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Foto: Maurizio Gambarini, picture alliance/dpa
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Hausarzt Dr. Jakob Berger rät bei Fieber zur Bettruhe. Und er empfiehlt gerade Menschen über 60 zur Grippeschutzimpfung.

Lesetipp
25.10.2022

Neben Corona droht auch die Grippe-Welle: Das sollten Sie zur Impfung wissen

Von Daniela Hungbaur

Plus Die Hausarztpraxen füllen sich mit Corona- aber auch Influenza-Fällen. Der Aufruf zur Doppelimpfung wird lauter. Warum auch Kinder gegen Grippe geschützt werden sollten.

Halsschmerzen, Husten, Schnupfen, ein Gefühl der Abgeschlagenheit und nicht selten auch noch Fieber – Erkältungen und Covid-Infektionen nehmen zu. „Unsere Hausarztpraxen sind ziemlich voll“, sagt der Sprecher der schwäbischen Hausärzte, Dr. Jakob Berger, und ergänzt: „Auch wenn die Corona-Inzidenz in Bayern zuletzt leicht gesunken ist, kommen zu uns immer mehr Menschen mit Covid, aber auch immer mehr mit schweren Erkältungen.“ Und dann steht auch noch die Influenza-Saison an. Eine Doppelwelle mit Corona und Grippe ist Bergers Einschätzung nach nicht auszuschließen. Daher rufen nicht nur Ärzte, sondern auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek zur Doppelimpfung auf.

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Foto: Deutsche Presse-agentur Gmbh / Tobias Hase / Tobias Hase
Foto: Deutsche Presse-agentur Gmbh / Tobias Hase / Tobias Hase

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) geht mit gutem Beispiel voran und ließ sich bereits gegen Grippe impfen.

„Das Robert Koch-Institut erwartet einen weiteren Anstieg der akuten Atemwegserkrankungen im Vergleich zu den Vorjahren“, sagt CSU-Politiker Holetschek. „Deshalb ist sowohl die Grippe- als auch die Covid-19-Schutzimpfung sehr wichtig.“ Wie stark die kommende Grippewelle ausfallen werde, sei zwar noch offen. „Experten rechnen aber aufgrund des Wegfallens von Hygienemaßnahmen mit einer höheren Zirkulation von Krankheitserregern wie der Influenza gegenüber den beiden vergangenen Saisons.“

Bayern ist auf die neue Grippewelle gut vorbereitet, sagt Holetschek

Doch wie sieht es in diesem Jahr mit der Versorgung von Grippeimpfstoff aus? „Bayern hat sich auch auf die neue Grippewelle gut vorbereitet“, erklärt Holetschek auf Nachfrage unserer Redaktion und ergänzt: "So haben wir zusätzlich für die Grippesaison 2022/2023 100.000 Hochdosis-Influenzaimpfstoffe als Reserve beschafft." Auch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) habe sich auf eine erhöhte Nachfrage nach Grippe-Impfungen vorbereitet. Laut Mitteilung des PEI seien bis 16. Oktober bereits rund 26,2 Millionen Impfstoffdosen im Rahmen der staatlichen Chargenfreigabe freigegeben worden.

Doch gibt es überhaupt genügend Möglichkeiten, sich impfen zu lassen? "Zur Corona-Impfung kann ich sagen, dass wir die bayerische Impfstrategie immer an die jeweiligen pandemischen Bedarfe wie Infektionslage, Impfnachfrage und Impfstoffverfügbarkeit angepasst haben", betont Holetschek und fügt an: "Das machen wir auch weiterhin und tauschen uns hierzu regelmäßig im Lenkungsausschuss Impfen mit Vertretern der Ärzteschaft, der Apothekerschaft sowie der kommunalen Spitzenverbände über das weitere Vorgehen aus."

Grippe und Corona könnten zur Belastung werden

Auch der Landesvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier, sieht bei den Impfterminen kein Problem. Auf unsere Nachfrage erklärte er: "Wir impfen unsere Patientinnen und Patienten wie gewohnt sowohl gegen die Grippe als auch gegen Covid-19." Und wie sehr fürchtet Beier eine Doppelwelle? "Das ist schwer zu sagen", erklärt er, fügt aber an: "Da die Grippewellen in den vergangenen Jahren aufgrund der Maßnahmen schwächer ausgefallen sind und weniger Menschen dadurch eine Immunantwort entwickelt haben, könnte es sein, dass sich mehr Menschen mit Influenza-Erregern infizieren, während es gleichzeitig zu vielen Infektionen mit dem Coronavirus kommt. Beides zusammen könnte die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und die Krankenhäuser erneut stark belasten."

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Daher hebt Hausarzt Berger, der in Wemding im Landkreis Donau-Ries praktiziert, auch hervor, dass Menschen gerade mit schweren Erkältungssymptomen wie Fieber ins Bett gehören und sich keinesfalls krank in die Arbeit schleppen sollten. „Fieber ist etwas Gutes und sollte nicht mit Medikamenten so schnell wie möglich herunter gedrückt werden“, erklärt er. „Der Körper braucht die hohe Temperatur, um die Viren zu bekämpfen, er braucht aber vor allem auch Ruhe.“

Ab 60 auch an die Pneumokokken-Impfung denken

Eine echte Grippe, so Berger, zeige sich oft daran, dass man sehr plötzlich hohes Fieber und starke Kopf- und Gliederschmerzen bekommt. Gerade allen Menschen über 60 empfiehlt er sowohl eine vierte Impfung gegen das Coronavirus als auch eine Grippeschutzimpfung. „Nicht zu vergessen ist ab 60 auch eine Impfung gegen Pneumokokken“, ergänzt er, also gegen Erreger schwerer Lungenentzündungen. „Die Pneumokokken-Impfung sollte alle sechs Jahre aufgefrischt werden.“

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Foto: Wolfgang Widemann
Foto: Wolfgang Widemann

Hausarzt Dr. Jakob Berger empfiehlt allen Menschen über 60 eine Grippeschutzimpfung und eine vierte Impfung gegen Covid.

Aus rein wissenschaftlicher Sicht sei es möglich, sich den Booster gegen Covid und eine Grippeschutzimpfung gleichzeitig geben zu lassen. „Ich bin aber eher für zwei getrennte Termine“, sagt Berger. Er bittet aber vor dem aktuell starken Infektionsgeschehen, dass sowohl Impfwillige als auch gerade Menschen mit Erkältungssymptomen nicht einfach in die nächste Arztpraxis marschieren, sondern dort vorher anrufen. Erkälteten Menschen rät er überdies dringend, selbst einen Covid-Schnelltest vor dem Arztbesuch zu machen. Um die Ansteckungsgefahr zu senken, haben laut Berger die meisten Hausarztpraxen spezielle Infektionssprechstunden für Covid-Patienten.

Bei Apotheken sich zuerst informieren

Und nicht nur beim Hausarzt können sich Impfwillige gegen Covid und Grippe impfen lassen. Auch Apotheken ist es nun erlaubt, zusätzlich zur Covid-Impfung eine Grippeschutzimpfung anzubieten. Es seien allerdings noch ein paar Bürokratiefragen zu klären, sagt Thomas Metz, Pressesprecher des Bayerischen Apothekerverbandes, auf Anfrage unserer Redaktion. Daher kann er noch nicht bestätigen, dass alle Apotheken im Freistaat bereits impfen. Er empfiehlt entweder bei der Apotheke, bei der man sich impfen lassen möchte, anzurufen und nach einem Termin zu fragen. Oder im Internet unter www.mein-apothekenmanager.de nachzuschauen, welche Apotheke welche Leistungen anbietet, und dann anzurufen. „Einen Termin zu vereinbaren, ist in jedem Fall wichtig, da auch in den Apotheken aktuell große Personalnöte herrschen und Impftermine so besser organisiert werden können.“

Dass die Ständige Impfkommission (Stiko) nur Menschen über 60 Jahren sowie Personen mit Vorerkrankungen und vielen sozialen Kontakten die Grippeimpfung empfiehlt, und nicht einfach allen, „also auch allen Kindern ab sechs Monaten“, versteht Dr. Christian Voigt nicht. Geht es nach dem Obmann der Kinderärztinnen und Kinderärzte in Augsburg und Nordschwaben, müsste die klare Devise heißen: „Leute, lasst euch gegen Grippe impfen. Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto besser. Besser für die Gesundheit jedes Einzelnen, besser aber auch für das ohnehin angespannte Gesundheitssystem.“

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Foto: Marcus Merk
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Dr. Christian Voigt appelliert an alle, sich gegen Grippe impfen zu lassen - auch Kinder profitieren seiner Einschätzung nach von dieser Impfung.

Doch selbst Eltern von chronisch kranken Kindern, erzählt der Arzt, würden die Impfung oft vergessen oder wollten sie nicht, da sie fürchten, ihr Kind würde durch die Impfung zusätzlich belastet werden. „Dabei hat die Grippeimpfung auch bei Kindern eine Immunstimulanz“, betont Voigt. Und die ist offenbar bitter nötig, beobachtet doch der Mediziner in seiner Praxis in Stadtbergen im Landkreis Augsburg, „dass immer mehr schwer kranke Kinder kommen, die keine Vorerkrankung haben“.

Ob es sich dabei auch um mehr Covid-Fälle handelt, könne nicht gesagt werden, da allgemein weniger Abstriche gemacht werden. Fest steht, so Voigt: „Es erkranken immer mehr Kinder an schweren viralen, fieberhaften Infekten, deren Verläufe teils sehr heftig sind.“

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