Supermarkt ohne Kassen: So fühlt sich Einkaufen mit über 400 Kameras an
Rewe eröffnete seinen ersten Supermarkt ohne Kassen, aber voll mit Technik, Sensoren und Kameras. Wie das Einkaufen ablief und ob der Bon stimmte – ein Selbstversuch.
Die Technik wird immer raffinierter und erleichtert uns Menschen den Alltag. Auch der Einzelhandel setzt darauf. Vor ein paar Jahren, als die ersten Selbstbedienungskassen in die Supermärkte einzogen, fühlte ich mich beim Scannen der Artikel wieder in die Kindheit und zu meinem geliebten Kaufladen zurückversetzt. Schneller ist mein Einkauf durch diese Neuerung allerdings nicht geworden, denn Anstehen muss man meistens trotzdem. Das hat sich nun geändert.
Rewe hat im Dezember 2022 den ersten autonomen "Pick&Go"-Supermarkt eröffnet – ohne Kassen. Dafür vollgepackt mit Technik, die erkennen soll, was alles in der Einkaufstasche gelandet ist. Sobald alles eingetütet ist, verlässt man einfach den Laden. Kann das funktionieren oder sind am Schluss mehr Artikel auf dem Kassenbon, als gekauft wurden? Ein Selbstversuch, der aufzeigt, wie die Zukunft des Einkaufens aussehen kann.
Über 400 Kameras beobachten die Kunden im Supermarkt ohne Kasse
Karlstraße 36 in München. Am Eingang erklären mir zwei Mitarbeiter, wie das neue System funktioniert. Bevor man überhaupt dort einkaufen kann, muss man sich eine App herunterladen und 18 Jahre alt sein, denn es gibt Alkohol. Sind die persönlichen Daten und eine elektronische Zahlungsart angegeben, wird das Alter von einem Mitarbeiter überprüft. Fertig. Ich halte mein Handy an den Scanner, die Türen öffnen sich und ich trete ein in ein Einkaufserlebnis, das ich so noch nie hatte.
An der Decke hängen über 400 schwarze Kameras, die jeweils die Form einer CD haben. Gleich am Anfang registrieren sie die Skelettmerkmale einer Person, wie Schulterbreite und Armlänge, teilen ihr eine Nummer zu und können so die Kundinnen und Kunden voneinander unterscheiden, erklärt Jonas Schächter, Innovationsmanager bei Rewe und einer der Projektleiter für Pick&Go.
Von da an verfolgen die Kameras jeden Kunden permanent durch den Laden. Wenn ein Kunde nach einem Produkt greift, erkennt das die Kamera. Zusammen mit Gewichtssensoren, die im gesamten Markt unter den Regalböden verbaut sind, entscheidet das System, was und wie viel genau aus dem Regal genommen wurde. Aber was ist, wenn ich die Wasserflasche, die ich doch nicht möchte, ins falsche Regal zum Reis oder den Äpfeln stelle? "Kein Problem, das System erkennt das Produkt und zieht es wieder vom virtuellen Warenkorb ab. Nur wenn man etwas auf den Boden stellt, funktioniert das nicht, dann wird die Ware verrechnet", sagt Andreas Wegner, Pressesprecher E-Commerce bei Rewe.
Artikel können im Rewe "Pick&Go" in München direkt in die eigene Tasche gepackt werden
Ich ziehe los. In diesem Rewe gibt es keinen Einkaufswagen, entweder man nimmt eine Papiertüte oder steckt gleich alles in den eigenen Rucksack. In der Obst- und Gemüseabteilung müssen manche Sorten noch gewogen werden. Das System erkennt das und fügt die Artikel dem virtuellen Warenkorb hinzu.
Ich halte bei den Kühlregalen und nehme mir eine Milch heraus. Ich will es dem System aber nicht so einfach machen – mein Ehrgeiz ist geweckt. Ich greife zur Butter, stelle dafür die Milch wieder rein. Dann drehe ich noch mal eine Runde zum Obst, nur um dann auch die Butter wieder an ihren Platz zurückzulegen und mir ein Joghurt einzupacken. Nein, doch nicht – Joghurt raus, Milch wieder rein. Gleiches Spiel bei den Säften. Konnte ich die Kameras und Sensoren verwirren? Ich bin gespannt.
Was mir schon von Anfang an auffällt: Ich habe – zumindest in Deutschland – noch nie so einen ordentlichen und akkurat eingeräumten Supermarkt gesehen. Alles steht auf Kante, es gibt kein Produkt, das so stark vergriffen ist, dass ich weiter hinten ins Regal greifen muss. Rewe-Sprecher Wegner erklärt, dass das vor allem daran liege, dass das Personal durch die fehlenden Kassen mehr Zeit für das Einräumen der Ware und die Beratung der Kunden habe. Personal falle also nicht weg, denn es kommen auch andere Arbeitsschritte wie die Überprüfung des Alters der Kunden dazu.
Die Aufsichtsbehörde kann den Datenschutz noch nicht beurteilen
Rewe ist nicht der erste Einzelhändler, der mit autonomen Supermärkten experimentiert. In den USA hat bereits Amazon diese Art des Einkaufens für sich entdeckt. Und auch der Discounter Aldi probierte sich in Großbritannien damit aus.
Aber was passiert eigentlich mit all den Informationen, die während es Einkaufs über mich gespeichert wurden? "Daten wie Skelettmerkmale werden kurz nach dem Verlassen wieder gelöscht", sagt Schächter. Es werden keine biometrischen Daten gespeichert, sodass eine Identifizierung beim nächsten Einkauf nicht möglich sei.
Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen kann derzeit noch keine Einschätzung dazu abgeben, ob das alles datenschutzkonform ist. "Schwerpunkte unserer derzeitigen Prüfungen sind etwa, ob die personenbezogenen Daten Betroffener im Supermarkt ausreichend geschützt werden sowie die rechtliche Beurteilung einer möglichen Cloud-Nutzung", sagt Sprecher Nils Schröder.
Wenn ein Produkt zu viel verrechnet wurde, kann es reklamiert werden
Ich bin fertig mit meinem Einkauf und auch mit Ideen, wie ich das System noch austricksen könnte. Am Ende des Marktes, wo sonst die Kassen auf die Kunden warten, steht ein Display mit der Aufforderung "Wirklich, du kannst einfach rausgehen". Ich zögere kurz, passiere aber. Mich beschleicht ein komisches Gefühl. Ich komme mir vor wie eine Ladendiebin, obwohl ich mir keiner Schuld bewusst sein sollte. Ich verharre vor dem Ausgang, schaue mich ungläubig um und sehe, dass es einigen anderen Personen genauso geht. An diese Art des Einkaufens muss man sich erst einmal gewöhnen.
Nach etwa zwei Minuten erscheint der virtuelle Kassenzettel in der App. Jetzt wird es spannend. Konnte ich das System überlisten? Ganz klar: Nein. Es stimmt alles. Ich bin erstaunt nach dem vielen Ein- und Auspacken. Falsche Buchungen kommen seltener vor als erwartet, sagt Jonas Schächter. Und falls doch, kann man die Produkte reklamieren: "Das geht auch von daheim aus. Damit aber vorsätzlich nicht immer wieder der ganze Großeinkauf rückgängig gemacht wird, gibt es Sicherheitsmechanismen." Dass Kunden die einfache Reklamation ausnutzen, sehe Rewe bislang nicht.
Ist das die Zukunft des Einkaufens? Da will Rewe-Sprecher Wegner noch keine Prognose abgeben, das sei zu früh. Jetzt müsse eine gewisse Zeit getestet werden, dann sehe man weiter.
Die Diskussion ist geschlossen.
Zweck ist immer die Kostenersparnis durch Freisetzung von Personal. Sonst würden die Unternehmen nicht die Investition wagen. So etwas ist abzulehnen, wenn nicht anderweitig die Menschen beschäftigt, ggf. umgeschult werden. Wieviele Millionen sollen den noch von sozialen Leistungen leben? Wer soll das alles bezahlen? Ich mache einen Bogen um derartige Einrichtungen.
Nein. Überlegen Sie mal - Investitionen haben auch oft einen Personalzuwachs zur Folge.
Ob dieser Umfang der Automatisierung bei einem Supermarkt bereits heute erforderlich ist, darüber lässt sich streiten. In anderen Branchen hilft die Automatisierung die Wertschöpfung überhaupt in unserem Land zu halten (oder sogar wieder zurückzuholen). Stellen Sie sich vor, wieviele Autos in Deutschland noch gebaut würden, wenn diese vollständig per Hand gefertigt würden (geschweige denn wieviele sich diese noch leisten könnten). So hart das klingt, aber einfacher automatisierbare Jobs (und dazu zählt wohl auch die Tätigkeit an der Supermarktkasse oder beim Regale einräumen) werden über kurz oder lang wegfallen - ob wir das wollen oder nicht. Oder trauern Sie dem nicht mehr vorhandenen Tankhelfer an der Zapfsäule hinterher? Die Lösung ist eher, sich dem geänderten Arbeitsumfeld anzupassen.
Bin mal gespannt wenn das Konzept in Neukölln ausprobiert wird! ;-)
Was passiert wenn zu viele Artikel abgerechnet wurden? Wie und wo kann man ohne großen Aufwand reklamieren? Wie erfolgt die Rückzahlung?
.
Und wie wird die doch wohl aufwendige (oder sehe ich
das falsch?) Technik „finanziert“?
Wenn nicht mit entgegen allen Beteuerungen doch ein-
gespartem Personal, dann mit höheren Preisen (oder
beidem …. ) ……..
Denkfehler meinerseits ?
Da es sich hierbei vermutlich um Betriebsausgaben handelt die steuerlich den Gewinn reduzieren, werden diese Investitionen zum Teil vom Staat finanziert, zum anderen Teil durch die Kunden (falls diese Investition sich im Endpreis niederschlägt). Personal? Schwer zu sagen. Es kann sein, daß höher qualifiziertes Perfonal benötigt wird.
Sicherlich auch mit Daten. Selbst wenn sie nicht personenbezogen sein sollten, fallen Daten zum Einkaufsverhalten an (welches Produkt wird gewählt, welche Produkte zusammen, wo wird das Produkt genommen etc.)
@Peter B.
"Selbst wenn sie nicht personenbezogen sein sollten, fallen Daten zum Einkaufsverhalten an (welches Produkt wird gewählt, welche Produkte zusammen, wo wird das Produkt genommen etc.)"
Die Daten fallen beim Herkömmlichen Bezahlen an einer Kasse mit Kassierer ganz genauso an.
Nochmal mit einigen Klarstellungen.
Der unfreiwillige Bargeldlose Zahlungsverkehr wird über die Hintertür eingeführt. Arbeitsplätze fallen erst einmal weg und ob es dann wie oben oder unten geschrieben höherwertige in derselben Anzahl gibt steht noch in den Sternen.
Ohne App geht es dann nicht, die Daten, die man das Gold der Zukunft nennt, müssen abgegeben werden.
Diejenigen, die kein Smartphone haben, auch weil sie es bewusst nicht haben, sind die Gelackmeierten. Ob es dann noch eine Konkurrenz mit Kassen gibt ist fraglich. Vielleicht der Tante Emma Laden der sich die teure Technik mit hunderten Kameras (wahrscheinlich bedeutend weniger) nicht leisten kann.
Alle diejenigen, die sich jetzt noch freuen, dass die Scannerkassen für sie frei sind, werden sich bei einem Internetausfall grün
und blau ärgern. Aber das macht keinen Unterschied denn alle anderen die mit Bargeld bezahlen sind nicht besser dran.
Beispiele hat es in der jüngeren Vergangenheit einige gegeben. Technikhörigkeit ist nicht alles, manchmal hilft auch... Gehirn einschalten.
"Alle diejenigen, die sich jetzt noch freuen, dass die Scannerkassen für sie frei sind, werden sich bei einem Internetausfall grün
und blau ärgern."
Unsinn. Für die Scannerkassen beim Rewe am Kö oder in der Maxstraße brauch ich kein Internet, für die Handscanner in der Maxstraße auch nicht, das Smartphone kann zuhause bleiben.
"Gehirn einschalten."
Den Rat kann ich Ihnen ungebraucht zurückgeben, bei Ihnen ist er besser aufgehoben.
Lieber Herr Robert M.
woher wissen sie denn, ob man für die Scannerkassen kein Internet braucht?
Die werden ihrer Meinung nach sicher von Hand aktualisiert.
@Rainer N.
"Die werden ihrer Meinung nach sicher von Hand aktualisiert."
Die werden auf exakt dem gleichen Weg aktualisiert wie die Scanner, an denen noch ein Kassierer sitzt.
Der Bargeldlose Zahlungsverkehr wird über die Hintertür eingeführt. Arbeitsplätze fallen erst einmal weg und ob es dann wie oben oder unten geschrieben höherwertige gibt steht noch in den Sternen.
Ohne App geht es dann nicht, die Daten, die man das Gold der Zukunft nennt, müssen abgegeben werden.
Diejenigen, die kein Smartphone haben, auch weil sie es bewusst nicht haben, sind die Gelackmeierten. Ob es dann noch eine Konkurrenz mit Kassen gibt ist fraglich. Vielleicht der Tante Emma Laden der sich die teure Technik mit hunderten Kameras (wahrscheinlich bedeutend weniger) nicht leisten kann.
Alle diejenigen, die sich jetzt noch freuen, dass die Scannerkassen für sie frei sind, werden sich bei einem Internetausfall grün
und blau ärgern. Aber das macht keinen Unterschied denn alle anderen die mit Bargeld bezahlen sind nicht besser dran.
Beispiele hat es in der jüngeren Vergangenheit einige gegeben. Technikhörigkeit ist nicht alles, manchmal hilft auch... Gehirn einschalten.
(edit/mod/NUB 7.2)
Prima, das ist die Zukunft. Wer war noch nicht genervt vom aus- und wiedereinräumen des Wochenkaufs im Supermarkt. Wie bei jeder Form der Automatisierung dürften auch hier Arbeitsplätze nicht wegfallen, sondern i.d.R. in höherwertigere umgewandelt werden.
Und wer kein Smartphone hat ?
Der hat Pech gehabt.
....geht zur "Kassenkonkurrenz"!
Wenn dieses Projekt klappt, dann ist das sicherlich ein Marktmodell mit Zukunft.
Solche Läden werde ich bewusst boykottieren, weil klar ist, worauf es hinauslaufen wird.
Man möchte hohe Personalkosten auf Dauer einsparen.
Anders würde sich so ein intelligentes System nicht rentieren, das in der Anschaffung und Wartung mit Sicherheit teuer ist.
Aber wo fängt es an und wo hört es auf?
Wer soll denn die Produkte einkaufen, wenn alle auf der Straße sitzen, weil sie durch Computer ersetzt wurden?
Leider habe ich in diesem überschwänglich geschriebenen Beitrag keine einzige Zeile über die möglichen Folgen für das vorhandene Personal lesen können, sollte dieses Beispiel Schule machen.
Ehrlich gesagt sind mir die Scannerkassen bereits ein Dorn im Auge. Wenn es sich einrichten lässt, mache ich einen großen Bogen um sie und stelle mich lieber an.
In diesem Sinne
"Wenn es sich einrichten lässt, mache ich einen großen Bogen um sie und stelle mich lieber an."
Ja, bitte. Dann bleiben die Scannerkassen für mich frei. Praktisch ist es im Rewe in der Maximilianstraße mit den Handscannern. Ich kann die Artikel gleich beim Einlegen in den Einkaufskorb scannen und brauche an der Scannerkasse dann nur noch zu zahlen. Sehr praktisch.
Und nein, Kassierer ist jetzt nicht unbedingt eine erfüllende Tätigkeit.
Ob Üersonal eingespart wird, ist noch fraglich. Die Regale müssen aufgefüllt und kontrolliert werden und Hllfen für die Kunden müssen auch bereitstehen. Das sehr posotive daran ist, dass das Warten an den Kassen entfällt.Und wenn sie genau gelesen haben, soll das Personal nicht abgebaut werden, da es eben für andere Tätigkeiten benötigt wird, so derSprecher von REWE.
Sie können ja mal Personal fragen wie beliebt die Kasse ist, wenn dafür dann deutlich entspannter eingeräumt werden kann und auch wirklich Zeit fürs beraten möglich ist.