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Rolf Bossi und sein letzter Prozess: Reuiger Millionen-Dieb mit Staranwalt vor Gericht

Rolf Bossi und sein letzter Prozess

Reuiger Millionen-Dieb mit Staranwalt vor Gericht

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    Staranwalt Rolf Bossi hat einen Millionendieb verteidigt.
    Staranwalt Rolf Bossi hat einen Millionendieb verteidigt.

    Von Gert Hensel, Ulm Es war der letzte spektakuläre Auftritt des fast legendären Staranwalts Rolf Bossi, der sich am Donnerstagvormittag vor der Ersten Großen Strafkammer des Ulmer Landgerichts noch mal so richtig ins Zeug gelegt hat.

    Der 85 Jahre alte Advokat war Verteidiger des 37-jährigen Geldfahrers, der am 30. Oktober vergangenen Jahres in Ulm eine Kiste mit 2,7 Millionen Euro an sich gebracht hatte und damit verschwunden war. Nach einem Deal aller Prozessbeteiligten ist der reuige Millionendieb mit einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren eher glimpflich davon gekommen.

    Es war die große Stunde des Strafverteidigers, der vor kurzem erst aus seiner Münchner Kanzlei ausgeschieden ist und seitdem in der Nähe von Düsseldorf mit seiner zweiten Frau in einem bescheidenen Einfamilienhaus lebt. Nach 56 Berufsjahren musste er diesen Fall noch abwickeln, weil er ja beim Ausgraben des größten Teils der auf einem Acker bei Neu-Ulm verbuddelten Beute mit dabei war.

    Und so packte der einst von der deutschen Justiz gefürchtete Jurist die Gelegenheit beim Schopfe und machte aus seiner Eingangserklärung ein gesalzenes Schlussplädoyer. Bekleidet mit verwaschenen Jeans und offenem gestreiftem Hemd nicht ganz der württembergischen Kleiderordnung für Auftritte vor Gericht entsprechend, erhob er seine mächtige Stentorstimme und erklärte dem Ulmer Strafgericht unter Vorsitz von Reiner Gros, dass ihm in seiner langen Berufstätigkeit ein so reuiger Mandant noch nie untergekommen sei.

    Das umfassende Geständnis des Angeklagten hat es allen Prozessbeteiligten in der Tat leicht gemacht, die leidige Geschichte mit dem Millionencoup in trockene Tücher zu bringen.

    Am 30. Oktober hatte eine Sicherheitsfirma mit Sitz in Weingarten den voll beladenen Transporter zur Ulmer Bundesbank-Filiale in der Olgastraße gebracht. Für die Ladung war ein Mitarbeiter der Firma verantwortlich. Der Fahrer durfte nicht einmal wissen, was in den Blechkisten drin ist. Als sein Begleiter nicht aus dem Bankgebäude zurückkehrte, bekam der Fahrer heraus, dass sich in der noch nicht abgelieferten Kiste 2,7 Millionen Euro befinden, die die Sparkasse Ravensburg nach Ulm geschickt hatte. Der Mann konnte der Versuchung nicht widerstehen.

    Eine Menge verjubelt

    Den größten Teil der Beute vergrub er nachts auf einem Acker bei Neu-Ulm. Mehrere Wochen verbrachte er in Spanien. Ein Trip nach Gran Canaria kostete eine Stange. Das Leben war ohnehin teuer: Die Besuche in Bordells und Spielkasinos nämlich. 30.000 Euro erhielt ein Freund zum Geschenk. 30.000 Euro verlor der Millionendieb bei der Beschaffung neuer Papiere - er wurde gelinkt.

    130.000 Euro gar, im Bad des Hotelzimmers achtlos aufbewahrt und für den Kauf eines Porsche gedacht, wurden von unbekannten Tätern geklaut. Und so kam es, dass der Vielgesuchte gerade noch 3000 Euro hatte, als ihm der spanische Boden zu heiß wurde und er sich von Reue zerknirscht am 22. November den deutschen Behörden stellte.

    Der letztlich glücklose Geldfahrer will das Urteil annehmen. "Ich bin kein schlechter Mensch," sagte er in seinem Schlusswort.

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