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Viehscheid: Was das abgeschiedene Leben in den Bergen ausmacht

Viehscheid

Was das abgeschiedene Leben in den Bergen ausmacht

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    Klaus Trenkle und sein Sohn, Kleinhirte Magnus, passen im Himmelreich auf der Bärenmoosalpe auf 106 Rinder auf.
    Klaus Trenkle und sein Sohn, Kleinhirte Magnus, passen im Himmelreich auf der Bärenmoosalpe auf 106 Rinder auf. Foto: Felix Futschik

    Klaus Trenkle, blaues T-Shirt, kurzes graues Haar, sitzt auf einer Bierbank vor der Bärenmoosalpe zwischen dem Vils- und dem Achtal bei Pfronten. „Im Himmelreich 1“, so lautet die Adresse, bricht ein schöner Sommertag an. Die Sicht auf das herrliche Bergpanorama mit Einstein und Aggenstein ist frei. „Der Kontrast macht es aus“, sagt Trenkle. Der 46-Jährige meint damit die beiden Welten, zwischen denen er pendelt. Im Herbst und im Winter ist er Maschinenschlosser in einer Werkstatt in Pfronten.

    Wenn der Frühling kommt, bereitet er die Bärenmoosalpe auf die Sommermonate vor. Von Juni bis Mitte September kümmert er sich etwa um 70 Hektar Weidewiese und um 106 Rinder von acht Pfrontener Bauern. Trenkle ist Hirte in dritter Generation. „Es ist die Natur und das entschleunigte Leben, was mich anzieht,“ sagt Trenkle. Begleitet wird er von seiner Frau Tanja und ihren Kindern Magnus und Sofia. Außerhalb der Ferien müssen sie an den Werktagen gegen 6.15 Uhr zur Schule gefahren und wieder abgeholt werden. Seit neun Jahren verbringt die Familie den Sommer auf der Alpe.

    Viel hat sich auf der Alpe nicht verändert

    Das Leben als Hirte wurde Trenkle in die Wiege gelegt. Schon sein Großvater Theodor Trenkle hatte die Sommer auf der Bärenmoosalpe verbracht. Anschließend haben seine Eltern, Wolfgang und Hannelore Trenkle, die Hütte über 45 Jahre bewirtschaftet. „Ich bin damit aufgewachsen und habe das im Blut“, sagt Trenkle. Er war jung, als er das erste Mal alleine auf das Vieh aufgepasst hat. Mit 20 Jahren, die Ausbildung und den Wehrdienst hatte er gerade beendet, verbrachte er auf der Hütte Röfleuten seinen ersten Sommer als Hirte – 17 weitere sollten folgen, bevor er die Bärenmoos-alpe von seinem Vater übernahm. Für Trenkle war früh klar, er möchte Hirte werden und in die Fußstapfen seines Vaters treten.

    Ein älteres Paar kommt auf der Alpe an. „Möchtet ihr einen Enzian?“, scherzt Trenkle und nimmt die Bestellung auf: Käse- und Wurstplatte, Wasser und ein leichtes Weizen. Viel habe sich nicht verändert auf der Alpe, das Angebot sei noch so wie damals, sagt Tanja Trenkle. „Heute kommen viele, die früher als Kind auch schon da waren und bringen Freunde oder den festen Partner mit“, erklärt die 44-Jährige. Sie schätzen das Ursprüngliche. Es kämen mehr Fahrradfahrer vorbei – „wegen der E-Bikes“, sagt Trenkle.

    Auf der Alpe gibt es keine freien Tage

    Freie Tage gibt es nicht. In den Ferien geht es jeden Morgen um sieben Uhr los: Raus zu den Schumpen, wie das Jungrind im Allgäu genannt wird. Trenkle kontrolliert, ob alle da sind und sich kein Tier verletzt hat. „Ich erkenne sie am Klang der Schellen“, sagt Trenkle. „Das macht es leichter, sie zu finden, wenn sie mal ausgebüxt sind“, erklärt der 46-Jährige. Manche Hirten haben einen Hund, der bei der Suche hilft. „Dafür habe ich einen Kleinhirten“, sagt Trenkle stolz und zeigt auf seinen Sohn Magnus.

    Der 13-Jährige möchte später in die Fußstapfen des Vaters treten. „Hier oben ohne Fernseher und Internet zu sein, stört mich nicht“, sagt Magnus. Der Klang der Schellen sei das Schönste. Um einen Nachfolger muss sich Trenkle keine Sorgen machen.

    Die Familie freut sich darauf, im Herbst wieder im Tal zu sein

    Der Hirte kennt seine Rinder, weiß welches stur ist und welches nicht. „Das ist wie beim Menschen auch“, sagt er und fügt hinzu: „Der eine kann sich hundert Gesichter von Leuten merken, ich mir Kühe.“ Deshalb weiß er auch, wenn mit einem Vieh etwas nicht stimmt. Diese Saison ist ein Schumpen krank geworden, deshalb werden die Trenkles bei der diesjährigen Viehscheid – die ab diesem Samstag wieder im ganzen Allgäu stattfinden – kein Kranzrind ins Tal führen.

    „Die Tradition sagt, dass man die Kränze macht, wenn während des Sommers alles gut gelaufen ist“, erklärt Trenkle. Vielleicht klappt es nächsten Sommer wieder. Auch wenn die Familie die Abgeschiedenheit und die Idylle auf dem Berg schätzt, freuen sie sich erst mal darauf, im Herbst wieder im Tal zu sein.

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