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Augsburg: Urteil gegen Georg Schmid: Was droht dem Politiker?

Augsburg

Urteil gegen Georg Schmid: Was droht dem Politiker?

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    Der frühere CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid im Gerichtssaal in Augsburg. Am Dienstag fällt das Urteil.
    Der frühere CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid im Gerichtssaal in Augsburg. Am Dienstag fällt das Urteil. Foto: Aren Kamm (dpa)

    Am Mittwoch um 10 Uhr soll das Urteil gegen Georg Schmid fallen. Was droht dem früheren CSU-Spitzenpolitiker aus Donauwörth? Und wie geht es danach weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten. Der Tag der Wahrheit: Georg Schmid weint vor Gericht

    Ist Georg Schmid überführt?

    Ja, es sieht so aus. Alle relevanten Behörden halten ihn für schuldig, seine Frau fast 22 Jahre lang als Scheinselbstständige beschäftigt und dadurch Sozialabgaben von fast 350 000 Euro hinterzogen zu haben. Als Konsequenz daraus wurde auch Lohnsteuer hinterzogen. Der Schaden für den Fiskus fällt aber kaum ins Gewicht, weil Gertrud Schmid Umsatzsteuer in beinahe gleicher Höhe bezahlt hat. Die Staatsanwaltschaft betrachtet Schmid als überführt, ebenso wie das Finanzamt München, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls und die Rentenversicherung. Georg Schmid: Freunde und Feinde sagen aus

    Gibt es Beweise gegen Schmid?

    Das ist Georg Schmid

    Georg Schmid ist ein CSU-Politiker aus Donauwörth. Er war zuletzt Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag.

    Georg Schmid ist katholisch, verheiratet und hat zwei Kinder.

    Geboren wurde er am 20. April 1953 in Donauwörth.

    Das Abitur machte er 1972 in Donauwörth. Danach studierte er Rechtswissenschaften.

    1979 ging er als Jurist zum Landratsamt Dillingen.

    1982 wurde er Vorsitzender der Jungen Union in Donauwörth.

    1987 wurde Schmid Vorsitzender der CSU Donauwörth und 1989 Vorsitzender des CSU-Kreisverbandes Donau-Ries.

    1990 wurde der Unions-Politiker er in den Bayerischen Landtag gewählt.

    1999 wurde Schmid zum Staatssekretär im Bayerischen Sozialministerium berufen.

    Im Jahr 2003 wechselte er als Staatssekretär ins Bayerische Innenministerium.

    2007 wurde er CSU-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag.

    Am 25. April 2013 trat Schmid vom Amt des Fraktionsvorsitzenden zurück, nachdem er wegen der Beschäftigung seiner Ehefrau auf Kosten der Steuerzahler unter Druck geraten war.

    Im März 2015 stand Schmid wegen der Verwandtenaffäre vor dem Augsburger Amtsgericht.

    Am 18. März 2015 verurteilte ihn das Gericht zu einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Sozialbetrugs und Steuerhinterziehung. Er hatte seine Ehefrau fast 22 Jahre lang als Scheinselbstständige in seinem Donauwörther Abgeordnetenbüro beschäftigt.

    Ja, es werden gleich mehrere Belege für die Scheinselbstständigkeit von Frau Schmid angeführt: In all den fraglichen Jahren von 1991 bis 2013 hat sie ihre Einkünfte zu mehr als 90 Prozent von ihrem Mann bezogen. Damit ist das wichtigste Kriterium für Scheinselbstständigkeit erfüllt, nämlich dass jemand praktisch ausschließlich für einen Auftraggeber arbeitet. Teilweise kamen Gertrud Schmids Einkünfte zu 100 Prozent von ihrem Mann. Schwer wiegen auch die Ausführungen einer Zollfahnderin über Merkwürdigkeiten im Beschäftigungsverhältnis. So erhielt Frau Schmid ihre monatlichen Zahlungen auf Steuerzahlerkosten immer schon einen Monat im Voraus, teilweis sogar, bevor eine Rechnung gestellt war. Einen genauen Leistungsnachweis gab es nicht, die Rechnungen – bis zu 5500 Euro – wurden pauschal gestellt. Die monatlichen Bezüge wurden auch in Urlaubsmonaten voll gezahlt. Trotz dieser Belege bleiben die Verteidiger dabei, dass Frau Schmid nicht scheinselbstständig gewesen sei.

    War das Beschäftigungskonstrukt Absicht oder ein Versehen?

    Georg Schmid selbst sagt, er habe „kein Konstrukt gewählt“. Der Steuerberater habe es vorgeschlagen, und er habe es für korrekt gehalten. Es gibt jedoch etliche Stimmen, die von einem „Abkassiermodell“ sprechen. So hat in der Verwandtenaffäre des Landtags kein anderer Abgeordneter so ein Konstrukt verwendet. Die Ehefrau nicht als Mitarbeiterin zu beschäftigen, sondern Dienstleistungen auf Kosten des Steuerzahlers bei ihrer Firma einzukaufen, war sogar in der CSU als „inakzeptabel“ bezeichnet worden.

    Welche Strafe droht Georg Schmid?

    Der frühere CSU-Fraktionschef wird nicht ins Gefängnis müssen. Wahrscheinlich wird das Schöffengericht unter Vorsitz von Michael Nißl eine Bewährungsstrafe zwischen eineinhalb und zwei Jahren verhängen. Staatsanwalt Karl Pobuda fordert zwei Jahre zur Bewährung. Verteidiger Nikolaus Fackler verlangt Freispruch, scheint aber zu ahnen, dass daraus nichts wird. Für den Fall einer Verurteilung bittet er um höchstens elf Monate.

    Wie viel kostet den früheren Spitzenpolitiker die Affäre?

    Die Rentenversicherung will von Georg Schmid inklusive Zinsen 782 000 Euro zurück. 450 000 Euro hat Schmid kurz vor Prozessbeginn als Wiedergutmachung bezahlt. Dazu könnte mit dem Urteil noch eine Geldauflage von 150 000 Euro kommen, wie sie der Staatsanwalt gefordert hat. Aus der Lohnsteuerhinterziehung bliebe ein kleiner Betrag von rund 3000 Euro offen. Macht zusammen 935 000 Euro. Da sind aber noch nicht die Anwaltskosten enthalten, die nur Schmid und seine Verteidiger kennen. Auch die Prozesskosten müsste Georg Schmid im Fall einer Verurteilung tragen. Insgesamt könnte die Affäre den früheren CSU-Spitzenmann mehr als eine Million Euro kosten.

    Verliert Georg Schmid alle Pensionsansprüche?

    Nein. Georg Schmid hat Anspruch auf drei verschiedene Pensionen: Abgeordnetenpension, Staatssekretärspension und Beamtenpension. Für die Abgeordnetenpension spielt der Ausgang des Strafprozesses keine Rolle, betont das Landtagsamt seit Wochen, weil Schmid nicht wegen eines Verbrechens, sondern wegen eines Vergehens angeklagt ist. Ihm stehen damit 71,75 Prozent der aktuellen Abgeordnetendiät zu, das sind 5328,16 Euro. Schmids Verteidiger hat die Abgeordnetenpension selbst auf 4926 Euro taxiert. Der Unterschied rührt wohl daher, dass Schmid nach den Worten des Anwalts „geringfügige Einkünfte“ aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielt. Diese werden verrechnet. Nach Auskunft des Finanzministeriums sind die Bezüge aus der acht Jahre dauernden Tätigkeit als Staatssekretär ebenfalls nicht in Gefahr. Sie sollen bei etwa der Hälfte der Abgeordnetenpension liegen. Selbst die Beamtenpension aus der Zeit als Oberregierungsrat, die nach Angaben des Verteidigers bei derzeit 2908 Euro liegen, könnten Schmid bleiben – wenn er nicht zu zwei Jahren Bewährungsstrafe oder mehr verurteilt wird.

    Erhält Frau Schmid eine Rente?

    Ja. Georg Schmid hat zwar eingeräumt, seine Frau nicht sozialversichert zu haben. Sobald aber Beiträge nachbezahlt werden, wird daraus eine Rente berechnet, unabhängig vom Streit um die hohen Säumniszuschläge. Schmid hat kurz vor Prozessbeginn 450 000 Euro als „Wiedergutmachung“ bezahlt.

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