
Digitalisierung an Schulen – der pure Wahnsinn?


Lehrkräfte sind immer stärker mit der technischen Wartung von Computern und Laptops belastet. Das gefällt keiner Fraktion im Landtag. Heftig umstritten aber ist, wie das Problem gelöst werden könnte.
Lehrerinnen und Lehrer sollen unterrichten und pädagogisch arbeiten, aber nicht auch noch dafür zuständig sein, Computer und Laptops in den Schulen technisch am Laufen zu halten. Darüber besteht im Landtag Einigkeit, zumindest im Grundsatz. Die Realität an den Schulen aber sieht vielerorts anders aus, weil lange darüber gestritten wurde, wer die Kosten für die IT-Systembetreuung tragen soll – der Freistaat oder die Kommunen. Nun gibt es zwar einen Gesetzentwurf der Staatsregierung, der vorsieht, sich die Kosten ab dem Jahr 2025 mit den Kommunen zu teilen. SPD und Grüne aber halten das für zu spät und für nicht ausreichend.
Digitalisierung an Schulen: SPD und Grüne üben scharfe Kritik an Staatsregierung
Neu entflammt ist der Streit um die Entlastung der Lehrkräfte durch den jüngsten Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes (ORH). Die Prüfer hatten 33 staatliche Realschulen unter die Lupe genommen und festgestellt, dass die IT-Systembetreuer unter den Lehrkräften fast 42 Prozent ihrer Zeit mit technischen statt mit pädagogischen Aufgaben beschäftigt sind. Außerdem hatten sie kritisiert, dass die Regelung des Kultusministeriums über die Betreuung der IT-Systeme aus dem Jahr 2000 stammt – also „aus der Kreidezeit“, wie es ein ORH-Prüfer am Donnerstag im Haushaltsausschuss des Landtags formulierte.
Für SPD und Grüne sind die Ergebnisse der ORH-Prüfung Anlass zu scharfer Kritik. „Was sich der Freistaat und das Kultusministerium hier leisten, ist purer Wahnsinn“, sagte der SPD-Abgeordnete Harald Güller in der Sitzung. Seine Kollegin Claudia Köhler (Grüne) warf der Staatsregierung vor, durch den Mangel bei der Digitalisierung den ohnehin schon bestehenden Lehrermangel noch zu verschärfen. Echte Entlastung der Lehrkräfte, davon sind beide überzeugt, könne es nur durch technisches Personal an den Schulen geben. „Zu einem zeitgemäßen Schulbetrieb“, so Köhler, „gehört die Wartung und Betreuung der IT-Systeme.“
Freie Wähler: „Digitalisierung ist Sachaufwand“
Der CSU-Abgeordnete Michael Hofmann räumte in der Debatte ein, dass das Thema „tatsächlich ärgerlich“ sei. Er beharrte allerdings darauf, dass die Kommunen als „Sachaufwandsträger“ für die IT-Ausstattung zuständig seien, was der ORH-Prüfer in der Sitzung auch bestätigte. Der Staat, so Hofmann, könne nicht alle Aufgaben übernehmen, die vor Ort nicht erledigt werden. Auch Gerald Pittner (Freie Wähler) forderte, die Zuständigkeit zu beachten, und sagte: „Digitalisierung ist Sachaufwand.“ Beide verwiesen darauf, dass man sich in langen Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden darauf verständigt habe, sich die Kosten künftig zu teilen.
SPD und Grüne wollen sich damit nicht zufriedengeben. Sie halten das Schulfinanzierungsgesetz für überholt. Man könne, so Köhler, den Sachaufwand „aus der Kreidezeit“, in denen die Kommunen für die Beschaffung von Tafeln und Kreide, Tischen und Stühlen zuständig waren, nicht mit dem digitalen Equipment vergleichen, das heute an den Schulen gebraucht werde und einer ständigen technischen Wartung bedarf. Es sei Aufgabe des Staats, dafür zu sorgen, und „keine Gnadenleistung“, sagte Güller.
Mehrheit im Ausschuss stellt sich hinter die Empfehlung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes
Mit ihrer Forderung, beim nächsten Bericht des Kultusministeriums in dieser Sache auch über eine entsprechende Änderung des Schulfinanzierungsgesetzes zu reden, konnten sich SPD und Grüne nicht durchsetzen. Das sei, wie es hieß, insbesondere am Widerstand der Freien Wähler gescheitert. Die Mehrheit im Ausschuss aber stellte sich hinter die Empfehlung des ORH. Darin wird die Staatsregierung ersucht, die Lehrkräfte von technischen Aufgaben zu entlasten und Ende dieses Jahres – also vor den nächsten Haushaltsberatungen – dem Ausschuss erneut Bericht zu erstatten.
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Es ist doch zum ... Es kann und darf nicht angehen, dass Lehrkräfte in Nebenfunktion fast die Hälfte ihrer Zeit mit solch einem Schnick-Schnack abgeben müssen. Mal ganz davon abgesehen, dass, wenn das System richtig aufgesetzt und konfiguriert ist, es eine Leichtigkeit ist, dieses aktuell und effizient zu betreiben. Nur, dafür bedarf es professioneller IT'ler. Nichts gegen Lehrkräfte, aber diese haben weder die Zeit noch die intensive Ausbildung von Fachleuten; müssen sie auch nicht, denn sie sind Lehrkräfte. Aber hier hakt es doch schon! Keine vernünftige und konfigurationsgerechte Ausbreitung des Systems, fehlende Ressourcen und fehlende technische Ausstattung usw. Es geht eben nicht ohne Fachleute, welche sich auch primär und uneingeschränkt um solche Systeme und deren Möglichkeiten und Erfordernisse kümmern. Nur, unsere politisch und fachlich Verantwortlichen scheinen dies immer noch nicht begriffen zu haben (wollen oder können es nicht).