", begründete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die erneute Razzia. "Daher gehen wir gegen diese Staatsverweigerer mit allen Mitteln des Rechtsstaats konsequent vor." Die Augsburger Polizei und Staatsanwaltschaft wollten auf Anfrage keine konkreteren Angaben zum Einsatz machen.

    Reichsbürger, Germaniten, Identitäre - Die Szene der Staatsverweigerer

    Die Bewegung der Staatsverweigerer ist sehr heterogen. Sie umfasst mehrere sektenartige Gruppen von Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremen, die seit den 1980er-Jahren entstanden und untereinander zerstritten sind.

    Nur in einem sind sie sich einig: Deutschland sei kein echter Staat, das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 bestehe fort.

    Die Gruppen haben keine feste Organisationsstruktur.

    Die erste bekannte Organisation von „Reichsbürgern“ wurde 1985 als „Kommissarische Regierung des Deutschen Reiches“ gebildet. Gründer war Wolfgang Gerhard Günter Ebel, ein Westberliner Eisenbahner, der sich fortan „Reichskanzler“ nannte.

    Die Anhänger sprechen dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab.

    Ein Schwerpunkt in der Region ist das Allgäu. Doch bayernweit nehmen die Zahlen der "Reichsbürger" zu. Derzeit sind knapp über 300 Personen im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West als „Reichsbürger“ eingestuft.

    Die Germaniten wurde im Dezember 2010 von einer gewissen Ulrike Kuklinski auf der Schwäbischen Alb gegründet.

    Sie sieht sich als Opfer der deutschen Justiz und bildete mit Gleichgesinnten die Behindertenfürsorge „Deutsche Ringvorsorge“, die Keimzelle des „Staates Germanitien“.

    Die Bewohner verstehen sich allen Ernstes als souveränes Staatsvolk mit einem eigenen Staatsgebiet in den Grenzen von 1937.

    Der Ursprung der Identitären Bewegung liegt in Frankreich, wo sie zu Beginn des Jahrhunderts im Dunstkreis des Front National entstand. Sehr aktiv ist die IB in Österreich, neuerdings auch in Bayern.

    Sie ist ethnopluralistisch – jede Ethnie soll ihren eigenen Raum haben – und geht von einer geschlossenen „europäischen Kultur“ aus, die vor allem vom Islam bedroht sei. Für Experten ist die IB eine neue Form des Rechtsextremismus. (hogs, sohu)

    Polizei setzt bei Razzia gegen "Reichsbürger" Spezialkräfte ein

    In Nordrhein-Westfalen beschlagnahmte die Polizei bei vier mutmaßlichen "Reichsbürgern" am Niederrhein 36 Schusswaffen und fast 20.000 Schuss Munition. Ein 47-Jähriger, der von Spezialkräften zunächst festgenommen worden war, wurde am Mittwoch vom Haftrichter in Kempen wieder auf freien Fuß gesetzt, teilte die Polizei in Krefeld mit. Der Mann müsse sich dennoch wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz vor Gericht verantworten. 

    Absperrband hängt vor einem Haus in Georgensgmünd, in dem ein "Reichsbürger" auf Polizisten geschossen hatte.
    Absperrband hängt vor einem Haus in Georgensgmünd, in dem ein "Reichsbürger" auf Polizisten geschossen hatte. Foto: Daniel Karmann, dpa (Archiv)

    Wegen einer möglichen Bewaffnung setzte die Polizei bei der bundesweiten Razzia in zwei Fällen Spezialkräfte ein. Im Oktober hatte bei einer ähnlichen Aktion im mittelfränkischen Georgensgmünd ein "Reichsbürger" auf vier Polizisten geschossen und einen 32-jährigen Beamten getötet. Seitdem gab es bereits mehrere Razzien gegen "Reichsbürger". Diese lehnen die Bundesrepublik als Staat ab und ignorieren oftmals Gesetze und behördliche Anordnungen.

    Zuletzt hatte es in der vergangenen Woche in Bayern und Rheinland-Pfalz eine Razzia gegen 45 "Reichsbürger" des selbst ernannten "Bundesstaats Bayern" gegeben. Anfang Februar gingen die Ermittler gegen "Reichsbürger" ebenfalls in Bayern und Rheinland-Pfalz sowie in Baden-Württemberg vor. dpa/AFP/AZ/mol

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