Ob „Bayern feiert“ oder „Bayern eiert“ ist nach dieser Bundestagswahl noch offen – jedenfalls beim Politiker-Derblecken auf dem Münchner Nockherberg. Denn beim traditionellen Singspiel versucht die CSU diesmal mit einer großen Show den eigenen Wahlsieg und den künftigen Kanzler Friedrich Merz (David Zimmerschied) zu feiern – und auch noch den richtigen Koalitionspartner zu finden. Doch irgendwie will alles nicht so richtig klappen – inklusive des abstürzenden „f“ beim „feiert“-Schriftzug in der Show-Deko.
Das Ergebnis ist ein kreatives Chaos auf der Bühne – das wohl auch die Herausforderung für das Singspiel-Autoren-Duo Stefan Betz und Richard Oehmann in diesem Jahr widerspiegelt. Selbst während der Proben habe das Stück fast täglich umgeschrieben werden müssen, um mit der rasanten politischen Entwicklung Schritt zu halten, ist zu hören. Vieles ist derzeit eben Stückwerk in der deutschen Politik – und damit auch auf dem Nockherberg.
Also führen Michaela Kaniber (Judith Toth) und Dorothee Bär (zum ersten Mal gedoubelt von Eli Wasserscheid) als oberbayerisch-fränkisches Frauen-Power-Duo der CSU durch die wilde Bühnenshow. „Wir von der Christlich-Sozialen-Union arbeiten ja viel mit Illusionen“, erklärt Bär gleich zu Beginn.
Nockherberg 2025: „Magic Markus“ lässt im Elvis-Kostüm überflüssige Gesetze verschwinden
Also lässt „Magic Markus“ Söder (Thomas Unger) im Veitshöchheimer Elvis-Kostüm überflüssige Gesetze verschwinden. „Demut kommt von Mut“, erklärt er zudem gewohnt unbescheiden – und gibt den „Demü-Tiger“. Der Doppelgänger-Merz stichelt derweil gegen Söder: „Ich werde Kanzler und du postest dein Pausenbrot.“
Die abgewählten Ampel-Spitzen Olaf Scholz (Nikola Norgauer), Christian Lindner (Christian Pfeil) und Robert Habeck (Thomas Limpinsel) beklagen zum Abschied auch vom Nockherberg ihr Schicksal. Alice Weidel (Alida Will) lässt sich dort als apokalyptischer Steckenpferd-Reiter selbst mit Zuckerstückchen von Friedrich Merz nicht zähmen. Und Saskia Esken (Natalie Hünig) gibt in spaßbefreiter Bräsigkeit („Hallöle“) das „Showgirl der SPD für Frohsinn“.
„Könnt’s am Ende stimmen, dass alle schwimmen, egal welche Partei?“, heißt es schließlich treffend im Abschlusslied. Doch die Lösung naht – in Form einer riesigen Geldkanone: „Wenn wir schon schwimmen müssen, warum nicht im Geld?“, fragt der Doppelgänger-Merz keck. Doch wofür die ganze geliehene Kohle? Egal, findet „Magic Söder“: „Wir fluten den Pool der Möglichkeiten mit einer Billion.“
Fastenprediger Schafroth: „Politik ohne Umweg übers Hirn direkt ins Bauchgefühl“
„Politik ohne Umweg übers Hirn direkt ins Bauchgefühl“ hatte Maxi Schafroth bereits zuvor als bissiger Fastenprediger der im Paulaner-Festsaal versammelten Politprominenz vorgehalten. Im Gegensatz zum bundespolitisch geprägten Singspiel las Schafroth jedoch vor allem der bayerischen Staatselite die Leviten. Söders Ministerriege etwa erinnere ihn an seine Zeit als Messdiener, stänkerte er: „Aufgabenstellung: Am Rande stehen und auf Kommando den Chef beweihräuchern.“
CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek gebe als Taktik gegen die eigene Machtlosigkeit „den Anschmiegsamen“, der „den Söder-Stamm neckisch wie ein Efeu umrankt“. Vor allem aber Söder selbst bekam von Schafroth mächtig sein Fett weg: „Bei dir hätte der Wahlslogan ‚Sie kennen mich‘ a ganz andere Wirkung“, hielt er dem CSU-Chef mit Blick auf dessen „180-Grad-Wende bei der Schuldenbremse“ vor: „Nach dem Motto, wer glaubt, dass er kriegt, was ich versprochen hab’, ist selber schuld.“
Und weil Söder zudem „widerwillig Macht nach Berlin abgeben“ musste, lebe er wie einst Ludwig II. „diesen Schmerz des gedemütigten Monarchen nach, so intensiv, dass ihm über Nacht sogar der passende Bart dazu wächst“. Doch Schafroth, seit 2019 Fastenprediger hier, haderte auch mit den aktuellen Weltumständen: „Während auf dem ganzen Globus wahnsinnige Kettensägenmänner alles umhauen, soll ich mich mit euch befassen?“, stöhnte er: „Das ist, als würde man auf der sinkenden Titanic noch ein Fahrgastrechteformular ausfüllen.“
Ein „laktoseintoleranter Allgäuer“, der das Rad der Zeit zu schnell gedreht hat?
„Haben wir das Rad der Zeit zu schnell gedreht?“, fragte er gar selbstkritisch – was schon damit beginne, dass nicht ein „gwamperter Mönch mit altbairischem Dialekt“, sondern ein „laktoseintoleranter Allgäuer, der keine 60 Kilo auf die Waage bringt“ am Nockherberg die Fastenpredigt halte. „Noch nie“ habe er allerdings wie zuletzt bei den Grünen „eine Kombination aus so viel gutem Vorsatz und himmelschreiende Unfähigkeit bei der Umsetzung gesehen“.
„Es ist nicht so einfach, immer den rechten Ton zu treffen“, ermahnte er die versammelte Politprominenz schließlich nachdenklich zum Abschluss seiner Predigt: „Aber ihn gar nicht zu suchen, das kann ich nicht durchgehen lassen.“

Schafroth mag ja ein ganz passabler Kabarettist, aber als Fastenprediger führt er die Liste von hinten an. Es war auch an der Reaktion des Publikums, nämlich fast gar keine, zu sehen (und zu hören), daß er den Tiefpunkt, den er seit einigen Jahren schon einleitete, erreicht hat. Man sollte mal über eine Auswechslung nachdenken.
Vielleicht haben Sie den Sinn einer Fastenpredigt nicht verstanden. Das ist eben gerade keine Bierzeltrede, sondern sollte zum Nachdenken anregen. Das hat Schafroth zumindest versucht. Bei Söder wird's allerdings kaum was helfen...
Na ja - ich kenne alle Fastenprediger und die meisten Predigten seit Walter Sedlmayr und glaube beurteile zu können was nockherbergfähig ist.
"was nockherbergfähig ist. " Die korrekte Formulierung sollte heißen "was ich für nockerbergfähig halte." Ich glaube, es gibt tatsächlich Leute, die ihre Auswahl sehr gut begründen können.
Schafroth hat mit seiner urigen und hemdsärmeligen Allgäuer Art die Politiker mit dem nassen Handtuch abgewatscht. Da ist einigen Politikern das Lachen vergangen und er wird sich mit seinem Tun in die Liste der Fasten-Prediger*innen einreihen, das nächste mal nicht mehr dabei zu sein. Das Singspiel reflektierte mit dem Finale die Situation: Mit Geld tut Scheiße nur noch halb so weh, auch, wenn alles kollabiert. Mai oh mei.
Mir liegt der scharfsinnige Humor Schafroths sehr. Seine Predigt war brillant. Söders Hetze in den vergangenen Jahren war unterstes Niveau und jenseits der Schmerz- und Schamgrenze. Dass auch einmal gegen ihn ausgeteilt wird, sollte er aushalten können. In der CSU wird es als Majestätsbeleidigung gesehen. Verspottet werden dürfen nur die anderen.
Das man in dieser Runde Alice Weidel nicht eingeladen hatte ist nachvollziehbar. Aber dass die Schauspielerin Alida Will, die als Alice das Steckenpferd gut geritten hat, zum Abschluss nicht mit dem Team auf der Bühne durfte ist schon unfair. Bei jedem Volkstheater darf auch der gespielte Bösewicht sich am Ende seinen Applaus einsammeln.
Wenn Sie genau hinschauen, Frau Will war zum Schluss bei der Verbeugung der Schauspieler dabei.
Irgendwie ist bei Schafroth die Luft raus. Schon die ganze Show vor der Fastenrede - eine Selbstinszenierung, weit weg vom traditionellen Nockherberg. Okay, die Fastenrede war insgesamt in Ordnung - aber der Funke ist nicht groß übergesprungen. Wenigstens hat Schafroth diesmal - im Gegesatz zum letzten Jahr - nicht ständig selbst über seine eigenen Witze gelacht, wenn der Saal still blieb. Wie in der Politik der Regierungswechsel, so habe ich den Eindruck, dass es auch auf dem Nockherberg Zeit für einen Wechsel des Fastenpredigers wird. Einzig wirklicher Höhepunkt war wieder das Singspiel. Hierzu habe ich nur die kleine Kritik, wie auch Herr Axmann, es hätte am Schluss auch die Schauspielerin zum großen Finale auf die Bühne gehört, die Alice Weidel dargestellt hat. Ja, das war so, als würde man bei einer Kriminalkommödie am Schluss den Mörder nicht zum Finale auf die Bühne lassen.
Schafroth wird bei der Fastenpredigt von Jahr zu Jahr schlechter. Warum er nun auch noch ein eigenes Singspiel aufführen muss, erschließt sich mir überhaupt nicht. Die Stille im Saal und die vereinzelten Buh-Rufe und der Applaus als er sagt "ich komme zum Ende" sind für mich deutliche Zeichen dafür, dass seine Zeit abgelaufen ist. Ich bin wahrlich kein Fan der CSU, an kann gerne kräftig austeilen, aber dem Schafroth geht die notwendige Sprachgewandheit ab und eine gewisse Lässigkeit fehlt auch. Er wirkt verbissen und getrieben. Das ist einer solchen Veranstaltung nicht würdig. Man kann Politiker "derblecken" ohne sie zu beleidigen oder zu verunglimpfen. Andere können das besser. Zeit für einen Wechsel.
Die Stille im Saal hat nur gezeigt, dass Schafroth den wunden Punkt der ganzen sauberen Gesellschaft getroffen hat. Oder besser die wunden Punkte. Wer sich beleidigt fühlt, wenn man die Schwachpunkte anspricht, sollte nicht zum Nockherberg gehen – das ist schließlich keine Wahlveranstaltung.
Am Nockherberg bleibt wie in der Politik diesmal vieles Stückwerk ------------------- Warum geht aus dem Artikel nicht hervor. Der ist eigentlich nur eine Zusammenfasung des gesehenen. Eine Begruendung fuer diesen Titel erschliesst sich mir nicht.
Den Ruf nach einem Wechsel kann ich kaum nachvollziehen. Ob das eine gute Idee waere, weiss man erst, wenn ein Nachfolger seine Rede abgeliefert hat. Ziemlich daneben fand ich den Austausch von Michael Lerchenberg mit der Begruendung, die nur maessig verstaendlich war. Eine wesentliche Rolle hat wohl die Ueberreichung des Schloetterer-Buches gespielt. Mit dem hat die CSU sich nie auseinandergesetzt, waere da doch der Urvater Strauss kaum noch zu halten.
Der Humor ist in Bayern mittlerweile verloren gegangen, deshalb sollte OTTO die nächste Fastenpredigt halten und, wenn das nicht ankommt, wäre eine Strack-Zimmermann noch eine Ersatz-Geheimwaffe.
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