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Stadtplanung: Eine Million für 28 Meter: Erding baut umstrittenen Tunnel für Beamte

Stadtplanung

Eine Million für 28 Meter: Erding baut umstrittenen Tunnel für Beamte

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    Die Stadt Erding plant, zwischen den beiden Verwaltungsgebäuden – die 28 Meter auseinanderliegen – einen unterirdischen Tunnel zu bauen.
    Die Stadt Erding plant, zwischen den beiden Verwaltungsgebäuden – die 28 Meter auseinanderliegen – einen unterirdischen Tunnel zu bauen. Foto: Wolfgang Widemann (Symbol)

    Auf der einen Seite der Landshuter Straße mitten in Erding steht das Rathaus. Es ist ein historisches Gebäude mit einem roten Ziegeldach, mit gemalten Wappen an der Fassade und grünen Fensterläden. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite an der gepflasterten Straße, eine Baustelle – dort wird für die Beamten der Stadt ein neues Verwaltungsgebäude gebaut. Es ist ein Vorhaben, das bei den Erdinger Bürgern unterschiedliche Reaktionen hervorruft: Gleichgültigkeit, Überraschung, Ärger, Unverständnis. Nicht der Neubau selbst. Sondern die Frage: Wie sollen die Beamten von einem ins andere Gebäude kommen? Die meisten würden vermuten: einfach hin- und herlaufen. Die Antwort der Stadt ist aber eine andere.

    Tunnel in Erding: Die Reaktionen der Menschen sind gespalten

    Erding plant, zwischen den beiden Verwaltungsgebäuden – die 28 Meter auseinanderliegen – einen unterirdischen Tunnel zu bauen. Für mehr als eine Million Euro. Darin sollen die Mitarbeiter von einem Haus ins andere gelangen, um Akten zu überbringen oder sich zu Terminen zu treffen, ohne den Zebrastreifen auf der Landshuter Straße – eine Tempo-20-Zone – überqueren zu müssen.

    Bei vielen Bürgern und Nutzern in den sozialen Netzwerken kommt der Tunnel nicht gut an. Die einen sagen, das Vorhaben sei eine Frechheit, man könne den Leuten doch zumuten, dass sie über die Straße gehen, gebe es doch einen gut funktionierenden Zebrastreifen. Es stünden ja schließlich auch genügend Möglichkeiten zur Verfügung, Daten digital zu übermitteln, um Akten nicht hin- und hertragen zu müssen. Es gibt aber auch andere, verständnisvollere Stimmen: Man könne die Bestürzung nicht verstehen. Sich bei Regen, Wind, Schnee und Kälte bei jedem Hin- und Hergehen jedes Mal komplett an- und ausziehen zu müssen, sei doch auch unpraktisch und nicht zeitgemäß.

    Die Stadt Erding versteht die Aufregung um den Tunnel nicht. Ein Pressesprecher erklärte auf Anfrage unserer Redaktion: „Befinden sich Behörden- und Unternehmenssitze in benachbarten Gebäuden, sind direkte Verbindungen absolut üblich.“ Eine oberirdische Verbindung scheide in diesem Fall aus denkmalschutzrechtlichen Gründen aus, weil beide Gebäude in der denkmalgeschützten Altstadt und in unmittelbarer Nachbarschaft eines der städtischen Wahrzeichen liegen. Dieser Einschätzung schließt sich auch der Bürgermeister an. In einer Stadtratssitzung im vergangenen Jahr erklärte er: Für eine effiziente und gute Erledigung der vielen Vorgänge sei ein Tunnel für die Verwaltungsabläufe notwendig. Ansonsten müsse ein Verwaltungsbeamter bis zu 300 Mal am Tag über die Straße gehen. Auch im Stadtrat war man sich größtenteils einig. Der zuständige Ausschuss stimmte mit 14:1 Stimmen für den Tunnel, der Stadtrat während der Haushaltsberatungen mit 33:7 Stimmen. Anfang April soll mit dem Bau begonnen werden, Ende Juli soll alles fertig sein.

    Einen Zebrastreifen überqueren? Nein. Stattdessen baut die Stadt Erding einen Tunnel.
    Einen Zebrastreifen überqueren? Nein. Stattdessen baut die Stadt Erding einen Tunnel. Foto: Ronald Wittek, dpa

    Es gibt laut Stadt viele Gründe , warum der Tunnel in Erding sinnvoll ist

    Die Stadt Erding zählt einige Gründe auf, warum der Tunnel eine sinnvolle Investition sei. Zum Beispiel wäre die Gefahr, wenn die Mitarbeiter Akten von einem Gebäude ins andere tragen, zu groß. Denn dabei könnten Daten verloren gehen, wenn zum Beispiel ein Aktenstapel zu Boden fällt oder ein Windstoß einzelne Blätter verweht. Das wäre aus Datenschutzgründen verheerend. Die Mitarbeiter wünschten sich außerdem eine Möglichkeit, außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung von einem Haus ins andere zu gelangen. Ein Sprecher der Stadt erklärte überdies: „Da das neue Gebäude zudem mit einem Notstromaggregat ausgestattet ist, würde es in einem Krisenfall als Einsatzzentrale der Stadtverwaltung dienen.“ Es sei unnötig zu betonen, wie wichtig der Verbindungsbau in so einem Fall wäre.

    Die 1,1 Millionen Euro, die für den Tunnel inklusive Nebenkosten veranschlagt sind, sind nur ein kleiner Teil im Haushalt der Stadt Erding. Ende des vergangenen Jahres hat der Stadtrat ein Investitionsprogramm von 50 Millionen Euro beschlossen. Davon sollen auch die Kosten von 3,5 Millionen Euro für das neue Rathaus gestemmt werden.

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