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Hochwasser-Katastrophe: Ausbleibende Fluthilfen: „Wir bleiben trotzdem auf den Kosten sitzen“

Hochwasser-Katastrophe

Ausbleibende Fluthilfen: „Wir bleiben trotzdem auf den Kosten sitzen“

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    Untergegangen in den Fluten: Die Hochwasserkatastrophe im Juni hat in Schwaben schwere Schäden verursacht.
    Untergegangen in den Fluten: Die Hochwasserkatastrophe im Juni hat in Schwaben schwere Schäden verursacht. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Als das Wasser zurückging und die Menschen in Babenhausen mit dem Aufräumen begannen, kamen die Politiker. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Innenminister Joachim Herrmann, Vizekanzler Robert Habeck. Als der Tross vor dem Eiscafé von Rino Bernardi Halt macht, sagt dieser in die TV-Kameras: „Wir haben schöne Worte gehört und jetzt brauchen wir Tatsachen.“ Dann kann der Gastronom seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Grünen-Politiker Habeck legt den Arm um den 72-Jährigen. Dann geht Söder auf den Eisdielenbesitzer zu, umarmt ihn und sagt: „Wir werden das schaffen. Wir lassen hier keinen allein.“

    Sieben Monate nach dem verheerenden Juni-Hochwasser sind in Schwaben längst nicht mehr alle überzeugt davon. Vielen Geschädigten hat der Freistaat zwar schnell geholfen. Bayernweit wurden nach Angaben des Finanzministeriums mehr als 14.000 Anträge auf Soforthilfe gestellt und 34,4 Millionen Euro ausbezahlt. Dennoch kämpfen Privathaushalte wie Kommunen nach wie vor mit den finanziellen Folgen der Katastrophe.

    Hochwasser-Visite am 2. Juni 2024 in Babenhausen: Ministerpräsident Markus Söder und Vizekanzler Robert Habeck im Gespräch mit Rino Bernardi (rechts daneben mit Brille), Inhaber einer Eisdiele in Babenhausen.
    Hochwasser-Visite am 2. Juni 2024 in Babenhausen: Ministerpräsident Markus Söder und Vizekanzler Robert Habeck im Gespräch mit Rino Bernardi (rechts daneben mit Brille), Inhaber einer Eisdiele in Babenhausen. Foto: Alexander Kaya

    In Babenhausen sagt Bürgermeister Otto Göppel: „Jeder Euro mehr würde uns helfen.“ Denn die Flut hat der Marktgemeinde im Unterallgäu mehr Baustellen beschert, als dem CSU-Politiker lieb sein kann. Der Kindergarten und das Feuerwehrhaus, die vom Hochwasser geflutet wurden, müssen saniert werden, der Bauhof brauchte eine neue Heizung, das Jugendzentrum eine neue Bleibe. „Das Wasser war in Babenhausen an Stellen gestanden, an denen es noch nie gestanden war“, sagt Göppel. Die Brücke über die Günz, deren Fundament massiv unterspült wurde, muss instandgesetzt werden. Auch die einzige Hausarztpraxis im Ort konnte angesichts massiver Schäden nicht mehr betrieben werden, das Gebäude war nur ein Jahr alt. Zum Glück konnten Patientinnen und Patienten kurzfristig in leeren Räumen des Kreisseniorenheims medizinisch versorgt werden, nun wird dort umgebaut, damit ein geregelter Praxisbetrieb möglich ist.

    Wie hoch die Schäden durch das Hochwasser in Babenhausen sind, kann Göppel noch nicht beziffern. Allein für die Generalsanierung des Kindergartens dürften 1,8 Millionen Euro fällig werden, was die Instandsetzung der Brücke kosten wird, ist unklar. Und das in Zeiten, in denen Geld in den Kommunen knapp ist, in denen Kreisumlagen steigen und Steuereinnahmen wegbrechen. „Es zwickt an allen Ecken und Enden“, sagt Göppel. Und die Fluthilfen? „Der Freistaat hat sich bemüht, wir bleiben aber trotzdem auf hohen Kosten sitzen.“ Vom Bund, der bislang keinen Cent überwiesen hat, ist der Bürgermeister maßlos enttäuscht. Göppel verweist auf den Besuch von Vizekanzler Habeck. „Wenn man schon hierher ins Hochwassergebiet kommt, erwarte ich mir, dass der Bund auch hilft.“

    Nach Angaben des Finanzministeriums hat die Hochwasserkatastrophe Schäden von mehr als 4,1 Milliarden Euro in Süddeutschland verursacht, davon waren etwa zwei Milliarden Euro versichert.

    Besonders schwer getroffen hat das Hochwasser den Landkreis Günzburg. Der Schaden an Bundes-, Kreis- und Staatsstraßen beläuft sich nach den Worten von Landrat Hans Reichhart (CSU) auf über sechs Millionen Euro. In Günzburg selbst sind die Grundschule auf der Bleiche und mehrere Kindertagesstätten dem Wasser zum Opfer gefallen, zwei Brücken und ein Steg wurden beschädigt, Straßen müssen saniert werden. Und das kostet. Den Schaden an öffentlichen Gebäuden und Infrastruktur beziffert Oberbürgermeister Gerhard Jauernig (SPD) auf 15 bis 18 Millionen Euro. Bei der Grundschule etwa, wo das Wasser zwei Meter hoch im Erdgeschoss und in der Turnhalle stand, belief sich die erste Kostenschätzung auf gut 2 Millionen Euro. Inzwischen geht die Stadt von 5,6 Millionen Euro für die Sanierung aus, etwa die Hälfte davon dürfte sich aus Zuschüssen decken lassen. Jauernig sagt: „Das Land hat versucht, in den ersten Tagen und Monaten unbürokratisch zu helfen. Aber wenn man genau hinschaut, bleiben die Kommunen auf den Kosten sitzen.“

    Wie Göppel ärgert sich Jauernig vor allem über den Bund: „Wir haben viele hochrangige Politiker in Gummistiefeln erlebt. Aber wir haben keinerlei finanzielle Unterstützung vom Bund bekommen.“ Dabei sei das Hochwasser für Günzburg eine „Jahrtausendkatastrophe“ gewesen. Der Oberbürgermeister hat einen deutlichen Brief an seinen Parteifreund Rolf Mützenich geschrieben. Die Antwort des SPD-Bundestagsfraktionschefs fällt ebenso deutlich aus. „Nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung sind grundsätzlich die Länder für Hilfen zum Ausgleich von Naturkatastrophen zuständig.“ Jauernig sagt: „Es hilft uns in Schwaben nicht weiter, wenn man in Berlin nur auf die Kompetenzverteilung pocht.“

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    3 Kommentare
    Maria Reichenauer

    Dann geht Söder auf den Eisdielenbesitzer zu, umarmt ihn und sagt: „Wir werden das schaffen. Wir lassen hier keinen allein.“ Genau das ist das Problem: Früher hat Söder Bäume umarmt, dann seine Klimaziele gekippt, dann hat er Hochwasser-Geschädigte umarmt und zur Entschädigung mit dem Finger nach Berlin gezeigt. Es ist nun einmal Tatsache, dass es in die Kompetenz des Landes fällt, für Hochwasserentschädigung zu sorgen. Eine ganz andere Frage: Wieviele Hochwasser kann sich DEUnoch leisten kann? Diese Katastrophe wird nicht die letzte in diesem Jahrzeht gewesen sein. Umso wichtiger wäre es, der Veränderung des Klimas mit aller Kraft entgegenzuwirken. Dazu müssten die Menschen raus aus ihrer KOmfortzone und sich selbst fragen, was jeder einzelne tun kann. Aber das meistgehörte Argument: Deutschland kann nicht die Welt retten. Fazit: Wenn jeder so denkt, wird natürlich nichts passieren.

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    Richard Merk

    Frau Reichenauer, Sie liegen wieder mal 100 % richtig. Das dämliche Geschwätz, dass Deutschland nicht die Welt retten kann wird bei AfD und leider auch immer öfter bei CSU Fans als saudumme Ausrede benutzt.

    Martin Kappelmaier

    Auf den Bund zu schimpfen ist ganz billiger Populismus der CSU und der Freien Wähler. In Bayern weiß man noch nicht einmal ansatzweise, wie hoch die Schäden durch das Hochwasser im Juni 2024 waren. In Schrobenhausen wurde nun im Dezember begonnen, die Anzahl der Geschädigten und die Höhe deren Schäden zu ermitteln. Man weiß bisher immer noch nicht, wieviele Häuser oder Wohnungen hier in welcher Form betroffen sind. Und ohne eine genaue Angabe der Schäden darf die Bundesregierung keine finanziellen Mittel für die betroffen Bürger freigeben. Gerade Bayern fordert immer, dass sich der Bund nicht in Ländersachen einmischen soll. Solange CSU und FW Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, ist es sinnlos über Geld vom Bund zu spekulieren 🤔🤔🤔 Hier der Bericht aus der Schrobenhausener Zeitung: Empfehlung aus DK News: Endlich Fakten: Schrobenhausener Bürgerinitiative startet Datenerhebung https://www.donaukurier.de/17673812

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