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Neu-Ulm: So erlebten die Menschen in Neu-Ulm den Bombensonntag

Neu-Ulm

So erlebten die Menschen in Neu-Ulm den Bombensonntag

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    In Neu-Ulm wurde eine 500 Kilo schwere Bombe entschärft. Dafür wurde in der größten Evakuierungsaktion in der Geschichte der Stadt ein Großteil der City geräumt.
    In Neu-Ulm wurde eine 500 Kilo schwere Bombe entschärft. Dafür wurde in der größten Evakuierungsaktion in der Geschichte der Stadt ein Großteil der City geräumt. Foto: Alexander Kaya

    Das hätte nicht unbedingt sein müssen: frostige vier Grad minus, ein eisiger Wind und spiegelglatte Straßen. Es hätte bessere Voraussetzungen gegeben, um die komplette Neu-Ulmer Innenstadt leer zu räumen. Der Grund: Ein 500 Kilo schwerer Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg musste entschärft werden. Doch Neu-Ulms Polizeichef sah die Wetter-Unbill ganz entspannt: „Dann haben wir weniger Zuschauer.“

    62 Menschen blieben trotz Bombenentschärfung in der Neu-Ulmer Innenstadt

    Es war die größte Evakuierungsaktion in der Geschichte der Stadt: 12.600 Menschen mussten aus Sicherheitsgründen das Zentrum verlassen, bereits morgens um 8 Uhr sperrte die Polizei die Zugänge zur Sperrzone ab und begann eine halbe Stunde später mit der Evakuierung. 652 Helfer von Polizei, Feuerwehr, Rotem Kreuz und Technischem Hilfswerk durchkämmten die Stadt, gingen von Haus zu Haus und forderten die Bewohner auf, ihre vier Wände zu verlassen. Das klappte nach Darstellung der Einsatzkräfte weitgehend reibungslos. Die Menschen hatten Verständnis dafür, auch wenn es mehrere Stunden dauern sollte, bis sie wieder zurückkonnten. Lediglich 62 Menschen wollten partout ihre Wohnungen nicht verlassen und blieben dort „auf eigene Gefahr“, wie die Polizei verlauten ließ.

    Doch Gaststätten außerhalb des Sperrbezirks hatten früher geöffnet, boten Menschen aus der Evakuierungszone kostenlosen Kaffee an. Zwei Aufnahmestellen waren eingerichtet worden, die sich zügig füllten. Doch auch da zeigten sich die Menschen locker und entspannt, die Atmosphäre war freundschaftlich-ruhig. Linsen und Spätzle oder eine warme Gulaschsuppe taten das Übrige, um für eine entspannte Atmosphäre zu sorgen. In der Turnhalle einer Schule wurden Bierzeltgarnituren aufgestellt. „Ich habe kurzfristig keinen meiner Bekannten mehr erreicht, als ich von der Evakuierung erfuhr“, erklärte ein Anwohner, warum er in die Sporthalle gegangen war. Kinder vertrieben sich dort die Zeit mit Fußball, andere spielten Brettspiele, lasen Zeitungen, hatten Rätselhefte dabei, ein Student brütete über einer Semesterarbeit, Jugendliche machten es sich in den Umkleideräumen mit ihren Smartphones gemütlich.

    Sprengmeister und "Held von Augsburg" wurde auch zum Neu-Ulmer Helden

    Gegen 14 Uhr sollte die Neu-Ulmer City leer sein – was tatsächlich problemlos klappte. Per Hubschrauber wurde noch einmal aus der Luft kontrolliert – dann konnte der Kampfmittelräumdienst mit seiner Arbeit beginnen. Die Aufgabe hatte ein vor allem in Augsburg bekannter Mann übernommen, der Altenstadter Sprengmeister Martin Radons. Er hatte 2016 die gewaltige Weihnachtsbombe entschärft und gilt seitdem als „Held von Augsburg“. Auch diesmal hatte er seine Aufgabe relativ zügig erledigt. Um 15.35 Uhr war der Sprengkörper unschädlich gemacht, um 16.11 Uhr meldete die Polizei offiziell: Die Bombe ist entschärft, die Menschen konnten wieder zurück. Während Radons noch so auf der Baustelle stand und sich mit einem Mitarbeiter des THW unterhielt, kam eine Frau vorbei, die im nahe gelegenen Studentenwohnheim lebt. Sie sah sein Namensschild und sagte spontan: „Sie sind mein Held.“

    Der Zugverkehr war während der Evakuierung massiv beeinträchtigt, da die Gleise unmittelbar an der Fundstelle vorbeiführen. Das Aufatmen war groß angesichts des gewaltigen Einsatzes. Immerhin mussten „197 Objekte“, wie es in einer Bilanz von Stadtverwaltung und Polizei heißt, geräumt werden. Die Bevölkerung war durch die Medien gut informiert. Dennoch gingen seit Freitagnachmittag mehr als 600 Anrufe bei der Rathaus-Hotline ein.

    Zeitweilig war vermutet worden, dass noch eine zweite Bombe in der Nähe der ersten im Boden steckt. Doch in 5,5 Metern Tiefe fand sich nichts, das explodieren konnte.

    Die Live-Berichterstattung zur Bomben-Entschärfung in Neu-Ulm können Sie hier noch einmal nachlesen.

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